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Kampf gegen den Japankäfer
Grosse Spritzaktion in Kloten bleibt nicht ohne Widerstand

In Kloten wird derzeit Insektizid gegen den Japankäfer verspritzt.
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Aufregung statt Sommerferienruhe in Kloten: Am Donnerstag hat die grosse Spritzaktion gegen den Japankäfer begonnen. Schon am früheren Morgen waren Fachleute in grünen Schutzanzügen rund um die Sportanlage Stighag in Kloten im Einsatz.

Aufgeteilt in sechs Teams, sind sie in fest zugeteilten Rayons unterwegs und bespritzen Bäume und Sträucher mit einem Insektizid. Dabei handelt es sich um das seit neustem explizit gegen den gefährlichen Schädling zugelassene Mittel Acetamiprid, das bereits bei diversen Kulturen in der Schweiz standardmässig zum Einsatz kommt. Nicht nur auf dem Fussballplatz wird es versprüht, sondern auch in privaten Gärten im Quartier und in einem engeren Umkreis darum herum.

Japankäfer in den Himbeeren

Die professionell ausgebildeten Fachleute behandeln alle breitblättrigen Pflanzen, unter anderem Beeren, Äpfel und Reben. Vorab informierte der Zivilschutz die Bewohnenden über die generalstabsmässige Aktion. Sie sollen die Fenster schliessen, bis fertig gespritzt ist.

«Ich habe Angst, dass ich nun meine Tomaten nicht mehr essen kann», sagt eine Anwohnerin. Da sie in der Anflugschneise des Flughafens wohnt, wasche sie das Gemüse aus dem Garten ohnehin gründlich. Einen Japankäfer hat sie bisher noch nicht entdeckt – so wie die meisten befragten Anwohnenden.

Anders bei einer Seniorin. In ihrem Garten haben die Fachleute vor einer Woche einen Japankäfer in den Himbeeren gefunden. «Ich ernte noch alles, was ich kann», sagt sie. Schade sei es um die Himbeeren, die später reif würden. «Hoffen wir, dass das rigorose Vorgehen hilft.»

Rot-weisse Bauabschrankungen stehen rund um hölzerne Dreibeine, welche später mit einem Netz und Lockstoff ausgerüstet werden.

100 Käfer gefunden

Die Fachleute haben bei systematischen Kontrollen in der näheren Umgebung der Sportanlage über 100 Käfer gefunden, bestätigt Fiona Eyer, Expertin der unabhängigen Fachstelle für Pflanzenschutz Strickhof. Eyer hat die fachliche Leitung der Spritzaktion inne und ist am Donnerstagmorgen auch in Kloten vor Ort. Bereits am Mittwoch hat der Zivilschutz auf ihre Anweisung hin im ganzen Befallsgebiet rund um die Sportanlage Stighag sowie auf den angrenzenden Feldern mit dem Aufbau von sogenannten Netzfallen begonnen.

Wie das genau geht, haben die Behörden auf einem nahen Hügel mitten in der Anflugschneise neben einer Schrebergartenanlage demonstriert. Auf Einladung des Kantons wurden dazu rund 20 Medienleute vom örtlichen Zivilschutz mit Kleinbussen zum Einsatzort gebracht, wo anschliessend auch ein Spritzkommando den privaten Schrebergarten mit dem Insektizid besprühte.

30 Kilogramm Gemüse geerntet

Einer der Pächter ist Christoph Siegrist, Chef der Schulhorte der Stadt Kloten. «Wir wurden schon vorgewarnt und haben daher gestern noch 30 Kilogramm Gemüse aus dem Garten geerntet.» Eine Rettungsaktion quasi, obschon Pflanzenschutzexpertin Fiona Eyer betont, dass Früchte, Gemüse und Salate letztlich ohne Bedenken gegessen werden können. Einzige wichtige Einschränkung: «Sie müssen drei Wochen warten bis zum Verzehr der gespritzten Sachen.» Wobei die Wartefrist zum Konsum bei einigen Gemüsen kürzer ist. Am schnellsten geht es bei Gurken oder Tomaten, wo nur drei Tage gewartet werden muss.

Wer das nicht will, macht es wie Siegrist, der nun bereits einiges eingefroren oder eingemacht hat. Gegen die Käferbekämpfung hat er nichts einzuwenden, obschon auf dieser Gartenparzelle bislang keine der invasiven und extrem gefrässigen Schädlinge gefunden wurden.

«Jetzt pressierts», sagt Wolfgang Bollack, Mediensprecher der bei der Bekämpfung federführenden Baudirektion. Deshalb wird die Spritzaktion buchstäblich unter Hochdruck durchgezogen. Adriano Meili, Einsatzleiter des örtlichen Zivilschutzes, hat an diesem Tag 75 Leute aufgeboten. «Bislang gibts keinen Widerstand», sagt er kurz vor dem Mittag.

Fallen im ganzen Quartier

Auf dem Rückweg vom Schrebergartenhügel stechen nun überall die rot-weissen Bauabschrankungen mit den hölzernen Dreibeinen mittendrin ins Auge. Sie werden voraussichtlich Anfang nächster Woche mit einem imprägnierten Netz überzogen. Die Pheromone des Lockstoffs sollen die Käfer anziehen. Wenn sie das Netz berühren, sterben sie wenig später. Insgesamt werden rund 110 solcher Fallen für rund einen Monat im Einsatz sein.

Etwas abseits des Medienrummels ist auch Unsicherheit in der Bevölkerung spürbar: «Darf ich hier durchlaufen? Ist das nicht giftig?», fragt eine Passantin, die einer anderen Spritzequipe im Quartier begegnet. Auf einem Infoblatt, das an die betroffenen Haushalte verteilt wird, heisst es: Bis das Insektizid getrocknet ist, dauert es etwa ein bis zwei Stunden.

In dieser Zeit sollte der Kontakt mit den behandelten Pflanzen gemieden werden. Danach sei es unbedenklich, auch für Hunde und Katzen. Auf der Website des Kantons zum Thema steht zudem: «Bei fachgerechter Anwendung ist das Insektizid nicht schädlich für den Menschen und Säugetiere.» Nur wenn das Mittel noch nicht eingetrocknet ist, sei es auch für Bienen gefährlich, erklärt die Agronomin Eyer. Wegen der Bienen und anderer Insekten verzichtet man zudem darauf, blühende Pflanzen zu spritzen.

Ob die Aktion erfolgreich sein wird, könne sie nicht sagen. Aber sie sei sehr zuversichtlich: «Weil Kloten eine isolierte Population ist, stehen die Chancen gut.» Die Bekämpfung werde aber sicherlich über dieses Jahr hinaus weitergehen müssen.

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Vor der Spritzaktion wurde in diesem Garten noch viel Gemüse geerntet.
Die Fussballplätze im Stighag in Kloten sind unter anderem betroffen. Hier wurden schon Käfer entdeckt.
Auch in Privatgärten wird Insektizid verspritzt.

Skepsis und Widerstand

Die Klotener Bevölkerung nimmt die Aktion meist ohne viel Widerstand zur Kenntnis. Hie und da stösst sie auf Skepsis: «Ich bin nicht sicher, ob das wirklich nützt», so etwa ein Anwohner. Dass es auch Widerstand gibt, zeigt sich am Nachmittag bei einem weiteren Anwohner. Er wehrt sich gegen die Aktion. «Ich möchte kein Insektizid in meinem Garten», hält er fest.

Er lege Wert auf einen naturnahen Garten. Die Aktion hält er für eine Alibiübung. Die verständigte Polizei versuchte, Verständnis für die Massnahme zu fördern. Im Gespräch fällt auch der Vergleich zu den Corona-Massnahmen. Letztlich willigt der Anwohner zähneknirschend ein.