Digitalisierung im SozialwesenZürich hält an teurer Software fest – trotz massiven Problemen in Bern
In Bern sorgt die neue Sozialhilfe-Software Citysoftnet für Chaos und Kündigungen. Das Zürcher Sozialdepartement sieht indes keinen Grund, die Software nicht einzuführen.
Sie hätte neue Standards setzen sollen im Sozialwesen: die Fallführungssoftware Citysoftnet, welche die Städte Bern, Basel und Zürich in den vergangenen Jahren gemeinsam entwickelt haben. Einfachere Zahlungsabläufe, papierlose Prozesse und besserer Datenschutz lauteten die Ziele. Doch die neue Sozialhilfe-Software bereitet der Stadt Bern seit der Einführung im vergangenen Jahr grössere Probleme.
So klappten fundamentale Prozesse wie Zahlungen oder Datenerfassungen teilweise nicht mehr (Lesen Sie hier: Kündigungen, Burnouts, Kostenexplosion – die Citysoftnet-Story). Die Probleme mit der Einführung der Software führten zu Mehrkosten, Absenzen wegen Burn-outs und zu einer massiven Personalfluktuation. Auf den Ämtern stapelten sich die Mahnungen, Klienten erhalten Kündigungsandrohungen für ihre Wohnungen und Versicherungen, Mitarbeitende kehrten der Verwaltung entnervt den Rücken.
Gemeinsames Projekt von Zürich, Bern und Basel
Die Berner Stadtregierung weist den Vorwurf einer verfrühten Einführung von Citysoftnet zurück. «Die Software konnte eingeführt werden und funktioniert grundsätzlich», heisst es in einer Stellungnahme. Es gebe aber immer noch ungelöste technische Probleme und Optimierungsbedarf. Für das IT-Projekt hat die Stadt Bern bisher über 20 Millionen Franken ausgegeben.
Bern ist die erste Stadt, die Citysoftnet einsetzt, in Basel und Zürich ist die IT-Lösung noch nicht in Betrieb.
Das Zürcher Sozialdepartement von SP-Stadtrat Raphael Golta will trotz den Problemen in Bern an Citysoftnet festhalten. «Die Stadt Zürich plant derzeit die Einführung der Software», sagt Sprecherin Deborah Komso auf Anfrage. Das Projekt verlaufe «wie geplant».
«Viel gelernt von Bern»
Man habe viel aus den Erfahrungen in Bern für die Einführung in Zürich lernen können, sagt Komso. Diese Erkenntnisse seien in die Arbeiten des Sozialdepartements eingeflossen. «Wir sind überzeugt, dass wir zum Zeitpunkt der Einführung technisch und operativ gut aufgestellt sein werden, um Citysoftnet erfolgreich in Betrieb zu nehmen.»
Der definitive Einführungstermin für Citysoftnet steht allerdings noch nicht fest, wie die Sprecherin weiter sagt. Im vergangenen Herbst hatte das Sozialdepartement mit einer Einführung in diesem Sommer gerechnet, was sich nun allerdings als unrealistisch erweist.
Bereits rund 12 Millionen Franken ausgegeben
Laut Komso steht derzeit eine umfangreiche Testphase kurz vor dem Abschluss, auf deren Basis die Betriebsreife von Citysoftnet für Zürich festgestellt werde. Den Termin für die definitive Einführung werde man noch in diesem Monat festlegen. Dass die Einführung eines so komplexen Projektes mit vielen Herausforderungen verbunden sei, war laut der Sprecherin zu erwarten. Zudem sei von Anfang an klar gewesen, dass Citysoftnet in Zürich später starten wird als in Bern.
Nach Angaben des Sozialdepartements hat die Stadt bisher rund 11,7 Millionen Franken für die neue Fallführungssoftware ausgegeben.
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