Gemeinderat sucht verzweifelt AlternativenSo soll der Impact Hub beim Bahnhof Selnau gerettet werden
Aus einer Energiezentrale im Unterwerk Selnau will das EWZ künftig die Stadt mit Seewasser heizen und kühlen. Damit würde aber ein Vermieter von Arbeitsplätzen seinen Standort verlieren.
Sie gibt nicht auf.
Die IG Selnau will das Unterwerk Selnau als Ort erhalten, der weiterhin von der Bevölkerung genutzt werden kann. Das Gebäude, in dem einst Transformatoren der EWZ standen, wird momentan noch vom Museum Haus Konstruktiv und vom Impact Hub genutzt, einer Firma, die temporäre Arbeitsplätze zur Verfügung stellt. So war es auch Christoph Birkholz, Mitgründer der Impact Hub AG, der am Dienstag eine Medienmitteilung im Namen der IG Selnau verschickte mit dem Titel «Es gibt Alternativen».
So klingt die Hoffnung von Birkholz und seinen Mitstreitern. Denn die Stadt Zürich will dem Impact Hub im Unterwerk Selnau den Garaus machen. Der Standort eignet sich aus Sicht der EWZ ideal für eine Energiezentrale für das Millionenprojekt Cool City. Dieses sieht vor, grosse Teile der Stadt künftig im Sommer mit Seewasser zu kühlen und im Winter zu heizen. Ab 2026 soll hier die neue Zentrale entstehen. Der EWZ-Direktor Benedikt Loepfe sagte stets, man habe verschiedene Standorte und Konzepte geprüft, doch die Lösung Selnau mit einem zentralen Standort sei finanziell und zeitlich am besten realisierbar.
Dies will die IG Selnau nicht einfach so hinnehmen. Sie hat bei mehreren Expertinnen und Experten eine Studie in Auftrag gegeben, die Alternativen zum Unterwerk Selnau prüfen soll. Sie kommen nun zum Schluss: Der Standort Selnau sei gut, aber nicht die einzige mögliche Lösung. Als Alternative schlagen die Expertinnen und Experten vor, den Untergrund zu nutzen. So liessen sich etwa im 1989 stillgelegten Lettentunnel, der einst von den SBB genutzt wurde, Energiezentralen und klimaschonende Wärmespeicher realisieren. Oder das Unterwerk Selnau könnte mit weiteren Zentralen beim Lindenhof und in öffentlichen oder privaten Liegenschaften kombiniert werden.
Wurde eine unterirdische Alternative genügend geprüft?
Die Resultate wurden am Dienstagabend präsentiert, bevor die Studie erschienen ist – nicht zufällig kurz vor der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend. Dort wurde ein für dringlich erklärtes Postulat der Fraktionen SP, Grüne und GLP behandelt. Dieses liest sich ähnlich wie die Medienmitteilung der IG Selnau. Es fordert den Stadtrat dazu auf, «mögliche Standorte für die Energiezentrale(n) zur Erschliessung des Gebiets ‹Cool City› im Untergrund der Stadt Zürich (…) als ernsthafte Alternative zu prüfen». Oder anders ausgedrückt: Der Stadtrat soll nochmals schauen, ob das Unterwerk Selnau für den Impact Hub nicht doch noch irgendwie zu retten wäre.
Am Sihlufer liesse sich noch viel machen, sagte der SP-Gemeinderat Marcel Tobler: «Lasst uns das mit dem Bau der Energiezentrale nicht einfach aufgeben.» Dominik Waser von den Grünen sagte, das Potenzial einer Anlage im Untergrund sei bisher noch nicht wirklich geprüft worden. Es gehe darum, alle Optionen zu prüfen.
Dies habe man gemacht, sagte der zuständige Stadtrat Michael Baumer. Man habe über 30 Alternativen geprüft, aber eine Energiezentrale am Standort Selnau sei die beste. Ausserdem müsse man nun vorwärtsmachen, wenn man das ambitionierte Netto-null-Ziel erreichen möchte: «Man kann nicht immer sagen, man wolle alles und sofort, aber nicht so», sagte Baumer an Waser gerichtet. Dieser hatte im Namen der Grünen zu Beginn der Gemeinderatssitzung eine Erklärung vorgelesen, dass der Stadtrat zu wenig schnell handle bei den Klimazielen.
Übermacht von SP, GLP und Grünen
Diese Haltung unterstützte auch die AL, die sich nicht auf die Seite von SP, GLP und Grünen schlagen wollte. Das Projekt laufe bereits, einzelne Leitungen seien im Bau, da könne man nicht einfach nochmals zurück, sagte der AL-Sprecher Andreas Kirstein. Er deutete auch an, wie der Impact Hub Ratsmitglieder beeinflussen wollte: «Auch ich habe viele Telefonanrufe erhalten.» Wenn man dem nachgebe, sei dies aber «typischer Zürcher Klientelismus», sagte Kirstein.
Die Übermacht der grossen Fraktionen SP, GLP und Grünen war aber zu gross, und so wurde das Postulat mit 65 zu 48 Stimmen an den Stadtrat überwiesen. Der Impact Hub darf also nochmals hoffen, dass er doch noch irgendwie im Unterwerk Selnau bleiben kann.
Haus Konstruktiv wird ausziehen
Die Hoffnung auf eine Rettung des Unterwerks Selnau bereits aufgegeben hat das Haus Kosntruktiv, das ebenfalls in dem EWZ-Gebäude untergebracht ist. Das Museum hat im Sommer mit der Löwenbräu-Kunst AG einen Mietvertrag abgeschlossen und wird im Frühling 2025 ins Löwenbräukunst-Areal beim Escher-Wyss-Platz ziehen.
Dem Impact Hub fehlt es aber an einer Alternative. Er soll zwar ins Limmathaus einziehen können, wo sich momentan noch das X-tra befindet, doch da sollen auch die Arbeitsplätze hin, die der Impact Hub in einer Zwischennutzung am Sihlquai betreibt. Und darum kämpft er weiter für eine Lösung. Mit allen Mitteln – und der Unterstützung des Gemeinderats.
Fehler gefunden?Jetzt melden.