Gespräch mit Elisabeth Baume-Schneider«Man müsste wohl die Steuern erhöhen»
Die SP-Bundesrätin warnt in Bern vor den hohen Kosten der Prämienentlastungsinitiative ihrer Partei. Und sie erzählt, wie sie kürzlich als Frau diskriminiert wurde.
Schon wieder muss SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider gegen ihre eigene Partei antreten. Und wahrscheinlich auch gegen ihre eigene Überzeugung. Wie bereits bei der 13. AHV-Rente hat sie bei der Prämienentlastungsinitiative der SP die Haltung des Bundesrats zu vertreten. Dieser ist klar dagegen, dass die Last der Krankenkassenprämien künftig bei zehn Prozent des verfügbaren Einkommens gedeckelt werden soll.
Auch die Kostenbremse-Initiative der Mitte lehnt der Bundesrat ab. Sie verlangt, dass die Gesundheitskosten nicht wesentlich stärker steigen dürfen als die Löhne. Beide Vorlagen kommen am 9. Juni vors Volk. Baume-Schneider ist am Dienstagabend dazu Rede und Antwort gestanden – im Rahmen der Veranstaltung «Der Bund im Gespräch» vor rund 200 Zuschauerinnen und Zuschauern.
Befragt wurde die Gesundheitsministerin von Larissa Rhyn, der Leiterin der Tamedia-Bundeshausredaktion. Diese konfrontierte die Bundesrätin damit, dass eine jurassische Familie mit zwei kleinen Kindern durchschnittlich 11,7 Prozent ihres Einkommens für die Krankenkassenprämien ausgeben muss. Ist das nicht zu viel?
In der Tat sei dies viel, antwortete Baume-Schneider. «Aber der Kanton Jura habe ein gutes Prämienverbilligungssystem.» Auch der Bund nehme seine Verantwortung wahr und beteilige sich stets mit 7,5 Prozent der Gesundheitskosten an der Prämienverbilligung. Nun wolle man mit einem indirekten Gegenvorschlag zur Prämienentlastungsinitiative alle Kantone in die Pflicht nehmen.
Bundesrätliche Haltung kollegial vertreten
Die Initiative hingegen sei sehr teuer, sagte die Gesundheitsministerin. Der Bund müsste bei einer Annahme zwei Drittel der Prämienverbilligung übernehmen. Insgesamt geht es um etwa acht Milliarden Franken ab 2030. «Man müsste wohl die Steuern erhöhen», so Baume-Schneider. Die Lohnabzüge müssten bereits für die Finanzierung der 13. AHV-Rente erhöht werden.
Stattdessen will die SP-Bundesrätin das Problem nun «an der Wurzel packen» und die Gesundheitskosten in den Griff kriegen. Die Kostenbremse-Initiative der Mitte hingegen finde die Landesregierung «zu starr». Es gebe freilich auch hier einen interessanten Gegenvorschlag, der die Gesundheitsakteure dazu zwinge, Lösungen zu finden.
Baume-Schneider vertrat die bundesrätliche Haltung kollegial. Sie liess durch keine Anspielung und kein Augenzwinkern erkennen, dass sie die Prämienentlastungsinitiative persönlich vielleicht gar nicht so schlecht findet. Einzig die häufig verwendete Formulierung «Der Bundesrat will» deutete darauf hin, dass sie das eine oder andere allenfalls nicht genauso sieht.
Auf die Probleme der Spitäler angesprochen, liess die Gesundheitsministerin durchblicken, dass sie einen Teil davon für selbst verschuldet erachtet. Sie verwies etwa auf die Neubauten und auf die Doppelspurigkeiten, wenn mehrere Spitäler in einer Region sich gegenseitig konkurrenzieren. Aber alle wollten «möglichst nahe bei sich ein Spital haben und möglichst schnell behandelt werden». Dafür habe sie auch Verständnis, Gesundheit sei etwas Emotionales.
«Kleider für eine ältere, sehr, sehr dicke Dame»
Zu Beginn der Veranstaltung sprach Baume-Schneider über Bilder, die sie mitgebracht hatte – etwa vom grosselterlichen Bauernhof. Dort habe sie früh gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Zeit für ihre Schwarznasenschafe hat die Hobbybäuerin heute etwas weniger, aber es reiche gut. «Die Schafe sind sehr autonom», so Baume-Schneider.
Ein Bild zeigte auch ihren Ehemann, wie er den damals neugeborenen Sohn zum Stillen ins jurassische Parlament gebracht hatte. Dies gab damals zu reden. Heute ist Baume-Schneider Gleichstellungsministerin und findet es sehr wichtig, dass die Kitas für die Eltern günstiger werden.
Danach gefragt, ob sie selbst schon Diskriminierungen erlebt habe, gab sich die Bundesrätin vorsichtig. Wer sich diskriminiert fühle, könne schwach wirken. Das wolle sie nicht. Ganz zum Schluss der Veranstaltung erzählte sie aber, wie jemand kürzlich auf ihre Adresse und ihre Rechnung «Kleider für eine ältere und sehr, sehr dicke Dame» bestellt habe. «Das würde man mit einem Mann wohl nicht machen.» Sie werde das Paket zurückschicken, vielleicht finde man ja heraus, wer die Kleider bestellt habe.
Baume-Schneider erhält aber auch Honig, Morcheln und Kinderzeichnungen geschenkt. «Das ist sehr angenehm», meinte sie. Überhaupt sei es ein Privileg, Bundesrätin zu sein: «Das finde ich jeden Tag.»
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