Nachbarstaaten nach Angriff des IranWenig Sympathien für Israel, aber noch weniger für den Iran
Die jüngste Eskalation des Nahostkonflikts stellt Jordanien, Saudiarabien, Ägypten und die Emirate vor eine neue Situation.
Am Sonntag tagte in Jordaniens Hauptstadt Amman das Kabinett, um sich der Lage nach dem Angriff des Iran auf Israel zu widmen. Er betrifft das Königreich wie kaum ein anderes Land der Region, liegt es doch in der Luftlinie zwischen den beiden Rivalen, oder besser in der Flugbahn von Raketen und Drohnen.
Die staatliche «Jordan Times» schaffte anschliessend das Kunststück, von dem Kabinettstreffen zu berichten, vom Aufruf der Minister, die Ruhe zu bewahren und nicht alles zu glauben, was im Internet steht, ohne konkret zu sagen, worum es eigentlich ging. Die Auseinandersetzung zwischen dem Iran und Israel, welche die ganze Region in den Abgrund reissen könnte, wurde freundlich mit «aktuelle regionale Spannungen» umschrieben. (Lesen Sie zum Thema auch den Artikel «Lässt sich das Schlimmste abwenden?»)
Da aber vielen Jordaniern aufgefallen war, dass im Nachthimmel über Amman einiges vor sich ging in der Nacht zum Sonntag, sprach die Regierung zumindest davon, dass einige «Flugobjekte» in den jordanischen Luftraum eingedrungen und abgefangen worden seien. Was wiederum eine notdürftige Verklausulierung dafür war, dass von Jordanien aus dabei geholfen wurde, einen Angriff auf Israel abzuwehren, dass von dort aus iranische Drohnen und Raketen abgeschossen wurden.
Bevölkerungen auf der Seite der Palästinenser
Das ist ein eher seltener Fall in der Geschichte des Nahen Ostens, wo die Feindschaft oder zumindest kritische Distanz der arabischen Nationen zu Israel eine der Konstanten ist. Da dies im Groben aber auch für das Verhältnis der meisten arabischen Länder zum Iran gilt, stehen Länder wie Jordanien, Saudiarabien, Ägypten und die Emirate nun vor einer neuen Situation. Die Bevölkerungen der Länder stehen seit dem Gaza-Krieg fest an der Seite der Palästinenser, was unter anderem Saudiarabiens Machthaber dazu brachte, die Annäherung an Israel abzubrechen.
Gleichzeitig sehen die arabischen Regierungen im Iran die grössere Bedrohung für ihre Sicherheit. Für die Mullahs in Teheran war die Revolution 1979 nicht nur ein nationales Projekt, es ging ihnen immer auch darum, den wahren Islam in den aus ihrer Sicht korrupten Ländern der Region zu verbreiten.
Die Rivalität zwischen Saudiarabien und dem Iran formte die Region über Jahrzehnte. Der schiitische Iran unterstützte im Libanon, in Jemen, im Irak und in Syrien schiitische Gruppen, die sich zur «Achse des Widerstands» gegen Israel zusammenschlossen, gegen die USA und die sunnitischen Länder, die mit Amerika kooperierten.
Mohammed bin Salman, der De-facto-Herrscher von Saudiarabien, hat eine Annäherung an Israel eingeleitet, die Staaten wie Marokko, Bahrain und die Emirate bereits vollzogen hatten – ohne dabei auf einen eigenen Palästinenserstaat zu pochen.
Die Normalisierung war für die Hamas wohl auch ein Grund, Israel mit ihrem brutalen Terror zu überziehen, zu zeigen, dass es in der Region keinen Frieden gibt ohne einen Staat für die Palästinenser. Seitdem dreht sich die Spirale der Eskalation, und oft sieht es danach aus, als folge sie einer Logik der Abschreckung, bei der auf jeden Angriff der anderen Seite eine Vergeltung folgen muss.
Das «Middle East Air Defense»-Bündnis
Die gute Nachricht ist für viele Analysten der Region, dass nur für Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu und die Hamas eine Ausweitung des Krieges im eigenen Interesse zu liegen scheint. Aus Saudiarabien kam der Aufruf an alle zur «grössten Zurückhaltung». So hielten es auch die meisten anderen Länder der Region, die es vermeiden, sich auf eine Seite zu schlagen, und vor allem an regionaler Stabilität interessiert sind.
Dass der Iran bereit war, Israel so massiv auf dem eigenen Gebiet anzugreifen, mag in einigen Hauptstädten den Wunsch wachsen lassen, sich wieder enger unter den Schutz der USA zu begeben. Die hatten mit Israel und einigen arabischen Ländern vor Jahren das «Middle East Air Defense»-Bündnis gegründet, über das seitdem nicht sehr viel bekannt wurde. Auch Saudiarabien soll ihm angehören und am Sonntag dazu beigetragen haben, die Raketen aus Teheran abzufangen. Das berichteten israelische Medien, das Königshaus in Riad schweigt dazu.
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