Konsumtempel vor den Toren LuzernsHarte Zeiten für Shoppingcenter – Krisen-Mall erhält neues Management
Sie ist zu gross, darum bleiben viele Läden leer: Die Mall of Switzerland in Ebikon LU kämpft mit Problemen, die nun eine holländische Firma lösen will.
Die Mall of Switzerland im luzernischen Ebikon erhält eine neue Betreibergesellschaft. Die Firma Multi Corporation wird das flächenmässig zweitgrösste Shoppingcenter der Schweiz ab Juni bewirtschaften, wie sie am Freitag mitgeteilt hat.
Multi, eine international tätige Gesellschaft mit Sitz in Amsterdam, betreibt 80 Standorte in zwölf Ländern mit rund 6000 Geschäften, Restaurants und Freizeiteinrichtungen. Davon soll künftig – als erstes in der Schweiz – auch das Innerschweizer Einkaufszentrum profitieren. Es sollen dank des globalen Netzwerkes neue Geschäfte und Freizeitangebote nach Ebikon geholt werden.
Ein frisches Konzept, das mehr Mieter und Kunden anzieht, ist dringend nötig, denn das 2017 eingeweihte Shoppingcenter gilt als Krisen-Mall. Der Mall of Switzerland wurden bereits bei der Eröffnung wenig Erfolgschancen eingeräumt. Investorin des 450-Millionen-Projekts war der Staatsfonds aus Abu Dhabi.
Zwei Jahre nach dem Start waren nur gut 84 Prozent des 65’000 Quadratmeter grossen Centers vermietet, und bei den Läden habe es immer wieder viele Wechsel gegeben. «Ein grosser Detailhändler hat bisher nur ein Viertel der budgetierten Umsätze erreicht», berichtete die «SonntagsZeitung» damals.
Wenig später kam die Pandemie, ein Grossteil der Kundschaft brach weg und gewöhnte sich gleichzeitig an neue Einkaufsgewohnheiten: das Onlineshopping.
Shoppingcenter müssen sich neu erfinden
Die Einkaufstempel in der ganzen Schweiz litten stark. Von der Shopping-Arena in St. Gallen über das Glattzentrum in Wallisellen, die Welle 7 in Bern bis zum Stücki in Basel: Die Umsätze gingen zurück – im Jahr 2020 teilweise um minus 15 Prozent im Vergleich zum Jahr 2019.
Weil dieser Trend weiterzugehen droht, sind die Shoppingcenter inzwischen gar nicht mehr bereit, ihre Umsätze zu veröffentlichen. «Derjenige vom letzten Jahr war vorläufig der letzte Marktreport mit Umsatzzahlen und Ranglisten», sagt Marcel Stoffel, Geschäftsführer des Netzwerks Swiss Council of Shopping Places.
Er weiss, woher die Probleme rühren: Von der Planung bis zur Realisation vergehen so viele Jahre, dass oftmals die Welt eine andere ist, wenn im fertig gebauten Center die ersten Kunden ein- und ausgehen.
Das heisst: Die Baupläne beruhen auf über zehn Jahre alten Vorstellungen. Bei der Mall of Switzerland kommt hinzu, dass es nicht gelang, das Center auf die in Luzern in grossen Scharen verkehrenden asiatischen und arabischen Touristen auszurichten.
Nicht nur die Ebikoner Mall, sondern viele Einkaufspaläste sind nun stark gefordert. «Diejenigen mit zu vielen freien Flächen müssen Umnutzungen vorsehen», sagt Stoffel. Er kennt Beispiele von Shoppingcentern, wo es statt Läden nun Arztpraxen, Kosmetiksalons, Yoga- und Kochstudios oder sogar Wohnungen gibt.
Was die niederländische Betreiberfirma machen sollte, um die kriselnde Mall in Ebikon in Schwung zu bringen, weiss auch Retail-Experte Stoffel, der früher unter anderen das Glattzentrum geleitet hat, nicht so genau: «Es gibt kein Patentrezept. Jedes Einkaufszentrum muss je nach Standort und Einzugsgebiet seinen eigenen Weg finden.»
Stoffel gibt einzig zu bedenken: «Irgendwann, wenn in den Centern nicht mehr nur Geschäfte, sondern zunehmend auch Fremdnutzungen wie Fitnessstudios, Kinos und Restaurants sind, sind es gar keine Shoppingcenter im ursprünglichen Sinne mehr.»
Migros-Restaurant macht zu
Die Verantwortlichen der Mall of Switzerland geben die Hoffnung nicht auf. Zwar hat dort erst im März mit der Migros eine der bedeutenden Mieterinnen entschieden, ihr Restaurant zu schliessen – wegen deutlich unterdurchschnittlicher Gästezahlen und zu grosser Schwankungen.
Doch Geschäftsführerin Jessica Janssen, bereits die dritte Chefin in der erst knapp fünfjährigen Geschichte des Centers, ist zuversichtlich. Sie will die Mall of Switzerland weiterentwickeln und sie, so heisst es in der Mitteilung, «auf die nächste Stufe heben».
Fehler gefunden?Jetzt melden.