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Mikaela Shiffrin an den Olympischen Spielen in Peking
«Ich fühle mich wie eine Witzfigur»

Erklärungen hat Mikaela Shiffrin keine mehr: «Ich habe die Kraft verloren, mich zu ärgern und traurig zu sein.»
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Sie redet und redet, aus der Antwort wird ein mehrminütiger Monolog. Es wirkt, als brauche sie das gerade. Als wäre dieses Interview der erste Teil im Verarbeitungsprozess.

Mikaela Shiffrin steht da im Zielraum nach diesem Kombinationsslalom, und sie sagt zum österreichischen TV-Moderator: «Ich verstehe es nicht. Ich verstehe es wirklich nicht. Ich fühle mich wie eine Witzfigur.» Kurz stoppt sie, überlegt, und sagt: «Ich habe eigentlich keine Erklärungen mehr. Und ich habe die Kraft verloren, mich zu ärgern und traurig zu sein.»

Eben hat Shiffrin das fünfte Olympiarennen hinter sich gebracht, zum fünften Mal steht sie mit leeren Händen da. Die Ränge 9 im Super-G und 18 in der Abfahrt waren halbwegs verschmerzbar. Die Auftritte im Riesenslalom, Slalom und im Kombinationsslalom hingegen sind es nicht, addiert 26 Sekunden hielt sie sich in diesen drei Wettbewerben im Kurs, jeweils vor der ersten Zwischenzeit schied sie aus.

Allenthalben herrscht Fassungslosigkeit, es hat sich ereignet, was keiner für möglich gehalten hatte. Die 26-jährige Amerikanerin, die mit 17 angefangen hat zu siegen und nun bei 73 Erfolgen im Weltcup angelangt ist, die an den vergangenen sieben Grossanlässen immer mindestens einmal Gold geholt hat, genau sie ist die tragische Figur dieser Winterspiele.

«Sie ist komplett verunsichert»

Shiffrin zeigte eine starke Kombinationsabfahrt, sie lag vor Michelle Gisin und Wendy Holdener, schlagen konnte sie sich fast nur noch selber. Genau dazu ist es gekommen, wenngleich mit Mike Day ihr Trainer den Kurs ganz nach ihrem Geschmack setzen durfte.

Bald schon aber verlor sie die Balance, ihre weit aufgerissenen Augen verdeutlichten den Schockzustand, in den sie geriet. Die Fernsehexperten staunten gleichfalls, ARD-Co-Kommentator Felix Neureuther meinte: «Man sieht, dass sie komplett verunsichert ist und gar nicht mehr weiss, wie sie ins Ziel kommen will. Als Slalomfahrerin ist das der Worst Case.»

Ihr Blick sagt alles: Wieder ein Ausfall, zum zweiten Mal in ihrer Paradedisziplin.

Shiffrin selbst wiederum sagt, sie habe eigentlich ein gutes Gefühl gehabt gleich nach dem Start. «Ich weiss nicht, wie das passieren konnte. Eigentlich weiss ich gar nichts mehr.» Sarkastisch fügt sie an: «Wahrscheinlich wäre es das Beste, wenn ich meine Karriere sofort beenden würde.»

Fünf Goldmedaillen waren Shiffrin vor der Reise nach China von diesem und jenem zugetraut worden. Natürlich war das übertrieben, derart dominant wie noch vor zwei, drei Jahren ist sie längst nicht mehr. Aber Shiffrin bleibt Shiffrin, technisch ist sie wohl die Beste in der Geschichte, als Mozart des Skisports ist sie aufgrund ihrer Genialität schon bezeichnet worden. Getrimmt ist sie seit ihrer Kindheit auf Perfektion, und diese hat sie ausgelebt in den letzten Jahren: Im Riesenslalom war sie zuvor letztmals im Januar 2018 gestrauchelt, im Slalom beträgt ihre Ausfallquote lediglich 7 Prozent. Es ist ein Wert, der seinesgleichen sucht.

Der tragische Unfalltod ihres Vaters

Wie also hat es zum Fiasko in Peking kommen können?

Nun, die einstige Dauersiegerin ist verletzlicher geworden. Sie fährt nicht mehr derart unwiderstehlich wie früher, sie ist dadurch nahbarer geworden, menschlicher auch. Der tragische Unfalltod ihres Vaters vor gut zwei Jahren hat vieles verändert im Leben des Ski-Superstars; der Papa war ihr Fels in der Brandung, der Seelenverwandte. Letzte Woche noch sagte Shiffrin, sie sei wütend auf ihn, «weil ich ihn genau jetzt brauchen würde. Ich möchte nichts anderes, als mit ihm reden.»

Umso wichtiger ist nun der norwegische Spitzenfahrer Aleksander Kilde, seit Jahresfrist Shiffrins Lebenspartner. Mehrmals hat er sich zuletzt mittels emotionaler Botschaften und Liebeserklärungen in den sozialen Medien an seine Freundin gewandt, zudem die Medien kritisiert für deren deplatzierte Berichterstattung.

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US-TV-Gigant hält schonungslos drauf

Ein Beitrag des US-TV-Giganten NBC war in der Tat verstörend, über 20 Minuten lang war die enttäuschte Shiffrin nach dem Aus im Olympiaslalom zu sehen, wie sie mit gesenktem Kopf im Schnee sitzt, wie sie leidet, das Rennen hingegen wurde ignoriert. Der Sender rechtfertigte das Vorgehen mit dem vorherrschenden öffentlichen Interesse.

Shiffrin sagte vergangene Woche, sie leide unter Albträumen, sehe sich darin immer wieder stürzen. Sie durchlebt gewiss die sportlich schwierigste Zeit in ihrer Karriere. Und so meint sie nach der Kombination noch: «Ich muss alles hinterfragen. Alles!» Klein bei gibt sie aber nicht, Shiffrin wird mit dem US-Team am Samstag auch den Teamwettbewerb bestreiten. «Weil ich dumm genug bin», fügte sie nur an.

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Besprechung nach dem Out: Nach Mikaela Shiffrin fiel auch Priska Nufer beim Kombi-Slalom aus.
Faire Verliererin: Shiffrin gratuliert Michelle Gisin.
Gratulationen gehen auch an Wendy Holdener, welche die angestrebte Goldmedaille zwar ebenfalls verpasst, aber doch Silber gewonnen hat.

Einige Stunden nach ihrem Ausscheiden meldete sich Shiffrin auf Instagram zu Wort. Zuerst einmal teilte sie Auszüge von Nachrichten, die sie während dieser Spiele bekommen hatte, mit verstörendem Inhalt. Die beste Skifahrerin der Gegenwart und vielleicht der Geschichte, wird in den Sozialen Medien übelst beschimpft, «Narzisstin», steht da, «eine Schande», «dumme Blondine», sind noch harmlose Ausdrücke. Jemand schreibt auch: «Endlich kriegst du, was du verdienst.»

Dann, im letzten Slide der Instagram-Story, wendet sich Shiffrin selbst an ihre Follower. Es werde immer solche Leute, sie nennt sie Truthähne, geben. Ihre Antwort: «Steh immer wieder auf. Steh auf, weil du es kannst, weil du magst, was du tust, wenn es nicht von Leuten befallen ist, die dich offensichtlichen hassen.» Scheitern sei nicht das Ende der Welt und die ersten neun Tore hätten sich himmlisch angefühlt, schreibt sie, «das ist, wo ich hingehöre und ich bin verdammt stur».

Und am Ende der Nachricht schreibt sie, man solle ihre Teamkollegen und -kolleginnen Tommy Ford, Paula Moltzan, River Radamus, Luke Winters, AJ Hurt im Teamevent im Auge behalten. Und sie selbst. «Ausser ihr gehört zu den Hassern, dann ignoriert mich - aber behaltet sie im Auge.»

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