Hype und Diskussionen vor KinostartIst der Barbie-Film tatsächlich feministisch?
Nach monatelangem Warten läuft der Film über die meistkritisierte Puppe der Welt nun im Kino an. Warum der Hype? Und für wen ist der Film gedacht? Hier ist unsere Übersicht zum Mitreden.
Ist der Barbie-Film nur für Fans?
Nein. «Der Film ist für Leute, die Barbie hassen, weil wir Barbie im Laufe der Geschichte ein bisschen zerstören», sagte Regisseurin Greta Gerwig vorab in Interviews. Das liegt auch daran, dass der Film in zwei Welten spielt: zunächst in der perfekten Barbie-Welt, in der alle meinen, Barbie sei das grosse feministische Vorbild aller Mädchen und Frauen. Später reist Barbie in die reale Welt, wo sie gleich als Erstes von Männern belästigt und später von einer Teenagerin zusammengestaucht wird, weil sie für sexualisierten Kapitalismus stehe und eine Faschistin sei.
Gleichzeitig muten die ersten Minuten des Films wie ein Werbespot an. Bei den zig verschiedenen Barbies, die im Lauf der 114 Minuten auftauchen – darunter auch eine, die mit Nagelschere und Filzstift verunstaltet worden ist –, kommen nostalgische Gefühle auf bei jenen, die einst mit Barbie gespielt haben.
Wie schaffte es der Film, ein derartiges Interesse auszulösen?
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Die Drehbuchautorin und Regisseurin Greta Gerwig dürfte der Hauptgrund sein, warum die Aufregung um den Film so gross ist. Die Amerikanerin wurde für Filme wie «Ladybird» und «Little Women» mit Oscarnominationen belohnt, gilt also als vielversprechendes Talent. Zudem ist die 39-Jährige erklärte Feministin. Entsprechend gross war bis zuletzt die Spannung, wie sie diese klischierte, unrealistisch perfekte Frauenfigur inszenieren würde.
Andererseits wurde wohl für keinen anderen Film in letzter Zeit so geschicktes Marketing betrieben. «Barbie» ist neben Christopher Nolans «Oppenheimer» und «Mission: Impossible – Dead Reckoning Teil eins» mit Tom Cruise der absolute Sommerblockbuster. Das Werbebudget muss gigantisch sein und die Kampagne bis ins letzte Detail geplant. Wer beispielsweise aktuell «Barbie-Film», «Gerwig» oder «Margot Robbie» ins Google-Suchfeld eintippt, sieht ein Feuerwerk aus pink Sternchen auf dem Bildschirm. Und aus dem Soundtrack wurden vorab gestaffelt Songs von hochkarätigen Stars wie Dua Lipa, Tame Impala und Ryan Gosling veröffentlicht.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Der Hype um «Barbie» hat auch früh eine Eigendynamik entwickelt – was vor allem an der Farbe Pink liegt, die untrennbar mit Barbie verbunden ist. Schon vor einem Jahr begann sich in der Mode der Barbie-Look als feministisches Statement durchzusetzen. In den Kinosälen wird daher ein Meer aus pinken Outfits erwartet. Auf Tiktok und Instagram tauschen sich Fans bereits darüber aus, was sie anziehen werden.
Ist «Barbie» tatsächlich feministisch?
Ja, aber nicht so, wie viele den Begriff fälschlicherweise verstehen, nämlich als reine Frauenangelegenheit. Männer sind im Film genauso Teil der Gleichstellungsdiskussion – zumal es die Kens sind, die in der rosaroten Barbie-Welt anfänglich zu kurz kommen.
Sie sind allein von der Gunst der Barbies abhängig, haben wenig zu melden und sind von den richtig coolen Sachen wie dem täglichen Mädelsabend ausgeschlossen. Barbies erkennen darin nichts Verwerfliches, das ist einfach so. In der «richtigen Welt» hingegen ist es genau andersherum, und beides treibt Gerwig – zuweilen etwas gar plakativ und klischiert – auf die Spitze. Aber es wird deutlich, dass Feminismus Männer und Frauen gleichermassen betrifft.
Die Barbies selber sehen sich als Vorbild für Frauen – was übrigens auch die Barbie-Erfinderin Ruth Handler beabsichtigt hat. Immerhin ist Barbie unter anderem Nobelpreisträgerin in Physik, Präsidentin, Baustellenarbeiterin, Astronautin und Anwältin. Und sie ist in allen möglichen Körperformen und Hautfarben perfekt – bis Barbie merkt, dass sie Cellulite bekommt. Um diese loszuwerden, ist sie bereit, alles zu tun.
Der Oberflächlichkeitsspiegel wird aber vor allem den Zuschauerinnen und Zuschauern vorgehalten. Aus dem Off wird eine reale Schlagzeile eingespielt, die medial die Runde gemacht hat: «Margot Robbie ist nicht hübsch genug, um Barbie zu spielen». Auch die Verpflichtung von Ryan Gosling für die Rolle des Ken wurde vorab heftig kritisiert – weil er zu alt sei. Der 42-Jährige überzeugt nun aber derart, dass erste Kritikerinnen bereits eine Oscarnomination für ihn fordern.
Spielt Mattel im Film auch eine Rolle?
Definitiv. Es gibt mehrere Seitenhiebe auf die Barbie-Hersteller-Firma, die den Film mitfinanziert hat und die sich offiziell so sehr darum bemüht, das ramponierte Image von Barbie zu verbessern. Im Film sitzen in der Teppichetage von Mattel beispielsweise ausschliesslich Männer, die möglichst viel Geld mit der Puppe machen wollen. Die weibliche Meinung ist nicht gefragt – ausser wenn damit Geld gemacht werden kann. Selbst die Barbie-Erfinderin Ruth Handler muss mit einer Art Küchen-Office irgendwo in den unteren Etagen des Firmenhochhauses vorliebnehmen.
Ist «Barbie» ein Film für Kinder oder Erwachsene?
Die Satire ist definitiv eher etwas für Erwachsene und Teenager, obwohl der Film in der Schweiz ab 8 Jahren freigegeben ist. In den USA ist der Film übrigens erst ab 13 Jahren ohne Erwachsenenbegleitung empfohlen, weil er unter anderem moderate Kraftausdrücke enthalte, die fürs jüngere Publikum nicht angemessen seien.
Stimmt es, dass die echte Barbie im Film zu sehen ist?
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Ja. Barbara Handler Segal ist die Tochter von Barbie-Erfinderin Ruth Handler, die die Puppe nach deren Spitznamen benannt hat (Ken stammt übrigens von Bruder Kenneth ab). Die 82-Jährige sitzt in einer Filmszene neben der Stereotypen-Barbie alias Margot Robbie auf einer Parkbank und kontert ein Kompliment von ihr auf köstliche Weise. Barbara soll übrigens als Jugendliche überhaupt nicht begeistert gewesen sein, dass ihre Mutter ein selbstbestimmtes Leben als Unternehmerin führte.
Gibt es tatsächlich eine Normalo-Barbie mit Cellulite?
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Nein, zumindest nicht offiziell. Im Film hält eine Mutter aus der richtigen Welt eine flammende Rede darüber, dass es unmöglich sei, als Frau allen Erwartungen gerecht zu werden. Und dass nicht alle Chirurgin, Diplomatin oder Anwältin sein wollten. Sie plädiert für eine Normalo-Barbie, was die Mattel-Verantwortlichen zuerst ablehnen, dann aber im Hinblick auf den potenziellen Verkaufserfolg bejubeln.
Eine offizielle Normalo-Barbie gab es jedoch nie – beziehungsweise nicht von Mattel. Vor einigen Jahren brachte der Künstler Nickolay Lamm eine Normalo-Puppe mit realistischem Körperbild auf den Markt, Cellulite und Pickel inklusive. An den Erfolg der Stereotypen-Barbie kam diese jedoch bei weitem nicht heran.
Warum kann Barbie keine Mutter sein?
Barbie kann alles sein – bloss keine Kinder bekommen. Sie hat ja keine Vagina, und Ken hat keinen Penis, wie sie einer Gruppe von Baustellenarbeitern in der richtigen Welt erklärt. Das war übrigens ein bewusster Entscheid der Barbie-Erfinderin.
Für den Mama-Part wurde einst Barbies Freundin Midge erfunden – deutlich weniger hübsch, dafür mit magnetischem Schwangerschaftsbauch. Die Puppe war jedoch vor allem in konservativen Kreisen heftig umstritten, unter anderem, weil sei Teenagerschwangerschaften fördere. So wurde die Puppe schliesslich aus dem Regal genommen. Auf die unrühmliche Midge-Story erlaubt sich der Barbie-Film ebenfalls einen kleinen Seitenhieb. Und die Schlusspointe des Films ist ebenfalls dem Thema gewidmet.
Fehler gefunden?Jetzt melden.