Signa-Pleite sorgte für rote ZahlenSchweizer Privatbank muss wegen René Benko schliessen
Die Bührle-Erben-Bank Ihag hat dem österreichischen Pleitier 30 Millionen Euro geliehen. Nun stösst sie ihr Geschäft an die Bank Vontobel ab.
Kurz nach Börsenschluss kam gestern Abend die Hiobsbotschaft für die Kunden und Angestellten der Zürcher Privatbank Ihag, die vom Familienclan der Bührle-Erben kontrolliert wird: Die Bank Vontobel teilte mit, sie übernehme zu einem nicht genannten Preis die mehr als 3 Milliarden Franken Kundengelder der Ihag.
Das bedeutet nichts anderes als das Aus für die Ihag – nach 75 Jahren. In einer eigenen Mitteilung schrieb diese, zum Entscheid hätten «primär die fehlende kritische Grösse der Privatbank sowie mangelnde anorganische Wachstumschancen» geführt. «Das für kleine Privatbanken anhaltend schwierige Marktumfeld hat dazu geführt, dass sich der Geschäftsgang der Ihag-Privatbank seit längerer Zeit nicht wunschgemäss entwickelt hat.»
30 Millionen Euro flossen an Benko
Was nicht in der Mitteilung steht: Die Ihag ist wegen eines einzigen Kredits in die roten Zahlen geraten. Diesen in der Schweizer Bankengeschichte ziemlich einzigartigen Vorgang hatte diese Redaktion im Mai aufgedeckt. In ihrem letzten Geschäftsbericht schrieb die Bank: «Für das Geschäftsjahr 2023 wird ein Verlust in der Höhe von 16,82 Millionen Franken ausgewiesen. Dieser ist massgeblich auf die Bildung einer Wertberichtigung für eine gefährdete Forderung in der Höhe von 16,98 Millionen Franken zurückzuführen.»
Ohne dieses Ereignis hätte sich das Ergebnis der Bank gegenüber dem Vorjahr verbessert. Auf eine Dividendenzahlung musste sie deshalb verzichten. Ein Sprecher sagte dazu: «Die Wertberichtigung betrifft einen strukturierten Kredit an eine Immobiliengruppe.» Gemeint war das mittlerweile zahlungsunfähige Signa-Imperium des österreichischen Unternehmers René Benko.
Erstmals bestätigte der Sprecher im Mai frühere Medienberichte, wonach die Ihag Benko 30 Millionen Euro geliehen hat. «Diese Summe ist korrekt.» Ein Teil – nämlich rund 12 Millionen Euro – sei durch Aktien kotierter Unternehmen abgesichert worden. Diese konnte die Ihag verkaufen und somit die Forderung von 30 Millionen Euro zumindest teilweise decken.
Die Bank gab die Hoffnung auf, die restlichen 18 Millionen Euro oder eben 16,98 Millionen Franken je wieder zu sehen – darum die Rückstellung in ihren Büchern, die zum Jahresverlust führte. Dazu hiess es im Geschäftsbericht, die Bank habe die Kreditforderung «als gefährdet und potenziell von den vorhandenen Sicherheiten nicht mehr gedeckt eingestuft». Darum habe sie vorsichtshalber vollständig wertberichtigt werden müssen.
Kredit an Signa war ein grosses Klumpenrisiko
Bemerkenswert ist das Klumpenrisiko, das die Ihag mit ihrem Kredit an Benko eingegangen ist. Per Ende 2022 wies sie Eigenmittel von 132 Millionen Franken aus. Wenn man den Kredit in Franken umrechnet, machte er 21,4 Prozent der Eigenmittel aus.
Gemäss den Eigenmittelvorschriften der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma liegt dann ein Klumpenrisiko vor, wenn ein einzelner Kredit 10 Prozent der Eigenmittel übersteigt. Als «maximale Obergrenze» für ein Klumpenrisiko hat sie 25 Prozent der Eigenmittel festgelegt. Diese Limite hatte die Ihag mit ihrem Kredit an Benko fast ausgeschöpft. Unter anderem infolge der Rückstellung waren die Eigenmittel per Ende 2023 auf nur noch 106 Millionen Franken gesunken.
In ihrer Mitteilung von gestern schreibt die Bank Vontobel, die Kunden könnten einen nahtlosen Übergang erwarten. Gemäss der Ihag soll die Übertragung der Kundenvermögen an Vontobel bis Anfang 2025 weitgehend abgeschlossen sein.
Von den 76 Mitarbeitenden verliert ein guter Teil seine Stelle. «In diesem Prozess werden leider Stellen verloren gehen», teilte die Ihag mit. Nach ihren Angaben müssen sich rund 20 bis 25 Beschäftigte eine neue Stelle suchen, zudem kommt es zu einer nicht genannten Zahl von Frühpensionierungen. Eine ebenfalls nicht genannte Zahl von Angestellten werde von Vontobel übernommen. Es sei ein Konsultationsverfahren geplant. Die Ihag werde einen Sozialplan ausarbeiten. Für die drei Lernenden sei eine Lösung in Arbeit.
Die Bank war 1949 vom Industriellen Emil Georg Bührle als Industrie- und Handelsbank AG gegründet worden. Sie ist zu 80 Prozent im Besitz seines Enkels Gratian Anda und zu 20 Prozent im Besitz seiner Cousine Carol Franz-Bührle.
Korrektur von 11.27 Uhr: In einer ersten Version hiess es, die rund 75 Mitarbeitenden müssten sich eine neue Stelle suchen. Die Bank, die vorher zur Zahl der betroffenen Mitarbeitenden nichts mitgeteilt hatte, reichte die Information nach, dass von den aktuell 76 Mitarbeitenden rund 20 bis 25 entlassen würden und dass es zu Frühpensionierungen kommen werde.
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