TV-Kritik «Tatort»Glacestängel für die Polizei
Das Wiener Duo löst seinen fünften Fall in acht Monaten. Das Beste in der «Verschwörung» aber sind die Erholungspausen.
Beide schwitzen. Moritz Eisner auf dem Arbeitsamt, weil er vielleicht seinen Job als Kommissar verlieren wird, und Kollegin Bibi Fellner auf der frühmorgendlichen Joggingrunde. Noch ahnt sie nicht, dass der Mann, dem sie im Wald begegnet, bald das Zeitliche segnet. «Als ich ihn sah, war er noch pumperlgsund», sagt sie später.
Das Schwitzen zu Beginn dieses «Tatorts» kann aber auch symbolisch verstanden werden. Das Wiener Duo hat, dank den Zufälligkeiten des Dreh- und Programmierplans, seit dem letzten September einen wahren Marathon absolviert: In nicht weniger als fünf Fällen standen die beiden vor der Kamera, mit Titeln wie «Die Amme», «Krank», «Pumpen» und «Unten». Nicht alle Folgen waren von der Qualität her ganz oben. Aber eines hatten sie gemeinsam: Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer in den Hauptrollen verleiden einem nie.
«Für einen Eiskaffee sind wir noch zu jung.»
Aktuell gibt es zum Beispiel diese Szene, in der sich die beiden doch eher älteren Staatsdiener in der sommerlichen Wiener Hitze ein Glace gönnen. Wie Jugendliche lutschen sie an ihren Stängeln, halten sie sich gegenseitig, wenn beide Hände gebraucht werden, naschen heimlich vom anderen. «Für einen Eiskaffee sind wir noch zu jung», bilanzieren sie.
Köstlich. Aber zu lachen haben sie sonst nicht viel in dieser «Verschwörung». Denn der Jogger vom Morgen entpuppt sich als hoher Staatsbeamter, der bald tot in einer Kiesgrube liegt. Aber wurde er überhaupt ermordet? Was spielen sein Nachbar und seine jugendliche Ehefrau für eine Rolle? Und wieso will der Chef auf dem Kommissariat die Untersuchung wienerisch galant unterbinden?
Plötzlich ist sogar der Kommissaren-Job gefährdet
Das tönt spannend, aber das Team der «Tatort»-Neulinge Ivo Schneider (Drehbuch) und Claudia Jüptner-Jonstorff (Regie) packt noch viel mehr in die Folge. Es geht um heimliches Doping bei Amateursportlern, Intrigen im Ministerium, allerlei Hunde sowie Grundstücksspekulation auf dem Land. Dazu kommen ein Wassereinbruch bei der Kommissarin und die Rage des Kommissars, der sich so in den Fall verbeisst, dass nicht nur sein geplantes Auslandsjahr in Den Haag gefährdet ist, sondern überhaupt sein Job.
Nein, diese überladene Geschichte gehört nicht zur Stärke der Folge. Am Ende ist der Mörder – tatsächlich! – der Gärtner. Aber viel wichtiger: Es sieht so aus, als ob das Duo doch zusammenbleiben würde, es nach einer etwas längeren Pause doch weitergehen wird. Mit Eisner und Fellner, könnte man sich vorstellen, würde sogar Eiskaffee schmecken.
Fehler gefunden?Jetzt melden.