Globus-Mitbesitzer 300 Millionen sofort – oder René Benkos Immobilienreich kollabiert
Eine Geldspritze würde die Zahlungsunfähigkeit hinauszögern. Doch sind weitere Hunderte Millionen nötig für eine Sanierung nötig. Und ob sie gelingt, bleibt fraglich.
In den kommenden Tagen wird wohl das Schicksal von Signa Prime, der in Nöte geratenen Immobiliensparte des österreichischen Milliardärs René Benko, besiegelt. Und damit auch das des Signa-Imperiums, das Benko über die Jahre aufgebaut hat und mit dem er namhafte Investoren überzeugte, ihm ihr Geld zu geben.
Die Ersten haben bereits die Reissleine gezogen und wollen aussteigen. Die Lage ist düster. Mittlerweile ruht auf allen Baustellen von Signa in Deutschland die Arbeit. In Hamburg sind das Einkaufszentrum am Gänsemarkt und das Prestigeprojekt Elbtower betroffen.
Gerüchte, der in der Schweiz wohnende Logistikunternehmer Klaus Michael Kühne würde als Signa-Investor einspringen, zerschlugen sich schnell: «Die Kühne Holding ist von einem Elbtower-Engagement weit entfernt und lediglich an dem einen oder anderen Gespräch über Teil- oder Gesamtlösungen in Sachen Signa Prime am Rande beteiligt», sagte Kühne am Freitag gegenüber dem «Hamburger Abendblatt».
Es braucht Hunderte Millionen, um das Geschäft zu retten
«Es ist kein Cent mehr da», sagt ein Topmanager von Signa. In den nächsten Tagen brauche es dringend Geld, sonst werde der Immobilienbereich in den nächsten Wochen zusammenbrechen. Von bis zu 300 Millionen Euro ist die Rede, die als dringend benötigte Geldspritze dienen, um die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Zumindest für die nächsten Wochen, vielleicht sogar Monate – wie schlimm es wirklich um Signa Prime stehe, wisse niemand so genau. Danach würde es weitere Hunderte Millionen brauchen, um die Sparte zu sanieren.
Dafür verhandelt René Benko angeblich mit einem Staatsfonds von Saudiarabien, dem Public Investment Fund, über eine Finanzspritze in «dreistelliger Millionenhöhe». Das schreibt die Nachrichtenseite «Business Insider». «Wenn das stimmt, weiss bei Signa niemand davon, dann ist es ein völliger Alleingang René Benkos», sagt hingegen der Insider zur SonntagsZeitung.
Keine Gespräche mit Benko
Das Vertrauen der Investoren ist mittlerweile weg, was in einem Brandbrief gipfelte, wie diese Woche durch das «Handelsblatt» bekannt wurde. In dem Schreiben fordern verschiedene Investoren Benko zum Rückzug auf. Erst dann seien sie bereit, weiteres Geld einzuschiessen.
Dass Benko sich bereits zurückgezogen habe und seine Stimmrechte an Sanierer Arndt Geiwitz abgetreten habe, wie die «Krone Zeitung» und andere Medien berichteten, stimme nicht, sagt der Insider. «Vielleicht zieht er sich zurück, aber wohl sicher nicht heute oder morgen.» Zurzeit gebe es keine direkten Gespräche mit Benko.
Für die Lage von Signa sei es ohnehin unwichtig, ob Benko zurücktrete oder nicht, Geld brauche es trotzdem dringend. Und selbst wenn rasch 150 bis 300 Millionen kommen, das Vertrauen der Investoren ist dahin. Es ist durchaus möglich, dass weitere ihre Verkaufsoption ausüben. Das würde Signa vor weitere Forderungen stellen, die sie nicht bedienen kann – was die Abwärtsspirale schneller drehen liesse.
Schulden von schätzungsweise 15 bis 17 Milliarden
Wie konnte es so weit kommen? Mitte Jahr platzte ein Darlehen über mehrere Hundert Millionen von einem chinesischen Grossinvestor für Signa Prime. Mit dem Darlehen hatte Benko fest gerechnet. Rund 20 Milliarden Euro schwer ist zwar sein Imperium, doch die Immobilienpreise sinken, und die Zinsen steigen. Fest sind aber die Schulden: 15 bis 17 Milliarden sollen es sein, schätzt ein Insider.
Da ihm der Zugang zu den Banken schon lange verwehrt ist, versuchte Benko, das Geld über einen Investor reinzuholen, was ihm nicht gelang. Immerhin 150 Millionen soll er zusammenbekommen haben, weitere 300 Millionen wären dringend nötig. Zusammen mit den gestiegenen Zinsen führt das eine zum anderen. Erste Baustellen standen still, dann fiel ein Projekt nach dem anderen um.
Ist Globus wirklich «absolut sicher»?
In der Schweiz stellt sich die Frage, was mit den Globus-Warenhäusern geschieht, wenn Signa Zahlungsunfähigkeit anmelden muss. Zusammen mit der thailändischen Central Group hält sie je 50 Prozent am Geschäft und den Immobilien.
Grund zur Panik gebe es keine, beruhigt eine Person, die mit dem Schweiz-Geschäft verbunden ist. Während sich die anderen Bereiche von Signa im Auge des Sturms befänden, sei Globus «absolut sicher». Das operative Geschäft sei fast frei von Bankschulden – einzig ein niedrig verzinster Kredit mit langer Laufzeit bestehe noch. Dieser könne aber aus dem operativen Geschäft getilgt werden.
Das gilt aber nur für das Detailhandelsgeschäft, denn jede einzelne Immobilie ist in eine separate, in Luxemburg registrierte Gesellschaft ausgegliedert. Die Immobilien seien langfristig zu niedrigen Zinsen mit Hypotheken finanziert, und die würden mit den Mieteinnahmen abbezahlt, sagt der Insider. Aus der Bilanz der Immobiliengesellschaft für den Globus am Basler Marktplatz, der im Bau ist, sind langfristige Kredite allerdings nicht ersichtlich.
Die Bilanz der «Basel Marktplatz 2 Immobilien Sarl» ist im luxemburgischen Handelsregister verfügbar. Sie zeigt, dass bis zum 22. Januar 2026 eine Kreditlinie von 170 Millionen Franken besteht, die tatsächlich niedrig verzinst ist. Danach muss sie aber zurückgezahlt werden.
Wie das mit den Mieteinnahmen möglich sein soll, wenn das Warenhaus frühestens Ende 2025 seine Tore öffnet, ist allerdings fraglich. Es könnte auch sein, dass die Kantonalbanken letztlich auf der Immobilie sitzen bleiben.
Ein Stillstand der Baustelle in Basel sei trotzdem nicht zu erwarten, heisst es. Im Gegenteil, von der Kreditlinie – die ein Konsortium von Kantonalbanken stellt – seien noch rund 70 Millionen abrufbar. Gegenüber der SonntagsZeitung gab Globus vergangene Woche folgende Stellungnahme ab: «Globus ist von diesen Entwicklungen nicht betroffen, das operative Geschäft ist bankschuldenfrei und läuft nach Plan. Die Immobilien sind langfristig finanziert, und die Baustelle in Basel läuft planmässig weiter.»
Globus sei stabil – auch weil die Warenhauskette keine Gelder von Signa beziehe. Gespräche, wer als Investor übernehmen könnte, sollte Signa zusammenbrechen, würden derzeit keine geführt. In der aktuellen unklaren Lage mache es keinen Sinn, über einen neuen Investor nachzudenken. Es gebe immer noch die Option, dass die Thailänder das Geschäft übernehmen würden.
Grosse Namen lockten neue Investoren
Wie schlecht es um Signa stehe, habe sich bis Mitte des Jahres gut vor den Investoren verheimlichen lassen, sagt der Signa-Kenner. Doch als das Darlehen platzte, war das nicht mehr möglich. Warum bis dahin niemand Fragen stellte, trotz der schlechten Berichterstattung über Benko und sein Signa-Reich, ist schleierhaft. Warum wurde niemand misstrauisch?
«Es war gar nicht so einfach, nachzufragen», heisst es aus Signa-Kreisen. Denn auf jede Frage gab es auf oberster und auf zweiter Führungsebene immer eine gute und plausible Antwort. Darunter wusste allerdings niemand mehr so genau Bescheid.
Was anscheinend kein Problem war. Denn der Einstieg grosser, bekannter Namen wie Kühne oder Peugeot war Grund genug, nicht misstrauisch zu werden. «Wenn jemand drei Monate das Geschäft prüft und danach gross investiert, heisst das für weitere Investoren: Es ist alles gut, ich muss mir keine Sorgen machen», sagt der Insider.
Ob es mit den einzelnen Investoren allenfalls Sonderabsprachen gegeben hat, hinterfragte niemand. Erstes Misstrauen erwuchs, als bekannt wurde, dass einzelne Investoren Dividenden ausgezahlt bekommen hatten – obwohl es hiess, die Dividende entfalle für alle, da das Geld für Investitionen gebraucht werde. «Das führte zu einem radikalen Vertrauensverlust.»
Wie sah das Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben aus?
«Häuser mit solidem Fundament bleiben länger stehen, jene, die auf Mörtel und Sand gebaut sind, fallen zusammen», sagt der Insider mit Bezug auf Signa. Möglicherweise liegt der wahre Grund für Signas Fall tiefer. Es stellt sich die Frage, wie der Immobilienbereich über all die Jahre aufgebaut wurde und wie das Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben wirklich aussah.
Die Vermutung liegt nahe, dass Benko gegenwärtige Ausgaben mit Erträgen deckte, die ihm erst in der Zukunft zugesagt waren. Ein Modell, das funktionierte, solange die Rahmenbedingungen immer gleich blieben. Mit den steigenden Zinsen änderte sich die Lage.
Nun stellt sich die Frage, ob die 150 bis 300 Millionen kommen und ob sie wirklich ausreichen, um den Untergang von Signa zu stoppen. Zudem hängt eine Sonderprüfung der Signa-Kredite durch die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank wie ein Damoklesschwert über Benkos Reich. Offenbar werden alle Banken, die Geschäftsbeziehungen zu Signa haben, überprüft.
Das Ende von Signa könnte schon in den nächsten Tagen oder Wochen besiegelt sein. Niemand weiss es so genau – ausser vielleicht René Benko.
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