Verbrecherin Gypsy Rose BlanchardDer Muttermord macht sie zum Internet-Star
Weil die Mutter sie jahrelang gezielt krank machte, liess Gypsy Rose Blanchard sie töten. Nun ist sie nach acht Jahren Haft frei – und könnte medial Karriere machen.
Es ist ein Luxus, der Gypsy Rose Blanchard in ihrem Leben bisher verwehrt blieb: eigene Entscheidungen zu treffen.
Als Kind redete ihre Mutter ihr ein, unheilbar krank zu sein. Ihre Diagnose: Muskeldystrophie und Leukämie. Jahrelang verbrachte Blanchard im Rollstuhl, wurde künstlich ernährt, obwohl sie kerngesund war. Liess unzählige Operationen über sich ergehen, die sie gar nicht benötigte. Stellte sich auf ihren baldigen Tod ein, der aber nie kam.
Ihre Mutter Dee Dee Blanchard litt am seltenen Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom, wie Ermittler später mutmassen. Einer psychischen Erkrankung, bei der Betroffene andere absichtlich krank machen, sie verletzen und benutzen – meistens sind es die eigenen Kinder. Dies, um von Ärzten, Freunden und Familie Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber auch, um sich als aufopfernde Pflegende zu inszenieren und Lob und Anerkennung zu erheischen. Im schlimmsten Fall töten Erkrankte dafür ihr Opfer.
Um dem zu entkommen, sah Gypsy Rose Blanchard nach mehreren erfolglosen Fluchtversuchen nur einen Ausweg: Ihre Mutter musste weg. Zusammen mit ihrem damaligen Freund Nicholas Godejohn, den sie im Internet kennen gelernt hatte, plante sie ein Mordkomplott. Er erstach Dee Dee Blanchard 2015 im Schlaf. Godejohn wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, Blanchard zu zehn Jahren.
Wird sie erneut ausgenutzt?
Nun, nach acht Jahren Gefängnis, ist die heute 32-Jährige frei. Wenige Tage vor Neujahr wurde Blanchard auf Bewährung aus der Haftanstalt im US-Bundesstaat Missouri entlassen. Das Erste, was sie in Freiheit tat: kochen – zusammen mit ihrem Mann Ryan Anderson, der ihr während ihrer Haftstrafe Briefe schrieb und den sie noch hinter Gittern heiratete.
Aber auch sonst gab es für Blanchard erste Male: Sie postet auf Instagram kurz nach ihrer Freilassung ein Spiegel-Selfie. «Erstes Foto in Freiheit», schreibt Blanchard – und bekam dafür 6,5 Millionen Likes. Inzwischen ist in den USA um Blanchards Freilassung ein riesiger Rummel ausgebrochen, vor allem in den sozialen Netzwerken.
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Das ist vor allem Fernsehserien und Dokumentarfilmen zu verdanken, die den aussergewöhnlichen Fall verarbeitet haben. Etwa die 2019 erschienene Serie «The Act» mit Joey King in der Hauptrolle. Daraufhin bekam Blanchard Zuspruch und Sympathiebekundungen aus aller Welt.
Doch seit ihrer Freilassung hat sich der Hype um Blanchard noch einmal verstärkt. Auf Tiktok ist ein regelrechter Fankult um die 32-Jährige entstanden. Anhänger bezeichnen sie in typischer Internet-Sprache als «Queen» oder «Mother», geben ihr den Kosenamen «Gyp Gyp» und feiern sie für ihr Aussehen.
Bei vielen lässt das aber auch einen fahlen Beigeschmack zurück. Die einen kritisieren, dass eine verurteilte Straftäterin jetzt als Influencerin Karriere machen könnte. Andere befürchten, dass die grosse Aufmerksamkeit Blanchard und ihrem Heilungsprozess schaden könnte. Und dass sie erneut ausgenutzt werden könnte – dieses Mal von den Medien und der Öffentlichkeit.
Den Ruhm wollte sie nie
Auch Blanchard ist ob des plötzlichen Ruhms «zwiegespalten», wie sie zur US-Nachrichtensendung «Good Morning America» sagte. «Ruhm ist nicht das, wonach ich strebe.» Ihr sei zudem klar, dass ihr plötzlicher Ruhm mit der Tatsache zusammenhänge, dass sie den Mord an ihrer Mutter mitgeplant habe. «Ich versuche nur, eine Situation, die aus Angst und Isolation entstanden ist, in etwas Positives zu verwandeln», sagt Blanchard.
Dazu gehört auch, zum ersten Mal ihre eigene Geschichte zu erzählen. Am Dienstag erschien darum ihr E-Book «Released: Conversations on the Eve of Freedom». Zurzeit befindet sich Blanchard auf Pressetour für ihre neue Doku-Serie «The Prison Confessions of Gypsy Rose Blanchard», deren erste Folge letzte Woche auf dem US-Sender Lifetime ausgestrahlt wurde. Die sechsteilige Serie begleitet Blanchard nicht nur während ihrer Zeit im Gefängnis, sondern auch in ihrem neuen Leben – inmitten des Lärms um ihre Person.
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