Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Tadej Pogacar gewinnt die Tour de France
Ist er der neue Kannibale?

Geschafft! Tadej Pogacar wird im Zeitfahren zwar nur Achter, sichert sich damit aber quasi den Gesamtsieg.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Es sind nicht jene Bilder, die man von einem Tour-Leader kennt. Nicht am vorletzten Renntag, vor der letzten wichtigen Prüfung. Ein entspanntes Lächeln, wie es Tadej Pogacar am späten Samstagnachmittag zeigt, gelingt einem Träger des Maillot jaune in aller Öffentlichkeit frühestens auf der sonntäglichen Schlussetappe, wenn die Mitglieder des Siegerteams für die Fotografen auf den ersten Kilometern mit Plastik-Cüpli posieren und sich gegenseitig zuprosten.

Doch Pogacar hat in diesem Moment noch knapp 31 Zeitfahrkilometer vor sich. Er ist daran, sich auf der Trainingsrolle vor dem Teambus aufzuwärmen. Normalerweise ist das der Moment, in dem die Allerbesten sich in ihren Tunnel verabschieden, die Konzentration ganz auf diese Prüfung richten. Pogacar trägt zwar Kopfhörer, nimmt diese zwischendurch aber ab, um seinem Sportlichen Leiter Allan Peiper noch irgendeinen kecken Spruch zuzurufen. Jedenfalls reagiert der mit einem Lachen.

Nach dem Überraschungssieg nun die logische Konsequenz

Die Szene ist der deutlichste Beweis für die Überlegenheit dieses blonden Jungspunds, der davorsteht, mit 22 Jahren zum zweiten Mal in Folge die Tour de France zu gewinnen – mit über fünf Minuten Vorsprung.

Sosehr sein Coup vor einem Jahr auf der vorletzten Etappe eine Überraschung war, so sehr ist es dieses Mal die logische Konsequenz einer lange nicht mehr da gewesenen Überlegenheit.

In welche Richtung soll seine Karriere gehen, wenn nicht in jene der Rekordsieger mit fünf Triumphen?

Die Geschichtsbücher müssen für den Slowenen erneut geöffnet werden. 2020 war er der zweitjüngste Fahrer überhaupt, der die Tour für sich entschied. Mit seinen 22 Jahren gehört er nun immer noch zu den zehn Jüngsten. Und ist ergo auch der Jüngste mit zwei Gesamtsiegen.

All die ganz Grossen fingen später an zu dominieren: Jacques Anquetil und Bernard Hinault waren 23, Eddy Merckx 24 beim ersten Tour-Sieg – Miguel Indurain gar schon 27. Das sind die Namen, mit denen Pogacar künftig verglichen wird. Denn in welche Richtung soll seine Karriere gehen, wenn nicht in jene der Rekordsieger mit fünf Triumphen?

Dominanz im Dauerregen: Pogacar blickt zu seinem Widersacher Richard Carapaz, ehe er mit einer Solofahrt Richtung Le Grand Bornand den Grossteil seines Vorsprungs herausholt.

Zumal es bei ihm nicht wirkt, als ob ihm die Radsportwelt viel abverlangen würde, der Verzicht und das Leiden, das mit dem Spitzensport einhergeht, ihm schwerfiele. Im Gegenteil: In der Schlusswoche wurde Pogacar nach seinem dritten Etappensieg augenzwinkernd gefragt, ob das für ihn alles wie ein Spiel sei. Er antwortete mit einem breiten Lächeln: «Natürlich. Es ist eines, seit ich damit angefangen habe. Und ich spiele es gerne.»

Das Zitat beschreibt ihn als Rennfahrer. Bei Pogacar ist die Freude am Wettstreit spürbar. Er fühlt sich in seiner Leaderrolle wohl, auch wenn er weiss, dass er sich meist, wenn es hart auf hart geht, allein – ohne grosse Hilfe der Teamkollegen – durchschlagen muss.

Er gewinnt ein Zeitfahren – und in den Pyrenäen zwei Bergankünfte

Allein beendete er letztlich in der Startwoche den Kampf ums Gelbe Trikot. Erst dominierte er das Zeitfahren, dann deklassierte er bei garstigem Wetter in den beiden Alpenetappen die Konkurrenz vollends. Mit den dort herausgefahrenen fünf Minuten fuhr er die restlichen zwei Wochen durch Frankreich, schnappte sich in den Pyrenäen zwei weitere Etappensiege – und am Sonntag den Gesamtsieg.

Kommst du? Das Spielerische ist bei Pogacar in vielen Rennmomenten zu spüren, hier bei seinem dritten Sieg an dieser Tour in Luz Ardiden.

Was sagt Pogacars Dominanz über diese Tour aus? Ist sie ein gutes Zeichen? In keiner Sportart werden Dominatoren kritischer gesehen als im Radsport. Entsprechend muss auch Pogacar mit Zweifeln, Vorwürfen und Fragen leben. Sicher war der Faktor Glück auf seiner Seite. Als einziger Favorit blieb er in der Startwoche von Stürzen fast unbehelligt, derweil Primoz Roglic aufgeben musste und Geraint Thomas nach einer ausgerenkten Schulter nicht mehr konkurrenzfähig war.

Der Teamchef bleibt eine Hypothek

Pogacar ist kein Aufsteiger aus dem Nichts, er dominierte in den Nachwuchskategorien, wie er es jetzt bei den Profis tut. Er fährt an den grossen Pässen schnell – aber kaum so schnell, dass alle Alarmglocken läuten. Das eine grosse Fragezeichen bleibt sein Umfeld, vor allem UAE-Emirates-Teamchef Mauro Gianetti. Der Tessiner hat eine schwierige Vergangenheit in diesem Sport – und ist weiterhin davon überzeugt, dass Schweigen zu diesem Thema der richtige Umgang damit ist.

Ein Kannibale auf seine Art: Wenn Pogacar gewinnen will, gewinnt er – hier in Gelb auf dem Col du Portet.

Sicher ist: Die Fragen werden nicht weniger werden. Denn dass Pogacar plötzlich aufhört, solche Leistungen zu produzieren, dafür gibt es keine Anzeichen. Er mag kein Kannibale sein wie einst der unersättliche Merckx, der alles und immer gewinnen wollte. Aber er ist ein Kannibale, weil er fast jedes Rennen gewinnt, das er wirklich gewinnen will.

Mit dieser Einstellung fliegt er direkt weiter nach Tokio. Womit die Frage nach dem Topfavoriten im Strassenrennen auch schon geklärt wäre.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.