Interview mit Natalie Rickli«Früher hatten wir einige Spitäler mehr im Kanton, die heute niemand mehr vermisst»
Die Zürcher Gesundheitsdirektorin ordnet die kantonale Finanzspritze für das Kinderspital und die finanzielle Absage für das Spital Wetzikon in die Spitallandschaft des Kantons ein.
Der Kanton nimmt in Kauf, dass das Spital Wetzikon in Konkurs geht: Weshalb haben Sie trotzdem die beiden Oberländer Spitäler Wetzikon und Uster auf die Spitalliste 2023 aufgenommen, wenn es diese gar nicht unbedingt braucht?
Bereits im Rahmen der Spitalplanung haben wir festgehalten, dass es mittel- und langfristig im Zürcher Oberland aufgrund der geringen räumlichen Distanz nur ein Spital braucht. Aber wir können keine Zusammenarbeit der beiden Spitäler verordnen. Ursprünglich wollten wir das Spital Uster nicht auf die Spitalliste nehmen. Es konnte dann allerdings aufzeigen, dass es mitunter die nötige Ambulantisierung vorantreiben und seine finanzielle Lage verbessern will, sodass wir uns überzeugen liessen. Und es ist auf gutem Weg.
Also wäre es für die Spitallandschaft im Kanton gut, wenn Wetzikon schliessen würde?
Die Mitarbeitenden machen einen guten Job, und ich möchte betonen, dass das Spital nicht aufgrund unseres Entscheids jetzt schon abgeschrieben werden darf. Allerdings sind die gesetzlichen Vorgaben strikt. Der Kanton sieht keine Möglichkeit, 180 Millionen Franken an Steuergeldern bereitzustellen. Unsere Analyse hat aber gezeigt, dass die kantonale Spitalversorgung auch ohne Wetzikon gewährleistet wäre und dass wir mittel- bis langfristig ein Spital wie Wetzikon kompensieren können. Früher hatten wir einige Spitäler mehr im Kanton, die heute niemand mehr vermisst, wie beispielsweise das Paracelsus-Spital.
Das Kispi scheint sich mit seinem Neubau für rund 760 Millionen Franken übernommen zu haben. Genügen nun die 135 Millionen des Kantons, damit es wieder aus der finanziellen Schieflage kommt, oder muss der Kanton bald noch mehr nachschiessen?
Wir gehen heute davon aus, dass es reicht. Zu diesem Schluss kommt auch eine externe Firma, die wir damit beauftragt haben, den Businessplan des Kispi zu analysieren. Dieser wird als ambitioniert, aber machbar eingeschätzt.
Auch das Unispital kann wohl seine geplanten Neubauten nicht selbst finanzieren: Wie viel Geld wird der Kanton dort einschiessen müssen?
Das USZ ist zwar im Eigentum des Kantons, aber bisher mussten wir hier noch keine direkten Zahlungen leisten. Das USZ muss jährlich viel Geld in den Unterhalt der alten Gebäudeinfrastruktur, verbunden mit strengen Auflagen des Denkmalschutzes, aber beispielsweise auch in die Anmietung von externen Büros investieren. Diese Kosten fehlen dann für die Finanzierung der Neubauten. Wir prüfen aktuell, ob es einen finanziellen Ausgleich braucht, auch unter Berücksichtigung der seinerzeitigen Immobilienübertragung.
Sieht so die Zukunft aus? Muss der Kanton alle Jahre wieder Spitaldefizite ausbessern?
Das hoffe ich nicht. Es sind einige Änderungen auf nationaler Ebene im Gange, die eine Verbesserung der Situation bewirken könnten. Beispielsweise Efas, die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen, oder der neue Tarif Tardoc, über welchen der Bundesrat noch bestimmen wird. Der Bundesrat sollte diesen Entscheid rasch treffen. Das macht die Gesundheitsversorgung effizienter. Aber andere Herausforderungen werden bleiben, und es ist klar, dass wir in Zukunft weniger stationäre Strukturen brauchen werden, da wir mit den geplanten Reformen eine Verlagerung in den ambulanten Bereich erwirken. Dieser ist gesamthaft gesehen kostengünstiger und entlastet auch das Spitalpersonal, insbesondere die Pflege, da keine Nacht- und Wochenenddienste nötig sind.
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