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Integrative Förderung an Zürcher Volksschule
Mini-Time-out für schwierige Schüler: Silvia Steiner reagiert auf Kritik

Pupils of secondary school class 3b prepare for graduation day, pictured at the Sereal schoolhouse of the Public School Suhr, Canton of Aargau, Switzerland, on June 25, 2018. The Public School Suhr consists of kindergartens, primary schools and senior classes. (KEYSTONE/Christian Beutler)
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Die Kritik an der integrativen Schule und der Ruf nach Kleinklassen war in den letzten Monaten nicht zu überhören. In Basel lancierten Lehrkräfte sogar eine Volksinitiative zum Thema.

In Zürich ergaben verschiedene Erhebungen, dass die integrative Förderung (IF) in der Bevölkerung an Zuspruch verloren hat. In einer Tamedia-Umfrage von Anfang Jahr zum Beispiel befürworteten zwei von drei Gefragten, dass Kinder mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen wie früher in Kleinklassen eingeteilt werden sollen.

Nun will Bildungsdirektorin Silvia Steiner (Die Mitte) tatsächlich das Zürcher Volksschulgesetz von 2005 ändern. Am Prinzip, möglichst alle Kinder in der Regelklasse zu unterrichten, will sie aber nicht rütteln. Auch mehr Sonderschulung ist kein Thema, im Gegenteil.

Aber Steiner anerkennt, dass verhaltensauffällige sowie über- und unterforderte Schülerinnen und Schüler eine grosse Belastung für die Lehrpersonen und den Klassenverband sein können. Deshalb schlägt Steiner eine Art Mittelweg vor.

«Erweiterter Lernraum» ist der neuste Begriff in der Zürcher Schullandschaft.

Die störenden Kinder und Jugendlichen sollen kurzfristig aus dem Klassenzimmer geschickt werden können. Empfangen werden sie von einer Lehrperson in einem separaten Zimmer in derselben Schuleinheit. «Erweiterter Lernraum» heisst dieses Modell und ist gleichzeitig der neuste Begriff in der Zürcher Schullandschaft. Mini-Time-out könnte man es auch nennen. Die Möglichkeit des «richtigen» Time-out bleibt bestehen. Dieses bedeutet aber eine Wegweisung aus dem Schulunterricht bis höchstens vier Wochen.

Steiner will Gesetz ändern

Dass die Neuerung durchaus Gewicht hat und eine neue Organisationsform bedeutet, beweist der Umstand, dass dafür eine Gesetzesänderung nötig ist. Neben der «Schulklasse» soll im Volksschulgesetz dieser «erweiterte Lernraum» verankert werden.

Bildungsdirektorin Silvia Steiner kommt den Lehrpersonen mit einem neuen Modell für schwierige Schüler entgegen.

«Der Vorrang der Integration bleibt», stellt Martin Peter, stellvertretender Chef des Volksschulamts, klar. «Die Grundidee ist eine kurzfristige Entlastung der Lehrperson, der Klasse oder des betroffenen Kindes sowie Jugendlichen.» Ziel sei aber stets die möglichst rasche Rückkehr des Kindes in die Regelklasse.

Mehr Lehrpersonenstellen

Die Bildungsdirektion ist bereit, für das neue Modell Geld in die Hand zu nehmen, da es mehr Lehrpersonen braucht. Konkret wird der sogenannte Gestaltungspool aufgestockt. Aus diesem Pool rekrutieren die Gemeinden flexibel einsetzbare Lehrpersonen.

Bisher hatten die Gemeinden ein Anrecht auf 0,028 Stellen pro «normale Vollzeitstelle». Hat also eine Schule 100 Vollzeitstellen zur Verfügung, erhielt sie 2,8 zusätzliche Pool-Stellen. Für das neue Angebot des erweiterten Lernraums steigt der Quotient auf 0,05, was in diesem Beispiel 5 Stellen bedeutet.

Bereits erprobtes Modell

Wie viel das kosten wird, ist gemäss Martin Peter noch nicht bezifferbar, da das Angebot für die Gemeinden freiwillig ist. Es ist nicht bekannt, wie viele Schuleinheiten davon Gebrauch machen werden. Auch haben diverse Gemeinden bereits ähnliche Angebote lanciert, sogenannte Schulinseln oder Förderzentren. Diese haben sie durch Umlagerung der vorhandenen Lehrpersonenstellen finanziert.

Die Bildungsdirektion rechnet damit, dass die Mehrkosten aufgrund des neuen Angebots mittelfristig kompensiert werden, da «kostenintensive Sonderschulungen vermieden werden» könnten.

«Wir begrüssen den Schritt sehr.»

Christian Hugi, Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband

Der Vorstoss von Silvia Steiner kommt gut an beim Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband (ZLV). «Wir begrüssen den Schritt sehr», sagt Präsident Christian Hugi. Er entspreche einer der Hauptforderungen eines ZLV-Positionspapiers aus dem Jahr 2018.

Lehrerverband: Ein Makel bleibt

Positiv zu werten sei insbesondere das Signal an die Gemeinden, die noch kein derartiges Modell eingeführt hätten, aber gerne in diese Richtung gehen wollten. Hugi geht davon aus, dass viele Schulen auf das Angebot des Kantons eingehen werden. ¨

Eine Kritik hat er trotzdem: «Leider ist nicht vorgesehen, das Entlastungsmodell flächendeckend einzuführen.» Die Folge könnte sein, dass gut situierte Gemeinden das Angebot eher annehmen als weniger reiche. Die Gemeinden zahlen 80 Prozent der Lehrpersonenlöhne, der Kanton 20 Prozent.

Silvia Steiner will nun wissen, wie das neue Modell ankommt. Deshalb hat sie die Neuerung bis am 7. Dezember in die Vernehmlassung gegeben.