Formel 1: Stunk wegen Nikita MasepinEr versteht den Rauswurf nicht – und zeigt weiter das Putin-Bild
Der junge Russe wurde kurz vor Saisonstart entlassen. Nun will er gegen sein Ex-Team klagen – und zurück in die Königsklasse. Dafür müsste er sich zumindest vom Krieg distanzieren.
![Sein Weg zurück in die Formel 1 ist ziemlich verbaut: Nikita Masepin.](https://cdn.unitycms.io/images/4o8xyAWCKZOB5BW5DzN_Dz.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=eix54FwUiww)
Nikita Masepin versucht sich in Diplomatie. Die gehörte bislang nicht unbedingt zu seinen Kerngebieten. Eher ist der junge Russe mit plump-sexistischem Video aufgefallen, mit Prügelattacken gegen einen Konkurrenten in der Formel 3 oder der Aufforderung an einen weiblichen Fan, ihm doch Nacktbilder zukommen zu lassen, wenn sie ins Fahrerlager der Formel 1 kommen wolle.
Nun kommt er dort seit dieser Saison selbst nicht mehr rein. Das Team Haas, im Vorjahr Arbeitgeber des 23-jährigen Rennfahrers, hat ihn kurz nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine und kurz vor dem Start zur neuen Saison entlassen. Masepin konnte das nicht nachvollziehen, «unfair» sei das. Auch von Hauptsponsor Uralkali hat sich Haas getrennt, einem Düngemittelgiganten aus Russland in den Händen von Masepins milliardenschwerem Vater Dmitri Masepin. Es wäre auch ziemlich schwierig gewesen für den US-amerikanischen Rennstall, zu erklären, weshalb er Millionen aus Russland bezieht, während die Truppen Putins in der Ukraine wüten.
Nun ist Masepin senior zudem nicht einfach ein schwerreicher Geschäftsmann aus Russland, sondern pflegt Kontakte direkt in den Kreml. Die BBC konfrontierte Masepin junior vor ein paar Wochen damit. Es ist das Interview, in dem er sich diplomatisch zu geben versucht. «Sehr schmerzlich» sei, was derzeit passiere, «und zwar auf verschiedenen Ebenen. Meine Gefühle haben sich natürlich verändert, als Person, die in einer friedlichen Welt leben will», sagt Masepin. «Aber ich sehe enorme Risiken darin, mich zu äussern. Ich werde nie alle zufriedenstellen. Daher sage ich dazu nichts in der Öffentlichkeit.»
![Öfter gemeinsam an einem Tisch: Wladimir Putin (links) mit Dmitri Masepin im Januar dieses Jahres.](https://cdn.unitycms.io/images/BwjSIhEgakx99IZXR56H0a.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=XjA2HiE2ZSY)
Bei CNN sagte er im April: «Ich bin Athlet und kein Politiker, ausserdem fehlt mir das Wissen, was diese Entscheidungen betrifft, deshalb ist es wichtig, dass ich öffentlich neutral bleiben kann.» Und was, fragt wiederum die BBC, sagt er zum Treffen seines Vaters mit Präsident Putin Ende Februar, während die Invasion in die Ukraine schon lief? «Uralkali liefert den Dünger an die Welt. Uralkali ist verantwortlich für die weltweite Lebensmittelsicherheit.» 35 Prozent des Weltmarkts würde es in etwa kontrollieren, «Uralkali stellt sicher, dass die Menschen etwas zu essen haben, gesund sind und überleben. Darum gab es dieses Treffen. Es ist eine Schlüsselbranche für unser Land, aber auch für die ganze Welt.»
100-Millionen-Komplex beschlagnahmt
Die EU jedenfalls setzte Dmitri und Nikita Masepin auf die erweiterte Liste von Oligarchen und Personen, deren Vermögenswerte in Europa eingefroren werden und die nicht mehr einreisen dürfen. Die italienischen Behörden haben jüngst einen Immobilienkomplex auf Sardinien im Wert von rund 100 Millionen Franken beschlagnahmt, der im Besitz der Masepins war.
Dennoch tut Nikita Masepin in diesen Tagen so, als sei nichts Weltbewegendes passiert. Gegenüber russischen Medien sagte er vergangene Woche: «Ich bin zuversichtlich, dass eine Formel-1-Rückkehr möglich ist. Deshalb halte ich mein Gewicht und bin auch sonst körperlich in Bestform. Sollte sich also eine Chance ergeben, kann ich sie ergreifen.» Und: «Die FIA erlaubt meine Teilnahme unter gewissen Bedingungen. Der Sport sollte die Leute vereinen. Ich habe immer die Meinung vertreten, dass du keiner bestimmten Ethnie oder Nation angehörst, wenn du den Helm aufhast.» Nur ist Masepin auch schon damit aufgefallen, dass er rassistische Kommentare seiner Fans in den sozialen Medien verteidigte.
Vor allem verlangt der Automobilweltverband von Russen, die unter neutraler Flagge antreten, dass sie einen Verhaltenskodex unterschreiben, in dem sie sich von Russlands Krieg gegen die Ukraine distanzieren. «Ich wollte ja als neutraler Athlet starten», sagt Masepin. Doch schafft er es nicht einmal, ein Foto auf Instagram zu löschen, das ihn zusammen mit seinem Vater bei einem Treffen mit Wladimir Putin zeigt. Darunter schreibt er am 7. Oktober 2020 zum 68. Geburtstag des Präsidenten: «Alles Gute zum Geburtstag, Wladimir Wladimirowitsch, danke für alles, was Sie für den russischen Sport tun!»
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Auch darauf spricht ihn die BBC an. «Meine einzige Verbindung zum Präsidenten gibt es durch den Sport», sagt Masepin, «als ich ihn getroffen habe, war das an der Strecke, nachdem ich ein Rennen gewonnen hatte, so weit ich mich erinnere. Darüber haben wir uns unterhalten.» Das muss als Erklärung reichen.
Masepin will seinen Lohn
Und als ob der Weg zurück in die Formel 1 für den Mann, der im letzten Jahr vor allem mit haarsträubenden Manövern und Unfällen auffiel, nicht schon verbaut genug wäre, klagt er nun auch noch gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber Haas, wie er vergangene Woche ankündigte. Es gebe einen Gehaltsrückstand für 2022, «den sie mir noch immer nicht bezahlt haben. Ein Arbeitgeber sollte zumindest den Lohn bis zum Zeitpunkt der Entlassung auszahlen, von einer Abfindung ganz zu schweigen. Ich habe mein Geld nicht gesehen, also gehen wir vor Gericht.» Teamchef Günther Steiner wusste in Silverstone, wo die Formel 1 am Sonntag ihr zehntes Rennen der Saison austrug, noch nichts davon.
Von einer anderen möglichen Klage aber haben sie längst erfahren bei Haas. Auch Ex-Sponsor Uralkali will gegen den Rennstall vorgehen. Grund: Ein grosser Teil des Sponsorengeldes an Haas soll bereits bezahlt gewesen sein, als es zum Bruch kam. Berichten zufolge soll es sich um zwölf Millionen Franken handeln. Das Team reagierte, indem es selbst acht weitere Millionen von Uralkali forderte, «um die entgangenen Gewinne zu decken».
Die Affäre dürfte sich noch eine Weile hinziehen. Derweil sagt Nikita Masepin: «Ich werde mich bei der ersten Gelegenheit sofort wieder ans Steuer setzen. Wunder geschehen.» Wunder – das ist in diesem Fall definitiv das richtige Wort.
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