Klagewelle nach BBC-DokumentationDutzende Frauen werfen Mohamed Al Fayed sexuelle Übergriffe vor
Der frühere Harrods-Besitzer soll jahrelang Mitarbeiterinnen missbraucht haben. Deren Anwälte bezeichnen den inzwischen verstorbenen Milliardär als «Monster».
Der ehemalige Chef des berühmten Londoner Kaufhauses Harrods, Mohamed Al Fayed, soll jahrzehntelang junge Frauen missbraucht haben. Dutzende Frauen belasten den im vergangenen Jahr gestorbenen Unternehmer in einer neuen Dokumentation des Rundfunksenders BBC. Auf einer Pressekonferenz in London, die am Freitag im Zusammenhang mit der Dokumentation veranstaltet wurde, meldeten sich Anwälte der Betroffenen zu Wort und beschrieben Al Fayed als «Monster».
Das Anwaltsteam verglich die Dimension der nach ihren Angaben von Al-Fayed begangenen «systematischen» Gewalttaten mit den Anschuldigungen gegen den ehemaligen Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein und gegen den 2019 in der Haft verstorbenen US-Investor Jeffrey Epstein.
Die betroffenen 37 Frauen stammen nach Angaben der Anwälte aus Malaysia, Australien, Italien, Rumänien, den USA und Kanada. Einige von ihnen waren demnach zum Tatzeitpunkt noch minderjährig. Al-Fayed war im vergangenen Jahr im Alter von 94 Jahren gestorben.
Am Donnerstag hatte der britische Sender BBC in einer Dokumentation mit dem Titel «Al Fayed: Predator at Harrods» (in etwa: «Al-Fayed: Das Raubtier bei Harrods») über die mutmasslichen Vergewaltigungen, körperliche Gewalt und sexuellen Übergriffe durch Al-Fayed berichtet.
Darin sagten fünf ehemalige Harrods-Angestellte aus, sie seien von dem Unternehmer vergewaltigt worden, fünf weitere berichteten von Vergewaltigungsversuchen, 13 weitere wurden nach eigenen Angaben von ihrem Chef sexuell belästigt. Ein früherer Harrods-Manager sagte der BBC, die sexuellen Übergriffe des Chefs seien in dem Unternehmen allgemein bekannt gewesen. Eine der Betroffenen sagte auf der Pressekonferenz, der Milliardär habe «die Schwächsten ausgenutzt – diejenigen von uns, die ihre Miete zahlen mussten, und einige von uns, die keine Eltern hatten, die sie beschützen konnten». Er sei «hochgradig manipulativ» gewesen.
Hat die Kaufhausleitung versagt?
Den Anwälten der mutmasslichen Opfer zufolge erstreckte sich der »systematische Missbrauch» über einen Zeitraum von 25 Jahren – «mit dem Wissen von Harrods». Al-Fayed sei «ein Monster» gewesen, das von einem «System» gedeckt worden sei, sagte der Anwalt Dean Armstrong. Der Kaufhausleitung warf er «eklatantes Versagen» vor. Bei den Klagen gehe es daher um «viel mehr» als finanzielle Entschädigung.
Die US-Frauenrechtsanwältin Gloria Allred sprach von einer «Stunde der Gerechtigkeit» für die betroffenen Frauen. Sie betonte, dass die Übergriffe nicht auf Harrods allein beschränkt gewesen seien. Sie hätten sich auch im Ritz und in der Pariser Residenz des Geschäftsmannes zugetragen. Al-Fayeds Übergriffe seien allgemein bekannt gewesen, aus Angst hätten die Opfer jahrelang geschwiegen.
Mohamed Al-Fayed war der Vater von Dodi Al-Fayed, der 1997 gemeinsam mit Diana, der geschiedenen Frau des damaligen britischen Thronfolgers Prinz Charles, bei einem Autounfall in Paris ums Leben gekommen war. Im Jahr 2010 hatte Al-Fayed Harrods für geschätzt umgerechnet rund zwei Milliarden Euro an einen Investitionsfonds des Emirats Katar verkauft.
Die US-Anwältin Gloria Allred, die in den vergangenen Jahren Betroffene in einigen der schlagzeilenträchtigsten Fälle von sexuellem Missbrauch vertrat, ergriff ebenfalls das Wort: «Harrods wird oft als das schönste Geschäft der Welt bezeichnet», teilte sie mit. Doch hinter dem Glanz und Gloria von Harrods habe sich ein toxisches, unsicheres und übergriffiges Umfeld verborgen.
AFP/DPA/nlu
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