Wandern im Solothurner Jura Hier spazierten einst Dinos herum
Eine Wanderung in die Urzeit: Vor Jahrmillionen trampelten Dinosaurier durch die Gegend um das heutige Lommiswil SO. Ihre Trittspuren sind heute noch zu sehen.

Bis zu 25 Meter lang und an die 15 Meter hoch: Riesig waren sie, die langhalsigen Brachiosaurier, die einst ein paar Kilometer nördlich von Solothurn an den Ufern von Gezeitentümpeln herumzogen. Zum Vergleich: Der Afrikanische Elefant, das grösste heute lebende Landtier, bringt es auf schon fast bescheidene 7 Meter in der Länge und knapp 4 Meter in der Höhe. Ebenso unvorstellbar wie die gigantischen Ausmasse der Urzeittiere ist die Zeit, die seit ihrem Vorkommen vergangen ist. 145 Millionen Jahre ist es her, seit die Riesen hier gelebt haben. Sie sind längst verschwunden, geblieben sind an wenigen Orten nur ihre Spuren.

Zu den weltweit Bedeutendsten ihrer Art gehören jene beim Steinbruch von Lommiswil am Jurasüdfuss. Wir beginnen unsere Wanderung dorthin beim Bahnhof Oberdorf, wo sich auch die Talstation der Gondelbahn auf den Weissenstein befindet. Der Fussmarsch zum Steinbruch dauert von hier aus keine 30 Minuten, grad lang genug, um die Gedanken ein wenig abschweifen zu lassen. Wie wäre es, wenn es im dichten Wald plötzlich rascheln und rumpeln und ein Saurier vor uns stehen würde? Würde er uns gar nicht beachten? Schliesslich handelte es sich bei der hier vorkommenden Art um Pflanzenfresser. Würde er uns, quasi en passant, einfach zertrampeln?
Bevor die Vorstellungen zu beängstigend werden, ist auch schon das erste Ziel des Tages erreicht, eine steil in die Höhe ragende Kalksteinplatte, grösser als ein Fussballfeld, mit über 300 Trittspuren von Sauriern.
Als der Jura noch eine flache Lagunenlandschaft war

Dass diese Fussabdrücke heute noch sichtbar sind – am besten bei schrägem Lichteinfall, also am frühen Vormittag oder am späten Nachmittag –, hängt mit mehreren Faktoren zusammen: Wo heute der Steinbruch liegt, dehnte sich einst eine flache Lagunenlandschaft aus. Bei tropischen Temperaturen stapften hier Saurier durch die Tümpel und den Schlamm. Über ihre Abdrücke legten sich mit der Zeit Algenschichten und weitere Ablagerungen, der dadurch entstehende Druck liess den Schlamm versteinern. Viele Millionen Jahre später wurde die Platte durch die Faltung des Juragebirges in die Höhe gehoben – und erst im vergangenen Jahrhundert kamen die Trittsiegel beim Abbau des Kalksteins schliesslich wieder zum Vorschein.

Leider darf die Platte selber wegen Steinschlaggefahr nicht betreten werden, die Abdrücke – die grössten haben einen stattlichen Durchmesser von 120 Zentimetern – können nur von einer Holzplattform aus betrachtet werden. Ein eindrücklicher Anblick, aber für ganz junge Saurierfans möglicherweise ein klein wenig enttäuschend. Wer den Spuren ganz nah kommen will, tut dies am besten nach der Wanderung im nahen Solothurn, im dortigen Naturmuseum gibt es unter anderem einen Abguss eines Dinoabdrucks, in den sich Kinder setzen können.

Wer dies gleich nach der Besichtigung der Kalksteinwand tun möchte, kann von dieser ein paar Minuten weiter den bewaldeten Hang entlang spazieren, dann zur Bahnstation Im Holz hinabsteigen und mit dem Zug zum Ausgangspunkt in Oberdorf zurückfahren.
Wir hingegen nutzen das gute Herbstwetter und steigen hoch zu den Aussichtspunkten Hasenmatt und Weissenstein. Der Aufstieg selber führt zwar vorbei am einen oder anderen schönen Berggasthof, ist aber über weite Strecken nicht grad ein Wanderknüller: Auf breitem Forstweg geht es schon fast monoton gleichmässig hoch, und bis fast ganz zuoberst steht der Wald einer schönen Aussicht im Weg.

Ganz anders präsentiert sich die Situation nach einem ebenso kurzen wie steilen Zickzackpfad auf der Hasenmatt, mit 1445 Metern das Dach der Wanderung und zugleich auch der höchste Punkt des Kantons Solothurn: Am Himmel drehen bunte Gleitschirme ihre Kreise. Im Westen zeigen sich der Bieler-, der Neuenburger- und der Murtensee. Gleich daneben ist die Antenne des Chasseral zu erkennen. Südwärts weitet sich das Mittelland und markiert die Alpenkette den Horizont. Und im Norden blickt man über die Hügel des Solothurner Juras.


Kein Wunder, ist man hier oben nur selten ganz allein: An Wochenenden lockt die famose Rundsicht Scharen von Ausflüglern an, und werktags trifft man beim Gipfelkreuz gerne auf Scharen picknickender Kinder – die Hasenmatt ist ein beliebtes Schulreise-Ziel.

Von der Hasenmatt geht es auf dem nationalen Jura-Höhenweg 5 zunächst auf einem Gratpfad und später auf breitem Schottersträsschen in knapp eineinhalb Stunden zum Weissenstein, den Solothurner Hausberg.
Ein «Durchblick in die Urzeit»
Doch kurz bevor man dort das Kurhaus samt Aussichtsterrasse, Juragarten und Bergstation der Gondelbahn erreicht, lohnt sich ein erneuter Abstecher in die Vergangenheit: Ging es 700 Höhenmeter weiter unten beim Start der Wanderung um Dinospuren, richtet hier ein leerer Fensterrahmen namens «Durchblick in die Urzeit» das Augenmerk auf eine geologische Besonderheit: Der Jurakalk ist hier ähnlich einem Emmentaler Käse voller Löcher, die durch versickerndes, leicht saures Regenwasser entstanden und miteinander verbunden sind. An der Oberfläche sind solche Löcher als Dolinen zu erkennen, als trichter- oder schüsselförmige Senken, die wie Perlenketten in der Landschaft liegen.

Vom Weissenstein gelangt man auf teilweise steilem Weg in einer guten Stunde zurück zum Ausgangspunkt in Oberdorf. Oder aber man wählt die knieschonendere Variante, fährt mit der Gondelbahn hinunter und geniesst dabei von der Panoramakabine aus die Aussicht auf Solothurn und Umgebung.

Fehler gefunden?Jetzt melden.