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Racial Profiling in Zürich
Linke Forderung nach Quittungen bei Polizeikontrollen gescheitert

Mohamed Wa Baile auf dem Weg ins Bezirksgericht in Zuerich, am Montag, 7. November 2016. Wa Baile wiedersetzte sich einer Personenkontrolle am Hauptbahnhof Zuerich, weil er sich aufgrund seiner Hautfarbe diskriminiert fuehlte. Zum ersten Mal muss ein Schweizer Gericht darueber befinden, ob eine rassistische Personenkontrolle durch die Polizei das verfassungsrechtliche Verbot der Rassendiskriminierung verletzt. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
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Ein fast zehnjähriges Ringen hat im Gemeinderat ein unerwartetes Ende gefunden. Die Zürcher Stadtpolizei wird bei Personenkontrollen auch künftig keine Quittungen ausgeben. 

Das ist ein Rückschlag für die links-grüne Mehrheit im Stadtparlament. Diese verlangte die Einführung von Quittungen in mehreren Vorstössen. Dadurch, so die Hoffnung, würde die Stadtpolizei keine Menschen mehr wegen deren Hautfarbe kontrollieren («Racial Profiling»).

Im letzten Jahr hat die zuständige Parlamentskommission einen detaillierten Verordnungstext verfasst, der das Verteilen der Quittungen regelt. Der Gemeinderat hätte nur noch zuzustimmen brauchen. 

Doch am Mittwochabend liessen SP, Grüne und AL zu, dass ihr Vorhaben beerdigt wurde. FDP, SVP, GLP und Mitte/EVP stimmten gegen eine entsprechende parlamentarische Initiative. Die meisten links-grünen Befürworterinnen, die über eine knappe Mehrheit verfügen im Gemeinderat, enthielten sich. 

Der Grund für die Kapitulation: Der Stadt Zürich fehlt die Kompetenz, um das Verteilen von Quittungen vorzuschreiben. 

Gutachten brachte die Wende

Ganz neu ist dieser Einwand nicht. Das zuständige Sicherheitsdepartement von Karin Rykart (Grüne) lehnt die Quittungen ab. Es wies darauf hin, dass polizeiliche Personenkontrollen durch das kantonale und das Bundesrecht geregelt würden. Eine Pflicht zur Ausstellung von Quittungen müsste also der Kanton beschliessen.

SP, Grüne und AL zweifelten an dieser Auslegung der Gesetzeslage. Daher liessen sie im Auftrag des Gemeinderats ein juristisches Gutachten erstellen. Dieses kam allerdings zum gleichen negativen Ergebnis wie das Sicherheitsdepartement. Darum gaben die QuittungsbBefürworterinnen auf – trotz des Aufwands, den sie betrieben hatten. «Wir halten uns an das Gutachten, obwohl es diametral unseren Ansichten widerspricht», sagte Severin Meier (SP).   

Ausgelöst haben die Bemühungen Fälle von Racial Profiling bei der Stadtpolizei, insbesondere jener von Mo Wa Baile, für den die Stadtpolizei kürzlich vom Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gerügt wurde. Die Quittungen, so die Idee, würden Polizistinnen und Polizisten bewusst machen, warum sie jemanden anhalten und durchsuchen. So sollen Kontrollen, die allein aufgrund von Hautfarbe oder Herkunft stattfinden, verhindert werden, was die Polizeiarbeit effizienter mache. Die Kontrollierten würden die Begründung des Einsatzes schriftlich erhalten. Dies erhöhte das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei, argumentieren SP, Grüne und AL.

Auch Menschenrechtsorganisationen empfehlen den Einsatz von Quittungen, manche europäische Städte wie Bremen wenden sie an. 

Ein weiteres Postulat ist angekündigt

Karin Rykart und der Stadtrat wehrten sich mehrfach gegen die Forderung. Die Stadtpolizei habe bereits 2017 Massnahmen umgesetzt, um Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe zu minimieren. Seither müssen Stadtpolizisten kontrollierten Personen mündlich den Anlass dafür angeben, schrieb das Sicherheitsdepartement kürzlich. Die Voraussetzungen für Kontrollen seien festgeschrieben. Das Bauchgefühl allein reiche nicht. Auf einer App erfasse die Stadtpolizei intern Ort, Zeit, Ursache und Folgen aller Kontrollen. Zudem habe sie das Thema Rassismus in der Ausbildung vertieft sowie Übungen dazu eingeführt.

Im Rat wehrte sich Rykart gegen den Vorwurf der SP, bei der Ausarbeitung der parlamentarischen Initiative ungenügend Auskunft gegeben zu haben.

Redner von SVP und FDP bemängelten, dass Quittungen die Polizeiarbeit erschwerten und zusätzliche Bürokratie verursachten. Bei der Stadtpolizei gebe es keinen strukturellen Rassismus. Polizisten würden Kontrollen aufgrund ihrer Berufserfahrung durchführen. Rassismus sei ein sehr schwerer Vorwurf, sagte Andreas Egli (FDP). Die ständige Kritik zeuge von fehlendem Respekt vor der Polizei, sagte Stephan Iten (SVP). «Nun ist genug, lassen wir dieses Thema.»

Doch die Linke denkt nicht daran. Die SP hat ein neues Postulat angekündigt. Dieses fordert den Stadtrat auf, mehr zu unternehmen gegen diskriminierende Polizeikontrollen.