Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen
Meinung

Kims Hexenapotheke
Was den Papst mit Frau Rowling verbindet

ONLINE TEASER
Portrait von Kim de l’Horizon, Autorenbild der neuen Kolumnistinnen.
02.02.2023
(URS JAUDAS/TAGES-ANZEIGER)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Es bräuchte nicht noch ein Textlein über JK Rowlings Irrwege. But it’s just so much fun. 

Wenn sie denn nicht so mächtig wäre. Der Papst und die Harry-Potter-Autorin haben viel gemeinsam. Sie haben viele Followers: Dem Papst folgen 1,4 Milliarden Gläubige, Rowling folgen 14,2 Millionen auf X, und sie hat 600 Millionen Bücher verkauft. Beide haben viel Geld unter ihren Klauen; der Papst besitzt zwar nicht, aber verfügt über 300 Millionen Dollar pro Jahr – Rowlings Goldkammer wird auf 1 Milliarde beziffert. Und sie verbreiten beide Müll über trans Menschen und verkaufen ihre Abwertung als «Wahrheit». Bei beiden, glaube ich, geht es nicht um die Minderheit, sondern um ihre Vormachtstellung. Ein paar Fakten, um meine These zu stützen:

Kürzlich hat der Papst die lang erwartete Erklärung über die Menschenwürde veröffentlicht, die «Dignitas Eternas». Jeder menschlichen Person komme eine «unendliche Würde» zu. Zu den menschlichen Personen gehören neu schwule und lesbische binäre Identitäten: «Sexuelle Orientierung» solle nicht zu Diskriminierung führen. Yeha! Danke, Papi! Leider gehören jedoch gewisse Menschen nicht zu den menschlichen Personen. Schwangere, beispielsweise. Ihre Würde gehört mehr dem ungeborenen Kind als ihnen selbst, weshalb abtreiben verboten ist.

Ebenso verfügen trans Menschen über eine endliche Menschlichkeit: «Über sich selbst verfügen zu wollen, wie es die Gender-Theorie vorschreibt, bedeutet nicht anderes, als sich selbst zu Gott zu machen und in Konkurrenz zu dem wahren Gott der Liebe zu treten.» Die Gender-Ideologie versuche «den grösstmöglichen Unterschied zwischen Lebewesen zu leugnen: den der Geschlechter». Ich – sorry, muss lachen. In meinen Augen demontiert sich diese Aussage selbst härter, als irgendetwas, das ich dazu sagen könnte. Halten wir aber fest: Personen, die über ihren Körper und ihr Geschlecht frei verfügen wollen, stellen sich über die göttliche Ordnung, verfügen über keine menschliche Würde. Im Umkehrschluss heisst das: Mensch sein = nicht über sich selbst verfügen zu wollen. Grazie, papa.

Rowling und ihre «Wahrheit»

Eine Woche zuvor hatte Schottland ein neues Gesetz in Kraft gesetzt, um Minderheiten, unter anderem trans Menschen, besser zu schützen. Das rief JK Rowling auf den Plan, die schon lange Hass über trans Menschen sät, es aber als «Wahrheit» verkauft: «Es ist kein Hass, die Wahrheit auszusprechen.» Eine gute Timeline über Rowlings Transphobie findet sich auf «Vox online». Ein schöner Höhepunkt war im Jahr 2021, als sie die Verzerrung von Wahrheit aus dem Roman «1984» weitersponn: «War is peace. Freedom is slavery. Ignorance is strength. The penised individual who raped you is a woman.» (Übersetzt: Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Ignoranz ist Stärke, das Individuum mit dem Penis, das dich vergewaltigte, ist eine Frau. Das Kursive ist von Rowling, der Rest des Zitats ist das Original aus dem Roman.) Als Antwort auf das schottische Gesetz hat sie einige zynische Posts über trans Frauen gemacht, in denen sie zuerst von ihnen als Frauen spricht, nur um den Post zu enden mit: «Nur ein Scherz. Die erwähnten Leute sind offensichtlich keine Frauen, sondern Männer, jeder Einzelne von ihnen.» Sie stellt sich also als übergeordnete Ebene: Wie der Papst weiss, was Gott zu queeren Menschen denkt, weiss Rowling die Wahrheit über das Geschlecht anderer Menschen.

Immer wieder bedauert Rowling, von queeren Menschen gecancelt zu werden. I don't know welche Vorstellung sie von canceln hat, aber der letzte Post hat ihr innerhalb zweier Tag 62'000 neue Follower auf X gebracht. Ich dachte immer, Canceln ist, wenn du keine Möglichkeit mehr hast, öffentlich zu sprechen – nicht wenn dir noch mehr Leute zuhören. 

Lustbringend wär nicht nur eine Analyse ihrer Posts, sondern auch eine psychoanalytische Betrachtung des Pseudonyms, das sie für ihre Krimis annimmt: «Robert Galbraith». Gleichnamig mit dem Psychiater, der gewaltvoll Schwule «umtherapiert» hat. Rowling streitet vehement Zusammenhänge zu dem «conversion therapist» ab und sagt, schon als Kind habe sie den Namen haben wollen, wisse aber nicht mehr, wie sie auf ihn gekommen sei. I mean – who is phantasizing about gender freedom? 

Ich unterbreche mich hier mal und schreibe in einem Monat weiter darüber, was die Motive mächtiger Menschen sind, über Minderheiten zu haten. Bis dahin: schöne Frühlingstage!