Einflussreiche Gegner im SenatGlobale Mindeststeuer droht am Widerstand der USA zu scheitern
130 Nationen haben das neue weltweite Unternehmenssteuerregime unterzeichnet. Doch im US-Kongress sind die Chancen wegen des geballten Widerstands von rechts gering.
Die USA brauchen Irland. Denn nur wenn alle EU-Mitgliedsländer – und damit auch das Steuerparadies Irland – zustimmen, kann die EU der ehrgeizigsten globalen Steuerreform in Jahrzehnten beitreten.
Nach dem jüngsten Treffen zwischen US-Finanzministerin Janet Yellen und ihrem irischen Gegenpart Paschal Donohoe sieht es gut aus: Beide Seiten wollen die Details des Abkommens konstruktiv ausarbeiten. Irland werde den Status als Tiefsteuerland nicht verlieren, wenn der Mindestsatz für Unternehmen von 12,5 auf 15 Prozent erhöht werde, sagte Yellen. Denn der Minimalsatz in den USA liege bei 21 Prozent – oder sogar bei 28 Prozent, wenn Präsident Biden seine Steuerpläne durchsetzen könne.
Doch ist gerade das ein grosses Hindernis. Die Kräfteverhältnisse im amerikanischen Kongress sind derart knapp, dass Biden trotz der Rückenstärkung von über 130 Ländern vor einem knallharten Block republikanischer Neinsager steht.
Der US-Kongress entscheidet
Sie können die Beratung des Abkommens bis nächstes Jahr mit der nicht unberechtigten Hoffnung verschleppen, nach den Zwischenwahlen im Herbst 2022 den Kongress mit einer doppelten Mehrheit zu dominieren. Daraus ergibt sich eine Pattsituation: Die Welt unter Führung der EU beobachtet genau, ob der Kongress der minimalen Unternehmensteuer von 15 Prozent und einer gerechteren Verteilung der Steuererträge zustimmt.
Umgekehrt dürfte der Kongress genau beobachten, wie rasch Steuerinseln wie Irland ihre Steuersätze anheben und im Gegenzug unilaterale Steuern auf amerikanischen Techkonzernen wie Amazon oder Apple abschaffen. Dies setze die USA unter grossen Erfolgsdruck, sagt Chip Harter, Steuerchefunterhändler der Regierung Trump. «Der Rest der Welt weiss sehr genau, dass die Regierung Biden den Kongress nicht (zum Steuerdeal) zwingen kann.»
«Wenn die anderen Länder nicht bekommen, was bei der Steuerverteilung ausgehandelt wurde, wird ihnen der Appetit auf den Deal rasch vergehen.»
Auch Robert Stack, Steuerunterhändler der Regierung Obama, meldete im «Wall Street Journal» Zweifel an: «Die Rolle des Kongresses entscheidet. Wenn die anderen Länder nicht bekommen, was bei der Steuerverteilung ausgehandelt wurde, so wird ihnen der Appetit auf den Deal rasch vergehen.»
Steuern dort bezahlen, wo der Umsatz entsteht
Dabei muss Biden versuchen, den doppelten Widerstand der Republikaner und der führenden Wirtschaftsverbände des Landes zu durchbrechen. Für sie ist der Steuerdeal ein Wettbewerbsnachteil: Der Deal schwäche die Position von US-Firmen im Ausland und heize die Inflation an; eine Behauptung, die Yellen diese Woche als Unsinn zurückwies.
Der erste Teil des Abkommens will verhindern, dass Multis ihren Steuerpflichten im eigenen Land ausweichen, indem sie die Gewinne in Tiefsteuerstaaten verschieben. Gewinne sollen künftig überall dort besteuert werden, wo die Konzerne Umsätze machen. Betroffen sind wegen ihrer globalen Präsenz vor allem Pharma- und Techkonzerne. Irland zum Beispiel ist das Steuerdomizil von 24 der 25 grössten Pharmakonzerne geworden. Auch Amazon, Google, Apple und andere Techkolosse weichen den US-Steuern durch gerissene Finanzmanöver aus.
Der zweite Teil des Abkommens legt die minimale Unternehmenssteuer bei 15 Prozent fest, womit das Wettrennen nach immer tieferen Steuern gestoppt werden soll. Biden hätte einen höheren Satz bevorzugt, musste aber nachgeben, weil das Abkommen nur gilt, wenn beide Teile von sämtlichen Ländern bewilligt werden. Hier kommt die innenpolitische Blockade im Kongress ins Spiel.
Den ersten Teil kann Biden wahrscheinlich ohne Zustimmung der Republikaner durchboxen, aber für Teil zwei braucht er 60 Stimmen im Senat, hat aber nur die Stimmen der 50 Demokraten, und selbst das ist unsicher. Erschwert wird die Sache noch dadurch, dass Biden mit der Umverteilung der Steuern seine Sozialprogramme mit zwei Billionen Dollar finanzieren will.
«Es gibt zu viele sich widersprechende Interessen, als dass der Kongress zustimmen könnte.»
Diese Verquickung von Steuerdeal, höheren US-Steuern und neuen Ausgaben ist so komplex, dass sie nur mit viel Glück gelingen kann. «Es gibt zu viele sich widersprechende Interessen, als dass der Kongress zustimmen könnte», warnte der federführende republikanische Abgeordnete Kevin Brady bereits.
Fehler gefunden?Jetzt melden.