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Härtere Strafen für Vergewaltiger verzögern sich

Demonstration gegen Gewalt an Frauen in Genf im November 2019. Foto: Salvatore Di Nolfi, Keystone
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Der Bundesrat will mit einer umfassenden Reform die Strafen für verschiedene Delikte verschärfen. Besonders umstritten sind seine Vorschläge zum Sexualstrafrecht. Zwar will er das Strafmass für Sexualdelikte leicht erhöhen. Aber an der bisherigen Definition, was eine Vergewaltigung ist, hält er weitgehend fest.

Das geht der vorberatenden Rechtskommission des Ständerates aber zu wenig weit, deshalb hat sie jetzt die Notbremse gezogen und verlangt Nachbesserungen.

Welche Definitionen der Vergewaltigung stehen zur Diskussion?

Die Definition einer Vergewaltigung war beim Vorschlag des Bundesrates weitgehend die bisherige: Nur wenn das Opfer mit physischer oder psychischer Gewalt zum Sex gezwungen wird, gilt dies als Vergewaltigung. Einzig beim Strafmass wollte der Bundesrat die Schraube anziehen. Dies führte zu heftigen Protesten, die in einer Petition mit über 37'000 Unterschriften gipfelte, die Ende November eingereicht wurde. Alle sexuellen Handlungen ohne Einwilligung müssten angemessen bestraft werden. Zwei Ansätze stehen dabei im Vordergrund: die Vetolösung (Nein-heisst-Nein-Regel) und die Zustimmungslösung (Ja-heisst-Ja-Regel). Bei Ersterer muss eine Person Nein sagen oder ihren Unwillen signalisieren, damit die sexuelle Handlung als «gegen ihren Willen» taxiert wird. Bei Zweiterer braucht es die ausdrückliche Zustimmung, verbal oder nonverbal.

Wieso hat nun die vorberatende Kommission die Reformen im Sexualstrafrecht vertagt?

Es gibt zwei Gründe. Einerseits wollte die Rechtskommission die unbestrittenen Teile der umfassenden Vorlage nicht gefährden. Dies sind etwa Verschärfungen im Bereich der schweren Körperverletzung. Hier soll die Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf ein Jahr angehoben werden. Grundsätzlich soll der Spielraum definiert werden, den das Gericht zwischen Mindest- und Höchststrafe haben soll. Dieser Teil der Reform soll bereits im Frühling in den Ständerat kommen.

Wie viele Sexualdelikte gibt es in der Schweiz?

Das Forschungsinstitut GFS Bern hat im Auftrag von Amnesty International 4500 Frauen in der Schweiz befragt. Demnach gab jede fünfte Frau ab 16 Jahren an, dass sie Opfer eines sexuellen Übergriffs wurde, mehr als jede zehnte Frau, dass sie zum Geschlechtsverkehr gegen ihren Willen gezwungen wurde. Zur Anzeige gelangt indes nur ein Bruchteil der Sexualdelikte. 2018 wurden laut dem Bundesamt für Statistik 626 Vergewaltigungen angezeigt. Betroffen sind in den allermeisten Fällen Frauen.

Wie weit gehen andere Länder beim Sexualstrafrecht?

In Belgien, Deutschland, Grossbritannien, Irland, Island und Schweden wird Sex ohne Einwilligung als Vergewaltigung taxiert (Nein-heisst-Nein-Regel). Besonders weit geht Schweden: Dort gilt die sogenannte Jaheisst-Ja-Regel, welche am 1. Juli 2018 in Kraft trat. Demnach müssen beide Partner ausdrücklich und klar erkennbar mit dem Geschlechtsverkehr einverstanden sein. Alles andere wird als Vergewaltigung angesehen, auch wenn sich der Partner nicht körperlich wehrt oder Nein sagt.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Verwaltung muss bis im Sommer eine Vorlage erarbeiten. Wie der Medienmitteilung der Rechtskommission zu entnehmen ist, soll dabei insbesondere berücksichtigt werden, wie sexuelle Handlungen gegen den Willen einer Person strafrechtlich behandelt werden sollen, wenn weder Gewalt noch Drohungen vorliegen.