Klassiker in BormioDas schwierigste Rennen in Odermatts Karriere
Der Nidwaldner wird in Bormio Vierter – und wirkt zunächst ratlos. Beim Sieg des Österreichers Vincent Kriechmayr verblüffen drei Schweizer mit hohen Startnummern.
Für einmal scheint sogar Marco Odermatt ein wenig ratlos zu sein. Im Ziel schüttelt er den Kopf, zuckt mit den Schultern. Er staunt ob den knapp anderthalb Sekunden Rückstand, die er sich eingehandelt hat auf den Österreicher Vincent Kriechmayr. Nichts wird es in Bormio mit dem ersten Abfahrtssieg, der längst überfällig wäre für den weltbesten Skifahrer. Vierter wird Odermatt, und wer sich das Rennen zu Gemüte führt, dürfte nicht erstaunt sein, bezeichnet er die Stelvio-Piste als die schwierigste im Weltcup.
Als die Besten unterwegs sind, liegt die Strecke fast gänzlich im Schatten. Es rüttelt und schüttelt, und es ist derart eisig, dass der Amerikaner Travis Ganong nach den Trainings spasseshalber sagte, er überlege sich, mit Schlittschuhen zu starten. Der Schweizer Stefan Rogentin, der zwar über drei Sekunden verliert und doch 15. wird, resümiert: «Es war so brutal, dass ich mich im Ziel kaum noch auf den Beinen halten konnte.»
Erst zweiter Sieg für Österreich
Doch zurück zu Odermatt: Wenngleich es in seinem elften Saisonrennen zum zweiten Mal nicht fürs Podest reicht, überzeugt der Nidwaldner erneut. Einzig Kriechmayr, der Kanadier James Crawford sowie Aleksander Kilde sind schneller, Letzterer baut seine Führung im Abfahrtsweltcup leicht aus. Der Norweger erlebt kurz vor dem Ziel eine Schrecksekunde, er gerät in Rücklage, kann sich aber gerade noch auf den Ski halten.
Odermatt sagt, er sei schon überrascht gewesen wegen dem Zeitverlust, den Umständen entsprechend sei ihm jedoch eine gute Fahrt gelungen. «Jeder hat gesehen, was hier abgeht. Das war wohl das schwierigste Rennen, das ich je gefahren bin. Während der Besichtigung konnte ich kaum anhalten, so eisig ist es – und ich kann ja schon ein wenig Skifahren.»
Er habe wohl etwas weniger riskiert als Kriechmayr und Crawford, hält Odermatt fest. Vorab dem Sieger gelingt die perfekte Fahrt, er lässt die Österreicher damit ein wenig gelöster Silvester feiern. Für den Weltmeister handelt es sich um den zweiten Saisonsieg, weitere Erfolge hat der einst so erfolgsverwöhnte ÖSV in diesem Winter nicht einfahren können.
Kryenbühls starkes Zeichen
Derweil geht für die Schweizer das Warten auf den zweiten Erfolg in Bormio weiter, im Weltcup hat bei mittlerweile 47 Austragungen einzig Didier Défago (2011) reüssiert. Die Swiss-Ski-Belegschaft tritt ersatzgeschwächt an, Beat Feuz, Niels Hintermann und der einstige Junioren-Weltmeister Lars Rösti verzichteten grippegeschwächt. Ein Start hätte auch kaum Sinn ergeben, die Piste ist so kräfteraubend, dass sich selbst fitte Athleten bei der Jury beschweren.
Von Feuz’ Absenz profitiert Teamkollege Urs Kryenbühl, der in der Startliste unter die Top 30 rutscht – und die etwas günstigere Nummer nutzt. Der Schwyzer wird Sechster, es ist sein mit Abstand bestes Ergebnis seit seinem fürchterlichen Unfall in Kitzbühel im Januar 2021. Auf der Streif verlor er kurz vor dem Ziel die Kontrolle und stürzte bei Tempo 147. Er erlitt eine Gehirnerschütterung, einen Bruch des Schlüsselbeins sowie einen Kreuz- und Innenbandriss.
Wenige Monate nach dem Comeback verunfallte er bei einem Europacuprennen in Saalbach erneut, zog sich eine gravierende Verletzung am Becken zu. Er habe einen harten Weg hinter sich, sagt der 28-Jährige. «Ich musste ein paar Mal unten durch. Wenn ich jetzt daran denke und diesen 6. Platz sehe, kriege ich Gänsehaut.» Dass er ausgerechnet in Bormio wieder mit den Besten mitzuhalten vermag, ist indes kaum Zufall. 2019 und 2020 stand Kryenbühl im Abfahrtsklassiker jeweils auf dem Podest.
Zudem glänzen zwei weitere Schweizer: Riesenslalom-Spezialist Justin Murisier bestätigt seine starken Trainingsleistungen und wird mit Startnummer 40 Siebter, zuvor gewann er erst zweimal Punkte in der Abfahrt. Unmittelbar hinter ihm klassiert sich der Zürcher Gilles Roulin, der zuletzt vor fast vier Jahren in die Top 10 fuhr.
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