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Gastbeitrag zum Getreidemarkt
Schamlose Profite von Grossmühlen zulasten unserer KMU

Illnau 
Sommerserie : Getreideannahmestelle Landi Illnau

Foto : MARC DAHINDEN
11.07.2022
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Wie ist es möglich, dass die bürgerlichen Parteien ein System der Zollbegünstigung zugunsten von wenigen Systemprofiteuren und zulasten von diskriminierten KMU-Mühlen gutheissen können? Ein Regime, das klar gegen die Verfassung verstösst und internationales Recht verletzt und die Steuerzahlenden teuer zu stehen kommt, soll wieder eingeführt werden.

Worum geht es? Von 1959 bis Ende 2022 konnte Weichweizen für die Produktion von Stärke praktisch zollfrei importiert werden, wenn daraus mindestens 55 Prozent Mehl gewonnen und zu Stärke verarbeitet wurden (die sogenannte Ausbeutenorm). Die effektive Ausbeute lag indes bei 75 bis 80 Prozent. Die Differenz von mindestens 20 Prozent wurde als Backmehl faktisch zollfrei auf den geschützten Markt ausgestossen.

Wertvolles Schweizer Brotgetreide musste regelmässig zu Futtergetreide verarbeitet werden.

Der bis Ende 2022 falsch verzollte Importweizen verzerrte nicht nur den Wettbewerb auf dem Brotgetreidemarkt, sondern unterlief auch die schweizerische Landwirtschaftspolitik. Zum einen begünstigte die damalige Handhabung der Zollerleichterung einige wenige Systemprofiteure mit jährlich mindestens 6 Millionen Franken – unter anderem die Grossmühle Swissmill (Coop-Division) und die börsenkotierte Groupe Minoteries (Grosslieferant der Migros). Zum anderen entgingen der einheimischen Landwirtschaft rund 15’000 Tonnen Vermarktungspotenzial für Schweizer Getreide, das jährlich aufgrund des unredlich gehandhabten Importregimes praktisch zollfrei auf den geschützten Markt gelangte. Als Folge musste dann regelmässig wertvolles Schweizer Brotgetreide zu Futtergetreide verarbeitet werden.

Gegen die gleich mehrfach rechtswidrige Subventionspraxis hiess der Bundesrat im März 2021 eine Aufsichtsbeschwerde gut und hob die Ausbeutenorm auf 75 Prozent an, was etwa der tatsächlichen möglichen Ausbeute entspricht. Die Müllerei-Lobby, angeführt von Ständerat Hansjörg Knecht (selbst Besitzer einer Grossmühle), intervenierte. Nun soll mit der Motion Knecht eine vom Bundesrat klar als widerrechtlich und wettbewerbsverzerrend erkannte Regelung durch ein neues Gesetz wieder eingeführt werden. Dies zulasten von KMU (Kleinmühlen), der Bundeskasse (Ausfall Zolleinnahmen), Konsumierenden und der hiesigen Landwirtschaft.

Die Versorgungssicherheit ist ein Scheinargument. Effektiv geht es um die Auslastung von Mühlenkapazität.

Der Ständerat hiess vor einigen Monaten die Motion Knecht mit 41 von 43 Stimmen gut. Die Wirtschaftskommission des Nationalrates folgte ihm mit 14 zu 9 Stimmen. Dabei erstaunt vor allem die Haltung von Mitgliedern der FDP und der Mitte-Partei, weil ja die Abschaffung von Ungleichbehandlungen zulasten von KMU zu den ureigenen Anliegen dieser Parteien gehört. Die mitunter geltend gemachte Versorgungssicherheit ist ein Scheinargument. Effektiv geht es um die Auslastung von Mühlenkapazität bei den Grossmühlen, die zusammen 90 Prozent des Marktes beherrschen.

Wenn es der Nationalrat in der kommenden Session mit dem Schutz von KMU ernst meint, stimmt er Nein zur Motion von Grossmüller Knecht und votiert für eine Bestandesaufnahme der obskuren Finanzströme im Getreidemarkt. Der Verband Faire Märkte Schweiz könnte sich als nächsten Schritt eine Sektoruntersuchung der Wettbewerbskommission vorstellen.

Stefan Flückiger ist Präsident des Verbands Faire Märkte Schweiz.