Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

St. Galler Firma schafft Abhilfe
Hörbehinderte freuen sich über transparente Masken aus der Schweiz

Ermöglicht Lippenlesen: Claude Rieser, Geschäftsführer der Firma Flawa.

Es gibt eine Gruppe in der Gesellschaft, die wünscht sich noch viel mehr alle anderen, dass bald keine Maskenpflicht mehr nötig ist: Hörbehinderte sind zur Kommunikation darauf angewiesen, die Lippen des Gegenübers zu sehen. Rund 600’000 leben laut dem Schweizerischen Hörbehindertenverband Sonos hierzulande mit Hörproblemen. Nochmals etwa gleich viele haben Hörprobleme, gelten aber nicht als hörbehindert.

Für sie gibt es jetzt eine gute Nachricht aus dem sankt-gallischen Flawil: Die Firma Flawa stellt dort ab sofort pro Woche 30’000 medizinische Masken vom Typ II mit transparentem Fenster her. Durch dieses sind die Lippen sichtbar und die Umgebung ist trotzdem vor Tröpfchen geschützt. Der Anstoss für diese Produktion kam von einer Reihe von Hörbehinderten-Verbänden, darunter Sonos.

«Dass jetzt im Inland solche Masken produziert werden, ist für alle hörbehinderten Menschen in der Schweiz eine riesige Erleichterung», freut sich Eva Graf vom Pädagogischen Zentrum für Hören und Sprache (HSM) im bernischen Münchenbuchsee; sie ist Vorstandsmitglied von Sonos. Im HSM gehen total 220 Kinder zur Schule; der ambulante Dienst des Zentrums betreut knapp 600 Kinder in Regelschulklassen. «Für unsere Mitarbeitenden habe ich jetzt schon 2000 solche transparenten Masken vorbestellt», sagt Graf.

«Unser Wunsch ist es, dass alle mit kommunikativen Aufgaben solche Masken tragen. Egal ob es sich um Supermarktverkäufer, Kondukteurinnen, Altenpfleger oder Lehrerinnen handelt.»

Eva Graf, Vorstandmitglied des Schweizerischen Hörbehindertenverbands Sonos

Zwar benutzen die Lehrer und Betreuer am HSM schon seit Monaten transparente Masken, die auf dem Weltmarkt zusammengekratzt wurden. «Aber keines der Produkte, sei es aus den USA, Südkorea, Bulgarien oder China, ist nach Schweizer Standards zertifiziert», sagt Graf. Die Flawa-Maske dagegen ist auf die Standards des Bundesamts für Gesundheit (BAG) hin geprüft. Hinzu komme, dass es bei den Masken aus dem Ausland oft zu Lieferschwierigkeiten gekommen sei. Und dann waren sie mangels geordneter Importstrukturen auch noch deutlich teurer als jene, die neu bei der Firma Flawa vom Band laufen.

Deren Geschäftsführer Claude Rieser hatte bisher das gegenteilige Problem: Die verschiedenen Maskentypen, die er seit einem Jahr produziert, sind viel teurer als die Billigkonkurrenz aus Asien. «Der Absatz in den letzten Monaten ist unbefriedigend.» Dass er jetzt eine der Produktionslinien für transparente Masken zur Verfügung stellt, ist für den Unternehmer auch eine Möglichkeit, seine Kapazitäten besser auszulasten.

Das Fenster wird noch von Hand eingeschweisst.

Zu kaufen gibt es die transparenten Masken vorerst nur im Onlineshop von Flawa. Eine Schachtel à 25 Stück kostet nicht ganz 40 Franken, also knapp 1.60 Franken pro Maske. Das ist einiges mehr, als Masken ohne Fenster kosten. Der Grund ist, dass der Aufwand deutlich höher ist: Das Sichtfenster wird von der Flawa-Belegschaft vorerst noch manuell angeschweisst, weil das entsprechende Modul für die Maschine vom zuständigen Partner noch nicht geliefert wurde.

Sobald dieses angekommen ist, will Rieser bis zu 100’000 Masken pro Woche produzieren. «Dann wollen wir die Masken auch exportieren», sagt er. «Schliesslich haben Abermillionen Hörbehinderte in anderen Ländern genau die gleichen Probleme.»

Sonos-Gesuch liegt beim BAG

Weil Rieser trotzdem ein unternehmerisches Risiko eingeht, das im schlimmsten Fall ein tiefes Loch in die Kasse reissen kann, hat der Verband Sonos ihm die Abnahme von mindestens einer Million Masken garantiert. Aktuell behandelt das BAG wiederum ein Gesuch von Sonos, sich im Falle eines Verlusts des Verbands an diesem zu beteiligen.

Das grösste Problem für Hörbehinderte wird allerdings weder durch diese finanziellen Fragen noch durch die Verfügbarkeit transparenter Masken gelöst: Nicht sie selbst müssen die Masken tragen, sondern die Menschen, mit denen sie kommunizieren. «Unser Wunsch ist es, dass alle mit kommunikativen Aufgaben solche Masken tragen», sagt Eva Graf. «Egal ob es sich um Supermarktverkäufer, Kondukteurinnen, Altenpfleger oder Lehrerinnen handelt.»

Von einigen sensibilisierten Unternehmen habe sie schon positive Zeichen erhalten. «Aber da muss noch viel passieren. Sonst dauert die Diskriminierung, die Hörbehinderte seit Beginn dieser Pandemie erfahren, noch viel länger an.»