Justizdirektion ZürichNach IT-Flop kauft der Kanton eine neue Justiz-Software für 33 Millionen
Die Zürcher Justizdirektion hat sich für ein neues Datenverarbeitungssystem für den Justizvollzug entschieden. Das Vorgängerprojekt war gescheitert.
Die Geschichte sorgte im vergangenen Dezember für einigen Wirbel: Damals wurde bekannt, dass die Zürcher Justizdirektion von Jacqueline Fehr (SP) das Informatikprojekt «Juris X» beerdigen musste. Das zuständige Informatikunternehmen Abraxas aus St. Gallen hatte den Vertrag gekündigt, weil es verschiedene Meilensteine im Projekt nicht erreicht hatte, wie das Unternehmen einräumte.
Eigentlich sollte die neue Software das über 30 Jahre alte Datenverarbeitungssystem RIS für den Justizvollzug, mit dem unter anderem die Akten von Straftätern gemanagt werden, ersetzen.
Nach dem IT-Flop hagelte es im Kantonsrat Kritik von rechts bis links. Im März rügte auch die parlamentarische Geschäftsprüfungskommission die Regierung, sie habe auf Missstände bei der Beschaffung der neuen Justiz-Software nicht rechtzeitig reagiert.
Jacqueline Fehr wehrte sich: Der Regierungsrat habe alles richtig gemacht, das bisherige, in die Jahre gekommene System laufe weiterhin stabil. Zudem stellte Fehr nach dem Aus von «Juris X» und der Vertragsauflösung mit Abraxas einen Plan B in Aussicht.
Freihändige Vergabe
Dieser Plan B ist nun in Kraft getreten: Die Justizdirektion hat sich für eine neue Software für den Justizvollzug entschieden und den Auftrag freihändig an das Berner Softwareunternehmen Glaux Group vergeben. Ein Sprecher der Justizdirektion bestätigte am Freitag einen Bericht des Portals inside-it.ch.
Der Auftrag ist 32,7 Millionen Franken wert, wie aus dem Zuschlag auf der Ausschreibungsplattform Simap hervorgeht. Glaux liefert den Zürchern ihre Standardsoftware «Gina». Die Firma ist mindestens für die nächsten fünf und optional drei weitere Jahre für Lieferung, Realisierung, Einführung und Betrieb der Fachapplikation für die elektronische Fall- und Aktenführung im Justizvollzug zuständig.
Laut dem Sprecher der Justizdirektion soll die neue Software das bisherige Datenverarbeitungssystem RIS per Mitte 2026 ersetzen. Die freihändige Vergabe begründet er nicht zuletzt mit Zeitdruck. Die bisherige Lösung sei veraltet, zudem werde das «Führen der elektronischen Akten» per 1. Januar 2026 mit einer zweijährigen Übergangsfrist obligatorisch. Bei einem offenen Verfahren wäre die Einführung der neuen Lösung «im günstigsten Fall frühestens im dritten Quartal 2027» gelungen; im Fall eines selektiven Verfahrens noch später.
Doch wieso haben sich die Kosten von 14,8 Millionen Franken, die Abraxas 2018 für «Juris X» erhalten sollte, auf 32,7 Millionen Franken für «Gina» erhöht? Das aktuelle Budget reiche für acht Jahre statt wie im Fall von «Juris X» nur für fünf Jahre, heisst es dazu bei der Justizdirektion. Das relativiere den Anstieg der Kosten deutlich. Zudem seien seit 2018 weitere Anwendungen an die bestehende Applikation RIS angebunden worden, weshalb zu diesen Systemen nun zusätzliche Schnittstellen entwickelt werden müssten. Das erhöhe die Kosten.
Weiter betont der Sprecher, dass der Kanton durch die seinerzeitige Vergabe an Abraxas kein Geld verloren habe.
Beschwerden sind möglich
Interessant: Mit «Gina» kommt nun doch noch jene Softwarelösung zum Zug, die bei der Ausschreibung zuerst unterlegen war, wie inside-it.ch schreibt. 2018 hatte diese gegenüber jener von Abraxas noch den Kürzeren gezogen.
Betrieben wird die neue Software – sofern in den nächsten 20 Tagen keine Beschwerde gegen den Zuschlag eingeht – von Glaux in einem Rechenzentrum von Swisscom.
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