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Proteste in den USA
Medizinpersonal blockiert Anti-Lockdown-Aktivisten

Demonstrantin versus Gegendemonstrant: Mitarbeitende des Gesundheitswesens blockierten vergangenen Sonntag in Denver im Bundesstaat Colorado vereinzelte Strassenabschnitte.
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In den USA brodelt es derzeit gewaltig. Während die einen so schnell wie möglich wieder aus dem Corona-Lockdown rauswollen, plädieren die anderen für eine möglichst vorsichtige Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen. US-Präsident Donald Trump heizte diese Spannungen jüngst zusätzlich an, indem er die Leute dazu aufrief, gegen die verhängten Massnahmen auf die Strasse zu gehen und für eine Aufhebung zu kämpfen.

Obwohl er sich zwar selbst die «allumfassende Macht» zuschrieb, schob er die Verantwortung für die Lockerung der Massnahmen dann doch den einzelnen Gouverneuren in den Staaten zu. «You are going to call your own shots», zu Deutsch: «Sie werden selbst bestimmen», hiess es vonseiten Trumps bezüglich des Entscheids, wann und wie die Massnahmen gelockert werden sollten.

Und das tun sie – beziehungsweise tun sie eben nicht –, sodass sich republikanische Anhänger, Trump-Supporter und vereinzelte rechtsextreme Gruppierungen am Sonntag landesweit in Scharen zu Demonstrationen zusammenfanden. Allein vor dem State Capitol in Olympia im Bundesstaat Washington sollen sich schätzungsweise 2500 Personen versammelt haben, um gegen die Massnahmen des demokratischen Gouverneurs Jay Inslee zu protestieren. Die Teilnehmer trotzten damit dem Versammlungsverbot für mehr als 50 Personen, die meisten verzichteten auf das Tragen einer Hygienemaske oder das Abstandhalten.

Support erhielten die zahlreichen Demonstranten von keinem Geringeren als dem US-Präsidenten höchstpersönlich. «Das sind grossartige Menschen», sagte Trump am Sonntag bei seiner täglichen Pressekonferenz im Weissen Haus. «Sie haben Lagerkoller.» Diese Menschen wollten «ihr Leben zurück».

Hitziges Gefecht an der Strassenkreuzung

Doch nicht nur Gegner der Ausgangsbeschränkungen drängten am Sonntag auf die Strassen. Auch vereinzelte Vertreter der Gesundheitsbranche kamen zusammen und blockierten Strassenabschnitte. Die Reuters-Fotografin Alyson McClaran hielt in Denver im Bundesstaat Colorado fest, wie ein Mann im OP-Kittel, mit Schutzmaske und Sonnenbrille vor einer Autokarawane steht, die Arme verschränkt. Es war der Gegenprotest des Gesundheitspersonals gegen all diejenigen, welche eine voreilige Lockerung der Massnahmen forderten.

«Die Leute stellten ihre Autos direkt vor sie hin», berichtete McClaran der «New York Times». Die Polizei sei dann schliesslich eingeschritten und habe die Blockade aufgelöst.

Ein Video, welches in den sozialen Medien zirkuliert, zeigt die Vorkommnisse an dieser Strassenkreuzung in Bild und Ton. «Das ist ein freies Land», schreit die Frau dem Mann im OP-Kittel an der Kreuzung lauthals entgegen, im Hintergrund geben die Autos ein Hupkonzert. Dabei lehnt sie sich aus dem Fenster des silbrigen Chrysler-Pickups und verweist auf ihr selbst gebasteltes Schild: «Land of the free», «das Land der Freien» – eine Phrase innerhalb der Nationalhymne, aber auch Teil des Selbstverständnisses der Amerikaner. «Geht nach China, wenn ihr Kommunismus wollt!» und «Ihr könnt arbeiten, wieso ich nicht?» lauten die Aussagen der blondierten Frau im Amerika-Shirt.

Gouverneure warnten jüngst vor den Aufrufen des US-Präsidenten zu den Protesten. «Kommentare in den Nachrichten von einigen republikanischen Regierungsbeamten, die eine «offene Rebellion» fordern und behaupten, es sei ein «Staatskomplott», und andere radikale Äusserungen seien unverantwortlich und könnten unnötig dazu führen, dass mehr Menschen krank werden», kommentierte der Washingtoner Gouverneur Inslee.

Auch bei den Republikanern setzen sich manche für eine langsame Lockerung der Massnahmen ein. Einer davon ist Mike DeWine, Gouverneur von Ohio. Er verstehe zwar die Frustration und die Wut einiger, schrieb DeWine vergangene Woche auf Twitter. Es würde Unternehmen und Arbeitnehmern jedoch nichts nützen, wenn man jetzt bei der Lockerung der Massnahmen etwas Falsches mache. «Wenn wir es falsch machen, haben wir ein medizinisches und ein wirtschaftliches Chaos. Das Beste, was wir tun können, ist, das hier richtig zu machen.»

Über 20 Millionen Arbeitslose

Die USA kämpfen wie alle anderen Länder nicht nur gegen das Virus selbst, sondern auch gegen die verheerenden wirtschaftlichen Folgen des Stillstands. Über 20 Millionen Menschen mussten sich bereits arbeitslos melden – Tendenz steigend. Der starke Anstieg bei den Anträgen auf Arbeitslosenhilfe und das marode US-amerikanische Sozialsystem dürften ihren Beitrag dazu leisten, dass so viele Leute sich für eine voreilige Öffnung der Wirtschaft einsetzen – trotz den immer noch relativ hohen Infektionszahlen und den teils gravierenden Verhältnissen in den Spitälern.

In den Staaten infizierten sich gemäss dem US-Zentrum für Infektionskontrolle (CDC) bereits über 700’000 Menschen mit dem neuartigen Coronavirus. Die Neuinfektionen stiegen am Sonntag binnen 24 Stunden um rund 30’000. Die Zahl der Todesfälle ist um 1759 auf 37’202 gestiegen.

* Mit Material von Reuters