Windows statt AndroidHuaweis Plan B
Nachdem die USA Huawei den Zugang zu Android abgeschnitten haben, setzt der chinesische Konzern nun auf Bürocomputer und vor allem auf Windows. Darf er das?
Der 15. Mai 2019 war ein schwarzer Tag für Huawei. Die US-Regierung setzte den aufstrebenden chinesischen Telecomkonzern auf eine schwarze Liste. In der Folge wurde US-Firmen verboten, mit Huawei Geschäfte zu machen. Besonders einschneidend: Google durfte das Handy-Betriebssystem Android und seine Google-Dienste nicht mehr zur Verfügung stellen. Postwendend brach das Smartphone-Geschäft von Huawei in der westlichen Welt in sich zusammen.
Nun, über zwei Jahre später, sitze ich in Berlin an einer Huawei-Präsentation. Die Firma stellt neue Laptops, Monitore und Drucker vor. Sogar eine Microsoft-Managerin kommt auf die Bühne und schwärmt von Windows 11.
Windows statt Android
Huawei hat offensichtlich einen Plan B fürs Konsumentengeschäft gefunden. Da das PC-Geschäft (früher ein Nebenschauplatz) von den USA nicht ausgebremst wird, konzentriert sich die Firma nun darauf.
Aber wie ist das möglich und darf Huawei das?
Des Rätsels Lösung finden wir im Archiv. Am 20. November 2019 hat die US-Regierung Microsoft eine Lizenz erteilt, um Software an Huawei zu liefern.
Rund 300 solcher Lizenzen seien beantragt worden. Nur ein Viertel sei erteilt worden, berichtete Reuters. Microsoft gehörte zu den Glücklichen. Google offensichtlich nicht. Bis heute gibt es keine neuen Huawei-Smartphones mit Googles Android.
Anders als Android darf Huawei aber Windows sehr wohl verwenden. Und darauf setzt die Firma auch. Aktuell findet man auf der Schweizer Website fünf unterschiedliche Laptop-Modelle. Dazu gibt es Monitore, Mäuse, Tastaturen und sogar Drucker.
Um ein Gefühl für die Laptops von Huawei zu bekommen, habe ich mir das neuste (und in der Schweiz vorerst nicht erhältliche) Modell, das Matebook 16s, für umgerechnet 1700 Franken ausgeborgt. Besonders beeindruckt haben Design und Bauweise. Der Laptop braucht sich nicht vor einem deutlich teureren Macbook Pro zu verstecken. Touchpad, Tastatur und Haptik sind durchs Band sehr gut. Auch gefällt der grosse 16-Zoll-Bildschirm.
Weniger gefallen hat der leistungshungrige Prozessor, der dem grossen Akku merklich zusetzt. Für Windows-Verhältnisse ist die Ausdauer aber völlig in Ordnung. Wenn man sich jedoch die neusten Apple-Prozessoren gewohnt ist, ist man gut beraten, das Ladekabel nicht zu Hause zu lassen.
Apropos Apple: Huawei sieht seine grösste Stärke in der Vernetzung der eigenen Geräte. Der Test-Laptop verbindet sich etwa automatisch mit den neusten Huawei-Kopfhörern, den Freebuds Pro 2 (200 Franken), wenn man deren Box aufklappt. Und ähnlich wie Apple mit Airdrop hat auch Huawei ein System, um Dateien leicht zwischen den verschiedenen Geräten hin und her zu schicken.
Ein Vielerlei an Geräten
Da Huawei eben auch Uhren, Tablets und Kopfhörer baut, kann die Firma, was viele PC-Hersteller nicht können: ähnlich wie Apple ein Ökosystem an aufeinander abgestimmten und perfekt harmonierenden Geräten anbieten.
Anders als Apple fehlt Huawei aber derzeit das wichtigste Puzzleteil: ein rundum empfehlenswertes Smartphone. Die aktuellen Geräte werden mit dem eigenen Betriebssystem und dem eigenen App Store zwar laufend besser. Aber ohne Zugang zu den Google-Diensten sind die Geräte hierzulande weiterhin nur Technikfans zu empfehlen, die genau wissen, was sie tun und können.
Und so wird Huaweis Plan B, wenn sie nun wirklich Gas geben im PC-Sektor, vor allem den Acers, Asus, Lenovos, HPs und Dells wehtun. Denn die etablierten Laptophersteller werden nun lernen, was Samsung im Smartphone-Geschäft auch hat lernen müssen: Huawei und dessen Ambitionen sollte man nie unterschätzen.
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