Wollhaarmammut 2.0Genforscher rechnet mit künstlichem Mammut in sechs Jahren
Ein Start-up will im Labor einen kälteresistenten mammutähnlichen Elefanten schaffen. Die Kosten dafür sind enorm. Zudem fehlt es noch an einer künstlichen Gebärmutter.
Mammutartige Tiere mit wuchtigem Körperbau und langen Stosszähnen sollen wieder durch Sibirien stampfen. Neu ist diese Idee nicht. Sie könnte nun aber schneller Realität werden als gedacht, wenn es nach den kühnen Vorstellungen von US-Forschern geht. Wenn alles nach Plan läuft, sogar schon in sechs Jahren. Das Startkapital dafür haben sie nach eigenen Angaben inzwischen gesammelt. Doch die Skepsis unter Experten ist gross.
Was wollen die Forscher machen?
Der Genforscher George Church von der Harvard University in Cambridge wirbt seit Jahren mit der Idee, ausgestorbene Tierarten wiederzubeleben. Seine Vision wird nun etwas konkreter. Seit ein paar Tagen kümmert sich ein Start-up mit dem Namen Colossal um die ehrgeizigen und zugleich umstrittenen Pläne. Das Vorzeigeprojekt ist die Wiederbelebung des Wollhaarmammuts. Ziel sei die Schaffung eines kälteresistenten Elefanten mit allen wichtigen biologischen Merkmalen des Wollhaarmammuts. Dieser solle dann auch dasselbe Ökosystem bewohnen.
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Dafür sollen Church zufolge Zellen des bedrohten Asiatischen Elefanten mit gefundenen Urzeit-Genen des Mammuts kombiniert werden. Die Experten wollen hierfür neue Technologien wie die Genschere Crispr-Cas9 nutzen, mit der DNA gezielt geschnitten werden kann. «Mit ihr sollen in die DNA Asiatischer Elefanten mehrere Mammutgene eingefügt werden, zum Beispiel für ein dichtes Fell und für zusätzliche Fettschichten», sagte die Paläontologin Victoria Herridge dem «Spiegel» und sprach von einem «extrem komplizierten» Verfahren.
Eine Leihmutter soll dann das hybride Mammut austragen. Church hält es für realistisch, dass im Jahr 2027 das erste Kalb geboren werden könnte, wie er dem US-Sender CNBC sagte. Nach früheren Angaben von Church reicht das vorliegende Genmaterial eines Mammuts nicht aus, um es zu klonen. Im tauenden Permafrostboden werden immer wieder Reste der einst riesigen Tiere, die in kalten Gebieten Eurasiens und Nordamerikas gelebt hatten, gefunden.
Was sind die Herausforderungen?
Die grösste Hürde werde die Implantation des Mammut-Embryos sein, sagte Ben Lamm, Unternehmer und Mitbegründer von Colossal, im Interview mit «Business of Business». Die Forscherinnen planen, den Embryo in eine künstliche Gebärmutter einzusetzen. «Wir wollen ein Pumpsystem für den Austausch von Gasen, Nähr- und Abfallstoffen sowie Blutversorgung durch eine Nabelschnur schaffen, um einen Wollhaarmammut-Embryo in vitro zur Welt zu bringen», so Lamm.
Woher kommt das Geld?
Bislang fehlte Church das Geld für die Umsetzung seiner Ideen. US-Medien zufolge haben Investoren nun jedoch 15 Millionen US-Dollar zur Umsetzung des Projekts zugesichert. Investiert haben laut der Zeitschrift «Fortune» unter anderen die Kryptowährung-Milliardäre Cameron und Tyler Winklevoss und andere Silicon-Valley-Investoren. Auf die Frage, wie das Vorhaben in Zukunft zu Geld gemacht werden könnte, antwortete Cameron Winklevoss: «Im Lauf der Zeit könnten sich viele wirtschaftliche Möglichkeiten ergeben, zum Beispiel Fernsehen oder sogar Parks für ausgestorbene Tiere wie Jurassic Park.»
Warum sollen Mammuts wiederbelebt werden?
Church behauptet, Mammuts könnten dazu beitragen, dass der Permafrostboden weniger schnell schmelze und dadurch das Freisetzen klimaschädlicher Treibhausgase in den tiefgefrorenen Böden verhindert werden könne. Die Mammuts würden den Schnee feststampfen und so das Auftauen der Böden erschweren, behauptet der Experte. Doch an der Theorie gibt es Zweifel.
«Mammuts werden nicht benötigt, um den Klimawandel direkt zu bekämpfen», sagte Nikita Simow, Leiter eines riesigen Naturschutzgebiets im Nordosten Sibiriens, zur Nachrichtenagentur DPA. Pflanzenfressende Grosssäugetiere trügen vielmehr dazu bei, arktische Landschaften als Weideland vielfältiger und widerstandsfähiger zu machen. Darüber könne der Klimawandel beeinflusst werden.
Was sagen Kritikerinnen?
«Es macht mir Sorgen, dass wir Menschen uns lieber für solche Hochglanz- und Hightechprojekte wie beim Mammut interessieren als für pragmatische Artenschutzprojekte, die bei gutem Management tatsächlich etwas bewegen können», sagte die Paläontologin Victoria Herridge dem «Spiegel». So wäre für den Asiatischen Elefanten wichtiger, sich um sein Habitat, den Regenwald in Asien, zu kümmern, als darüber nachzudenken, dass die Tiere ja auch in der Arktis leben könnten, hält Herridge fest.
Auch müsse überlegt werden, ob der Nutzen das mögliche Leid überwiege, welches die künstlich erschaffenen mammutähnlichen Tiere erfahren könnten, sagte Heather Browning, eine Philosophin an der London School of Economis der «New York Times». Denn es gäbe ja keine Mutter für Jungtiere einer Spezies, die, wenn sie ungefähr so wie Elefanten sei, eine ausserordentlich starke Mutter-Kind-Beziehung entwickle.
Der Permafrost-Experte Guido Grosse vom Alfred-Wegener-Institut in Potsdam hat Zweifel, dass sich mit Mammuts das Auftauen der gefrorenen Böden aufhalten lässt. «Wir sprechen über viele Millionen Quadratkilometer Permafrostregion, die von einer enorm hohen Tierdichte bevölkert werden müssten.» Es würde zu lange dauern, bis entsprechend viele Tiere vorhanden wären. «Die Erwärmung wäre dann in der Arktis schon zu weit fortgeschritten.»
SDA/jba
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