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SP-Nationalrat im Rollstuhl
Islam Alijaj fordert finanzielle Hilfe für sein Mandat

Islam Alijaj, Inklusionspolitiker, spricht bei der Lancierung der Service Citoyen Initiative, am Dienstag, 26. April 2022, in Bern. Die Initianten verlangen eine Optimierung des Dienstpflichtsystems von Armee und Zivilschutz. (KEYSTONE/Peter Schneider)
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Mit Islam Alijaj wurde erstmals ein Politiker in den Nationalrat gewählt, der wegen seiner schweren Behinderung auf umfassende Unterstützung angewiesen ist. Wegen einer Zerebralparese hat der SP-Mann starke motorische Einschränkungen und eine Sprechbehinderung. Für Alijajs Auftritte im Rat braucht es deshalb neue Regeln. Denn eine Verbalassistenz muss seine Voten wiederholen, damit sie fürs Plenum verständlich sind.

Dabei stellen sich den Parlamentsdiensten ganz praktische Fragen: Erhält Alijaj doppelte Redezeit? Wo steht die Verbalassistentin, direkt neben ihm, oder spricht sie im Hintergrund? Auch in den Kommissionssitzungen braucht Alijaj diese Unterstützung.

Hier gibt es ein weiteres Problem. Die Sitzungen finden hinter verschlossenen Türen statt und unterstehen dem Kommissionsgeheimnis. Die Verbalassistenz muss deshalb genauso der Verschwiegenheitspflicht unterstehen wie Alijaj selbst. Auch dies muss formell geregelt werden.

Drittes Ratsmitglied im Rollstuhl

Die Parlamentsdienste sichern Alijaj im Parlamentsbetrieb die nötige Unterstützung zu, damit er sein Mandat vollumfänglich wahrnehmen könne. Die Details müssten noch geklärt werden.

Ratsweibel werden ihm Unterlagen tragen, ihm bei der Verpflegung behilflich sein oder ihn wenn nötig im Gebäude begleiten – eine Unterstützung, wie sie bereits die beiden Mitte-Nationalräte Philipp Kutter (ZH) und Christian Lohr (TG) erhalten, die ebenfalls im Rollstuhl sitzen. Zudem ist das Parlamentsgebäude vollumfänglich rollstuhlgängig.

Alijaj gehörte im Wahlkampf zu den Kandidierenden mit dem grössten Budget. Für seine Kampagne wendete er rund 220'000 Franken auf, die er über Spenden und Crowdfunding beschaffte. Doch nun muss er in den sechs Wochen bis zu seinem Amtsantritt die Finanzierung seiner Assistenzpersonen regeln. Denn die Parlamentsdienste sorgen nur für die Betreuung im Bundeshaus.

Alijaj hat die Assistenzstellen bereits ausgeschrieben. Er geht von 160 Stellenprozenten aus, verteilt auf zwei 60-Prozent-Pensen und ein 40-Prozent-Pensum. Neben der Verbalassistenz braucht er Begleitung zu Sitzungen, Podien und beim Reisen. Er benötigt Unterstützung für politische Kontakte zu Departementen sowie für Gespräche mit anderen Politikerinnen und Politikern. Jemand muss Mails schreiben, Gespräche protokollieren, Reden und Vorstösse schreiben.

Alijaj kommt auf jährliche Lohnkosten von rund 127'000 Franken.

Sein bisheriges Team, das ihm seine Arbeit im Zürcher Stadtparlament ermöglichte, löse sich zurzeit auf, sagt Alijaj. Dies unter anderem deshalb, weil er die Assistenzpersonen nicht entsprechend ihrer Arbeitsbelastung bezahlen konnte. Künftig müsse er mindestens einen Monatslohn von 5500 Franken plus Sozialleistungen anbieten können.

Damit kommt Alijaj auf jährliche Lohnkosten von rund 127'000 Franken. Inklusive Arbeitgeberbeiträge für Sozialversicherungen, aber ohne 13. Monatslohn.

Es fehlen 30'000 Franken

Von der Invalidenversicherung erhält Alijaj zurzeit 63'000 Franken als Assistenzbeitrag. Als Nationalrat wird er zudem 33'000 Franken für eine persönliche Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter erhalten. Damit bleibt eine Differenz von 30'000 Franken. Alijaj gelangte deshalb ans Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) mit der Forderung, ihm via IV die nötige Unterstützung für sein politisches Mandat zu ermöglichen.

Falls ihn die IV aufgrund der geltenden Regeln nicht ausreichend finanziell unterstützen könne, müssten die Gesetze entsprechend geändert werden, fordert Alijaj. Dabei gehe es ihm nicht nur um sich selbst, betont er. Alle Menschen mit Behinderung müssten ihr politisches Mandat ausüben können.