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Fünf optimistische Trends
Ein wichtiges Jahr für die Umwelt

Erneuerbare Energie wird gemäss internationaler Energieagentur weltweit die fossilen Quellen überflügeln: Windanlage beim Nufenenpass.  
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Die CO₂-Konzentration ist auch im letzten Jahr angestiegen, und damit hat sich auch die Erdoberfläche weiter erwärmt. Es gab zahlreiche schlechte Nachrichten über den Zustand der Erde im Jahr 2020. Sie wurden nur weniger wahrgenommen in der Corona-Krise. Aber es gibt auch positive Signale, die im neuen Jahr optimistisch stimmen – wenn der Mensch schnell und konsequent darauf reagiert.

Grüner Wirtschaftsaufschwung

Das Forschungsteam des «Global Carbon Project» rechnet 2020 mit einer globalen CO₂-Reduktion von 7 Prozent – dank dem weltweiten Lockdown der Wirtschaft und des Flugverkehrs durch die Corona-Pandemie. Die Forscher gehören zu den «Überwachern» der globalen und nationalen Treibhausgasemissionen. Das sei eine «einzigartige Gelegenheit im Klimaschutz», schreiben sie in ihrem Bericht. Sie sehen eine grosse Chance in der diesjährigen abrupten Senkung der globalen CO₂-Emissionen aus der Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas. Das ist zwar der grösste Schnitt seit dem Zweiten Weltkrieg, aber für den Klimaschutz nur eine Episode.

Klimaforscher und Ökonomen sehen trotzdem eine neue Ausgangslage: Die diesjährige unbeabsichtigte Absenkung entspricht etwa der jährlichen Reduktionsquote, die es gemäss Weltklimarat IPCC braucht, um eine durchschnittliche Erderwärmung um mehr als 1,5 Grad zu verhindern – und damit das Klimaziel des Pariser Abkommens zu erfüllen. Die Pläne der Vertragsstaaten für den wirtschaftlichen Wiederaufschwung müssten sich nun an dieser Quote orientieren. Das heisst: Die Impulsprogramme der Staaten müssen an Klima- und Umweltschutz-Auflagen gebunden sein. Auch führende Ökonomen wie Joseph Stiglitz und Nicolas Stern sehen in einem «grünen Aufschwungprogramm» nicht nur Vorteile für den Klimaschutz, sondern auch für die globale Wirtschaft.

Die Chance, einen weiteren grossen Schritt in das postfossile Zeitalter zu nehmen, ist aber bis dato noch nicht gepackt worden: Der grösste Teil der rund 13 Billionen Dollar im Aufschwungprogramm ist gemäss dem «Greenness of Stimulus Index» nicht an Klima- oder Umweltstandards gebunden. Positiv schneiden nur der «Green Deal» der EU ab, die Programme von Kanada, Grossbritannien oder Südkorea. In den geplanten Investitionen der grössten CO₂-Produzenten China, Indien und USA hingegen ist kein Klimaeffekt erkennbar, im Gegenteil.

Die Schweiz hat bisher kein Impulsprogramm für eine klimafreundliche Wirtschaft vorgelegt. Die Finanzkommission des Ständerats hat in diesem Zusammenhang eine Petition von Greenpeace abgelehnt. Sie ist der Meinung, dass im kürzlich verabschiedeten CO₂-Gesetz verschiedene Förderinstrumente für eine klimafreundliche Wirtschaft geschaffen wurden.

Kohle wird zur Auslaufenergie

Die Nachfrage nach Energie wird mit dem erwarteten wirtschaftlichen Aufschwung nach der Corona-Krise wieder massiv ansteigen. China allein wird in den nächsten Jahren gemäss der Internationalen Energieagentur (IEA) für 40 Prozent der Energienachfrage verantwortlich sein.

Die sonst sehr konservativ rechnende Energieagentur schätzt in ihren Szenarien, dass Sonnenenergie die fossilen Energiequellen, namentlich Kohle überflügeln wird. Sie könnte nach 2022 jedes Jahr neue Kapazitätsrekorde erreichen. Schon in fünf Jahren würden Erneuerbare weltweit die grösste Energiequelle für elektrischen Strom sein. Der Löwenanteil trägt dabei die Wasserkraft, gefolgt von Wind- und Solarenergie. Die IEA kommt unter anderem zu diesem Schluss, weil Fotovoltaik bereits heute in vielen Staaten (USA, EU, China und Indien) billiger ist als Strom aus Kohle- und Gaskraftwerken.

Auch die Agentur für erneuerbare Energie (Irena) sieht positive Signale: Die Investitionen in erneuerbare Energie betrug zwischen 2013 und 2018 etwa 1,8 Billionen Dollar. Sie relativiert aber auch: Es brauche eine Verdreifachung in erneuerbare Energietechnologien, sprich rund 800 Milliarden jährlich, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.

Die Nachfrage nach Kohle ist aber nach wie vor gross. Während sie im Westen deutlich zurückgeht, und in der EU und in den USA unter dem neuen Präsidenten Ausstiegspläne vorhanden sind, plant China weiterhin mit neuen Kohlekraftwerken im eigenen Land und im Ausland. Das Centre for Research on Energy and Clean Air spricht sogar in seinem Bericht zum «Global Energy Monitoring» von einem neuen Kohle-Boom in China.

In der Schweiz soll die Elektrifizierung der gesamten Energieversorgung mit der Energiestrategie 2050 vorangetrieben werden. Das Bundesamt für Energie hat in einem neuen Bericht das kostengünstigste Szenario aufgezeigt, um die Emissionen der Treibhausgase in den nächsten 30 Jahren ohne Kernkraft praktisch auf null zu senken. Was die erneuerbare Energie anbelangt, hiesse das: Der Ausbau der Fotovoltaik muss langfristig auf bis zu 1,5 Gigawatt (GW) Leistung pro Jahr (aktuell rund 0,3 GW pro Jahr) ansteigen.

Boom der Elektroautos

Ohne elektrisch angetriebene Fahrzeuge sind die Ziele des Pariser Klimaabkommens nicht erreichbar. Die Autoindustrie hat die Elektrofahrzeuge in den letzten Jahren weiterentwickelt. Eine Batterie-Ladung reicht heute im Durchschnitt für eine Fahrstrecke von 200 bis 300 Kilometern; eine Reichweite von 400 Kilometern wird wohl bald Standard sein.

2019 wurden weltweit 2,1 Millionen Elektrofahrzeuge verkauft. Das ist gemäss Internationaler Energieagentur (IEA) ein Zuwachs von 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 90 Prozent der verkauften Fahrzeuge fahren in China, Europa und den USA.

Noch beträgt der Anteil der Elektroautos am weltweiten Autopark aber nur 1 Prozent. Doch die Autoindustrie scheint nun immer mehr auf elektrisch zu setzen. In Europa zwingen strengere Vorgaben für den CO₂-Ausstoss die Ingenieure dazu, allmählich vom Verbrennungsmotor Abschied zu nehmen.

Die Kosten für die Produktion der Batterien werden weiter sinken. Experten sagen einen Boom voraus. Analysten der Schweizer Investmentbank UBS gehen davon aus, dass schon in wenigen Jahren ein Elektroauto nicht mehr teurer sein wird als ein Diesel oder Benziner. Sie rechnen damit, dass bereits 2030 weltweit 40 Prozent der verkauften Autos elektrisch sein werden.

Der Trend zu mehr Elektrofahrzeugen hängt allerdings auch von der Infrastruktur ab. So zeigt das Kundenbarometer Erneuerbare Energie der Universität St. Gallen, dass mehr als 80 Prozent der Befragten in der Schweiz kein Elektroauto kaufen wollen, weil noch kein dichtes Ladenetz vorhanden ist. In der Schweiz sind derzeit rund 2500 öffentliche Ladestationen vorhanden; zählt man die Privaten dazu, so gibt es insgesamt 7000 Ladeanschlüsse. Damit verfügt die Schweiz im internationalen Vergleich bereits über eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur. Die Roadmap-Elektromobilität 2022 hat zum Ziel, den Anteil an Elektrofahrzeugen (reine Elektroautos und Plug-in-Hybride) bei den Neuwagen bis 2022 auf 15 Prozent zu erhöhen. Im letzten Jahr war bereits jedes achte verkaufte Modell ein aufladbares, also ein rein elektrisches Fahrzeug oder ein Plug-in-Hybrid; im Vorjahr war es erst jedes zwanzigste.

Ausstieg aus dem fossilen Geschäft

Die Zahl der Institutionen und Unternehmen, die aus dem Geschäft mit fossiler Energie aussteigen, wird immer grösser. Die Kampagne «Fossil Free» zählt inzwischen über 1300 Institutionen, die diesen Schritt gemacht haben. Die Institutionen verwalten ein Vermögen vom mehr als 14 Billionen Dollar. Bekannte Namen sind die Norwegische Pensionskasse oder der Rockefeller Brothers Fund.

Analysten gehen davon aus, dass jene Unternehmen, die in Zukunft nicht in nachhaltige Produkte investieren, ein grosses Risiko eingehen werden. Die Nachfrage nach Investitionen in Nachhaltigkeitsanlagen steigt massiv. Allerdings, so zeigt eine Umfrage des weltweit grössten Vermögensverwalters Blackrock, bestehen nach wie vor Bedenken: Es fehlen bei den Anlagen internationale anerkannte Qualitätsstandards für Nachhaltigkeit.

Auch Versicherungen entscheiden sich immer mehr dazu, aus dem fossilen Geschäft auszusteigen. Die Organisation Insure Our Future, ein Zusammenschluss verschiedener NGOs, analysiert seit einigen Jahren die Entwicklung der Versicherungen. In ihrem neusten Bericht sind fünf europäische Versicherungen als vorbildlich eingestuft. Darunter die Schweizer Swiss Re und Zürich. Versicherungen in den USA und in Asien sind bisher noch zurückhaltend, zum Beispiel aus dem Kohle-Geschäft auszusteigen.

In der Schweiz hat das Bundesamt für Umwelt (Bafu) zusammen mit dem Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) zum zweiten Mal ein Klimaverträglichkeitstest durchgeführt. Das Ergebnis: Schweizer Banken, Versicherer und Pensionskassen tun mehr als früher, aber bei weitem noch nicht genug, um mit ihrer Anlage- und Kreditpolitik die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen.

Politischer Druck steigt

Die junge Generation hat mit der Kampagne Fridays For Future weltweit mit Protestaktionen den Klimaschutz in den Fokus der Öffentlichkeit gebracht. Die grüne Politik ist zumindest in Europa im Aufschwung. Das Pariser Abkommen hat dazu geführt, dass die Vertragsstaaten nun nationale Klimaprogramme vorweisen und kurz- und langfristige Ziele setzen müssen. Noch ist das allerdings nur auf dem Papier, die Staaten müssen nun zeigen, dass es ihnen Ernst ist. Eine Analyse eines internationalen Konsortiums zeigt: Würde man mit den heutigen Klimaschutzmassnahmen bis 2030 weitermachen wie bisher, würde sich die Erde bis Ende des Jahrhunderts um knapp 3 Grad erwärmen. Rechnet man die Versprechungen und Klimaziele der einzelnen Staaten bis 2030 dazu, dann käme man auf etwa 2,6 Grad.