Lufthansa-RettungJetzt wirds eng
Ein Grossaktionär alleine kann den Staatseinstieg bei der Lufthansa stoppen. Für den schlimmsten Fall hat sich die Lufthansa schon vorbereitet – die Swiss ebenfalls.
Das wirtschaftliche Überleben der Lufthansa hängt von der Entwicklung in dieser Woche ab. Zur ausserordentlichen Hauptversammlung des Konzerns am Donnerstag seien weniger als 38 Prozent des Kapitals angemeldet, erklärte Lufthansa-Chef Carsten Spohr in einem Brief an die Mitarbeiter am Sonntag.
Damit brauchen die Beschlüsse zum milliardenschweren Finanzpaket eine Zweidrittelmehrheit, die Hauptaktionär Heinz Hermann Thiele mit seinem kürzlich auf 15,52 Prozent erhöhten Lufthansa-Anteil blockieren könnte. Der Milliardär hat den Rettungsplan wegen des Einstiegs des Staates mit 20 Prozent bei der Lufthansa kritisiert. Er wird Insidern zufolge am Montagvormittag zu einem Krisentreffen mit Vertretern der Bundesregierung erwartet. Der Entscheid hat auch gravierende Folgen für die Rettung der Schweizer Tochter Swiss (lesen Sie hier, wie deren Management sich derzeit auf das Schlimmste vorbereitet).
«Wir alle stehen am heutigen Sonntag vor einer Schicksalswoche für unsere Lufthansa», schrieb Spohr. Für den Fall, dass die Aktionäre dem Hilfspaket des Bundes nicht zustimmen, habe man umfangreiche Vorkehrungen getroffen, um eine Pleite mit einem unmittelbaren Stopp des Flugbetriebes zu verhindern. «Auch würden wir die verbleibende Zeit bis zur Anmeldung einer Insolvenz nutzen, um mit der Bundesregierung Optionen zu besprechen», heisst es in dem Brief, der Reuters vorlag. Oberstes Ziel des Vorstandes bleibe, eine Insolvenz zu vermeiden. Angesichts der grossen Unsicherheit über die Zukunft des Unternehmens, sollen die Juni-Gehälter der rund 138’000 Beschäftigten schon am Montag angewiesen werden.
Der Streit über die Staatsbeteiligung
Da der Bund über eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre zum grössten Lufthansa-Anteilseigner werden soll, wird der Wert der Aktien in Händen der übrigen Anteilseigner verwässert. Thiele hatte seit Mitte März seine Beteiligung schrittweise aufgebaut, als sich Lufthansa-Papiere wegen des Geschäftseinbruchs im gesamten Luftverkehr aufgrund der Corona-Reisebeschränkungen stark verbilligten. Ihn stört vor allem möglicher Einfluss der Politik auf das Unternehmen, wie Thiele in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» erklärt hatte.
Der Münchner Unternehmer, der sich mittlerweile durch Verkauf von Aktien an seinem Hauptunternehmen Knorr Bremse über 728 Millionen Euro zusätzliche Finanzkraft besorgte, forderte Nachverhandlungen. Finanzminister Olaf Scholz hat dies kategorisch ausgeschlossen. Der SPD-Politiker soll laut «Bild am Sonntag» an dem Treffen mit Thiele am Montag teilnehmen. Insidern zufolge ist auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier dabei. Sprecher der Ministerien wollten sich dazu nicht äussern. Ob auch Spohr mit von der Partie ist, wie «Bild» schrieb, wollte das Unternehmen nicht sagen. Von Thiele war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Abbau von Arbeitsplätzen in Grenzen halten
Am Montag will die Lufthansa zudem eine Einigung mit den Gewerkschaften über ein Sparpaket erreichen, um den Abbau von Arbeitsplätzen in Grenzen zu halten. Laut Lufthansa sind angesichts der nur langsamen Erholung des Flugverkehrs vom Corona-Schock rund 22’000 Vollzeitstellen überflüssig – etwa die Hälfte davon in Deutschland. Ziel sei, möglichst viele Beschäftigte an Bord zu halten, bekräftigte Spohr in dem Brief an die Belegschaft.
Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo dementierte einen Bericht der «Welt», wonach Ufo-Geschäftsführer Nicoley Baublies nach langem Streit mit der Lufthansa eine Zahlung in Millionenhöhe zur Voraussetzung für die Zustimmung zu einem Krisenpaket machen würde. «Selbstverständlich ist das nicht der Fall», erklärte Ufo. Der Grundsatzstreit zwischen der Gewerkschaft und Lufthansa sei mit den Krisengesprächen nicht verknüpft und vertagt. Die Verhandlungspositionen zum Sparprogramm lägen aber noch sehr weit auseinander.
Grosse Verluste wegen der Krise
Die Sorgen um das Rettungspaket drückten die Anteile des Dax-Absteigers zwischenzeitlich deutlich um bis zu 9 Prozent, im weiteren Tagesverlauf erholte sich der Kurs aber wieder. Heftige Verluste während des Corona-Crashs hatten dazu geführt, dass die Papiere des grössten Luftverkehrskonzerns Europas ihren Platz im deutschen Leitindex räumen mussten und nun dem MDax der mittelgrossen Werte angehören.
Der Konzern mit 138’000 Beschäftigten rechnet damit, dass die Erholung der Nachfrage im Luftverkehr nur langsam verläuft. Derzeit hebt nur ein kleiner Teil der Lufthansa-Flotte zu Reisezielen ab. Im ersten Quartal brockte die Corona-Krise dem Konzern einen Verlust von 2,1 Milliarden Euro ein; die Geldreserven schwinden schnell.
reuters/sda/fal
Fehler gefunden?Jetzt melden.