Gerichtsentscheid in GenfDurchsuchung des Handys eines Guineers ohne Anlass hat Folgen
Die Genfer Polizei hat einen Guineer ohne Anlass kontrolliert und dabei sein Handy durchsucht. Das war unverhältnismässig, wie das Bundesgericht nun entschieden hat.
Der Sachrichter wird die Zulässigkeit der so erlangten Beweise prüfen müssen – auch mit Sicht auf «racial profiling»
Aufgrund von WhatsApp-Nachrichten schloss die Polizei, dass der Guineer zwei Personen Drogen geliefert haben könnte. Dieser Verdacht bestätigte sich nach der Befragung dieser Personen, wie aus einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts hervor geht.
Am Folgetag wurde der Mann wegen des dringenden Verdachts auf Handel mit über 800 Gramm Kokain in Untersuchungshaft gesetzt. Seine Beschwerde gegen die Untersuchungshaft hat das Bundesgericht abgewiesen. Allerdings wird das Sachgericht prüfen müssen, ob die aus der Durchsuchung des Handys erlangten Beweismittel tatsächlich verwertet werden dürfen.
Die Sichtung von Daten elektronischer Geräte geht über die Befugnisse hinaus, die die Polizei im Rahmen einer Kontrolle von mitgeführten Sachen bei einer Anhaltung hat, wie das Bundesgericht schreibt. Im konkreten Fall lag auch keine Situation von Gefahr in Verzug vor, da es keinen Anfangsverdacht gab.
Verweis auf EGMR-Urteil
Das Bundesgericht erinnert diesbezüglich auch an das kürzlich ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) in Bezug auf «racial profiling». Die Durchsuchung des Telefons komme einer «fishing expedition» gleich. Dennoch können laut Bundesgericht so erlangte Beweise verwertbar sein. Dafür bedürfe es jedoch einer Interessenabwägung.
Es stehe eine schwere Straftat im Raum. Führe die Untersuchung zu eine Anklage, müsse das Sachgericht prüfen, ob bezüglich der Beweiserhebung das öffentliche Interesse an der Aufklärung der schweren Straftat die privaten Interessen des Beschwerdeführers an der Wahrung seiner Grundrechte überwiegt – namentlich das Verbot von «racial profiling».
SDA/pash
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