Interview zu ProtestenIranischer Präsident versetzt CNN-Moderatorin Amanpour wegen fehlendem Kopftuch
Inmitten der Proteste gegen die iranische Sittenpolizei sollte Ebrahim Raisi ein Interview geben. Kamera, Licht – alles war bereit, aber der Präsident tauchte nicht auf.
Wochenlang hätten sie das Interview geplant, acht Stunden lang Übersetzungsgeräte, Lichter und Kameras aufgebaut – alles war bereit. «Aber keine Spur von Präsident Raisi», schrieb CNN-Chefkorrespondentin Christiane Amanpour am Donnerstag auf Twitter. Es hätte das erste Interview mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi auf amerikanischem Boden werden sollen, doch dieser kam nicht zum Interview – weil Amanpour kein Kopftuch tragen wollte.
Auf Twitter postete die Journalistin ein Foto, auf dem sie einem leeren Stuhl gegenübersitzt. «40 Minuten nach dem geplanten Beginn des Gesprächs kam ein Berater zu mir. Der Präsident, sagte er, schlug vor, dass ich ein Kopftuch trage», schreibt Amanpour auf Twitter.
«Ich habe höflich abgelehnt. Wir sind in New York, wo es keine Gesetze oder Traditionen in Bezug auf Kopftücher gibt. Ich wies darauf hin, dass kein früherer iranischer Präsident dies verlangt hat, wenn ich ihn ausserhalb des Iran interviewt habe.» Präsident Raisi war erstmals seit Beginn seiner Amtszeit in die USA gereist, wo er am Mittwoch vor der UNO-Vollversammlung sprach.
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Amanpour, die in der iranischen Hauptstadt Teheran aufgewachsen ist und fliessend Farsi spricht, sagte, dass sie jeweils ein Kopftuch trage, wenn sie im Iran berichte, um die dortigen Gesetze und Gepflogenheiten einzuhalten. «Sonst könnte man nicht als Journalistin arbeiten», so Amanpour.
Das iranische Gesetz schreibt allen Frauen vor, in der Öffentlichkeit ein Kopftuch sowie locker sitzende Kleidung zu tragen, um ihre Figur zu verschleiern. Die Kopftuchpflicht wird im Iran seit der islamischen Revolution im Jahr 1979 von der Sittenpolizei durchgesetzt und ist für jede Frau im Land obligatorisch – auch für Touristinnen und Journalistinnen.
Der Berater hat laut Amanpour klargestellt, dass das Interview nicht stattfinden wird, wenn sie kein Kopftuch trägt. «Er sagte, dies sei ‹eine Frage des Respekts› und verwies auf ‹die Situation im Iran› – eine Anspielung auf die Proteste, die das Land erschüttern», so die CNN-Journalistin.
Amanpour hatte laut eigenen Aussagen geplant, Raisi Fragen zum Tod der Iranerin Mahsa Amini und zu den Protesten zu stellen. Zudem wollte sie ihn zum Atomstreit und zur iranischen Unterstützung für Russland befragen.
Doch angesichts von Raisis «unerhörten» und «unerwarteten» Bedingung habe sie das Interview – auch im Namen von weiblichen Journalisten auf der ganzen Welt – absagen müssen. «Da die Proteste im Iran weitergehen und Menschen getötet werden, wäre es ein wichtiger Moment gewesen, mit Präsident Raisi zu sprechen», schreibt Amanpour im Twitter-Thread.
Mindestens 17 Tote bei Protesten
Im Iran gehen derzeit Tausende Menschen nach dem Tod der 22 Jahre alten Iranerin Mahsa Amini auf die Strasse, einige Frauen haben aus Protest ihre Haare abgeschnitten und ihre Hijabs verbrannt. Bisher sind mindestens 17 Personen bei den Protesten ums Leben gekommen.
Die Sittenpolizei hatte Amini vor gut einer Woche verhaftet, weil sie angeblich ihr Kopftuch nicht korrekt trug. Kurz nach ihrer Festnahme fiel die junge Frau ins Koma und starb am Freitag im Spital. Laut Kritikern wurde sie von den Polizisten in den Tod geprügelt. Die Behörden behaupten hingegen, sie sei einem Herzinfarkt erlegen.
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