Vergewaltiger kommt wohl bald freiGericht erteilt Basler Staatsanwaltschaft eine Abfuhr
Die von der Staatsanwaltschaft geforderte Haftverlängerung für den Vergewaltiger im Fall Elsässerstrasse hat das Appellationsgericht abgelehnt. Dennoch muss er noch einige Tage hinter Gittern bleiben.

An diesem Mittwoch hat der Vergewaltiger im Fall Elsässerstrasse in Basel seine Haftstrafe verbüsst, nachdem das Appellationsgericht das Strafmass von 51 auf 36 Monate reduziert hatte. Der Täter – ein 33-jähriger Portugiese – könnte in diesem Monat freikommen. Der Richterspruch schlug landesweit hohe Wellen.
Am Montag hatte die Basler Staatsanwaltschaft (Stawa) einen Antrag auf Haftverlängerung gestellt. Die Stawa wollte auf diese Weise verhindern, dass der 33-Jährige das Gefängnis verlässt, bevor offene Fragen zum Gerichtsprozess geklärt sind.
Konkret geht es darum, ob der Fall an die nächsthöhere Instanz – ans Bundesgericht – weitergezogen wird. Die Staatsanwaltschaft behält sich diese Option vor. Voraussetzung dafür ist die schriftliche Begründung des Urteils, das vom Appellationsgericht Ende Juli gefällt wurde. Bis zur Publikation vergehen in der Regel mehrere Wochen oder Monate – Zeit, in welcher der Täter das Gefängnis verlassen und sich einer allfälligen weiteren Verhandlung durch eine Flucht entziehen könnte.
Gesuch abgelehnt
Das Appellationsgericht lehnt den Antrag der Stawa auf Haftverlängerung jedoch ab, wie es am Mittwochabend via Communiqué mitteilte. Das Gericht stellt sich auf den Standpunkt, dass eine Sicherheitshaft nur gerechtfertigt sei, «wenn konkrete Anhaltspunkte für eine ernsthaft zu erwartende Verschärfung des Urteils bestehen». In anderen Worten: Eine Haftverlängerung ist nur dann angebracht, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass die nächsthöhere Instanz das Urteil verschärft.
Das Bundesgericht greife in der Strafzumessung aber nur ein, wenn die Vorinstanz beispielsweise eine Strafe ausserhalb des gesetzlichen Rahmens festgesetzt habe, hält das Basler Gericht fest. Dies sei in diesem Fall nicht geschehen.
Der öffentliche Unmut der vergangenen Wochen entzündete sich allerdings nicht so sehr an der Strafmilderung an sich, sondern an der mündlichen Begründung der vorsitzenden Richterin des Dreiergremiums. Sie hatte mündlich erklärt, das Opfer habe «mit dem Feuer gespielt» und «falsche Signale» an Männer gesendet – und schien der vergewaltigten Frau somit eine gewisse Mitschuld zu geben.

Das Gericht nimmt im jüngsten Communiqué nicht direkt Bezug auf diese Diskussion, kommt jedoch auf den Artikel 48 des Strafgesetzbuches zu sprechen. Dieser sieht eine Strafmilderung vor, «wenn der Täter durch das Verhalten der verletzten Person ernsthaft in Versuchung geführt wurde». Das Appellationsgericht legt Wert auf die Feststellung, dass man diesen Artikel im vorliegenden Fall nicht angewendet habe. «Entgegen der Darstellung der Staatsanwaltschaft» habe man auch sonst keine «sachfremden Umstände» berücksichtigt.
«Allein die schriftliche Urteilsbegründung ist massgebend – nicht die kurze mündliche Begründung bei der mündlichen Eröffnung des Urteils.»
Im Übrigen gelte es, die schriftliche Begründung abzuwarten. «Allein diese – nicht die kurze mündliche Begründung bei der mündlichen Eröffnung des Urteils – ist massgebend, weshalb die Rechtsmittelfrist auch erst mit Eröffnung des schriftlichen Urteils zu laufen beginnt.» Sobald das Urteil vorliege, könne die Stawa dieses beim Bundesgericht mittels Beschwerde anfechten, so das Appellationsgericht weiter. Das Verfahren vor Bundesgericht sei ein schriftliches Verfahren, und «die Anwesenheit des Beurteilten ist dabei nicht erforderlich». Die Stawa war am Mittwochabend für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Der 33-jährige Portugiese ist indes noch nicht entlassen worden. Wie «20 Minuten» publik machte, hat er noch offene Bussen wegen Verkehrsübertretungen, die in 16 Tage Freiheitsentzug umgewandelt wurden. Nach seiner Entlassung sei der Portugiese dem Migrationsamt zu übergeben, schreibt das Appellationsgericht, damit dieses seine Ausreise aus der Schweiz sicherstelle. Dem Portugiesen wurde nämlich nebst der Gefängnisstrafe ein Landesverweis auferlegt.
Das Appellationsgericht hatte den erwachsenen Täter – gleich wie die Vorinstanz – wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung verurteilt, aber das Strafmass reduziert: von 51 auf 36 Monate Freiheitsstrafe, von unbedingt auf teilbedingt und von 8 auf 6 Jahre beim Landesverweis. Die Tat geht auf den 1. Februar 2020 zurück. Der damals 32-jährige Portugiese hatte gemeinsam mit einem damals 17-Jährigen eine 33-jährige Bekannte vergewaltigt. Der Jüngere der beiden muss sich demnächst ebenfalls vor Gericht verantworten. Ihm wird vor Jugendgericht der Prozess gemacht.
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