Kehrtwende bei DividendenGeheimgespräche, eine Drohung – und plötzlich gibt die UBS nach
Noch am Wochenende wollte der UBS-Chef von Änderungen bei der Ausschüttung an die Aktionäre nichts wissen. Nun lenken die Grossbanken ein – die Hintergründe.
![UBS-Chef Sergio Ermotti sieht seine Bank stark genug kapitalisiert, um auch weiterhin Dividenden auszuschütten.](https://cdn.unitycms.io/images/BElOMTvoKTj9gsKjDT3KQU.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=WVHlRSBHjEw)
Im Streit um die Dividendenzahlungen haben sich die beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse mit der Finanzmarktaufsicht (Finma) am Donnerstag auf einen überraschenden Kompromiss geeinigt. Einen kompletten Dividendenstopp, wie ihn die Finma lieber gesehen hätte, gibt es zwar nicht. Dafür splitten beide Banken ihre Auszahlungen auf.
Die erste Hälfte der Ausschüttung erfolgt im Frühjahr, die zweite soll nach jeweils ausserordentlichen Generalversammlungen im Herbst erfolgen, in Abhängigkeit von den Quartalsergebnissen. Sprich, verschärft sich die Krise, kann die zweite Tranche der Ausschüttung gestrichen werden.
Noch am vergangenen Sonntag wollte UBS-Chef Sergio Ermotti von Änderungen der Ausschüttungspläne nichts wissen. «Die UBS ist kapitalstark und strategisch gut positioniert. Wir sind in der Lage, die versprochene Dividende zu bezahlen und gleichzeitig die Wirtschaft mit Liquidität zu versorgen», hatte Ermotti dem «SonntagsBlick» erklärt.
UBS im Fokus
Eine fast wortgleiche Formulierung steht nun im Communiqué vom Donnerstag, in dem die UBS ihre gesplittete Auszahlung ankündigt – allerdings mit dem Zusatz versehen, dass die UBS nun der «Forderung der Finma Folge leisten» will.
Laut Finanzkreisen hat die Aufsicht in den vergangenen Tagen den Druck vor allem auf die UBS massiv erhöht. «Die UBS stand in der Frage im Fokus, denn ihre Dividendenausschüttung von 2,6 Milliarden Franken ist weit höher als jene der Credit Suisse, die 678 Millionen Franken ausschütten will», sagt eine Quelle mit Kenntnissen der Vorgänge.
So hat die Finma den Verwaltungsräten beider Grossbanken diese Woche in einem Brandbrief noch einmal nahegelegt, die Ausschüttungspläne zu überdenken. Über den genauen Inhalt des Schreibens ist bis jetzt nichts nach aussen gedrungen.
Treffen auf höchster Ebene
Dem Vernehmen nach gab es zwischen der Aufsicht und den Verwaltungsräten beider Grossbanken in den vergangenen Tagen aber Gespräche auf höchster Ebene zu dieser Frage, auf der die nun kommunizierte Kompromisslösung erarbeitet wurde.
Laut mehreren Quellen sei auch die UBS zur Einsicht gelangt, dass das Festhalten an einer unveränderten Ausschüttung das Verhältnis zur Finma dauerhaft zu beschädigen droht.
Die Aufsicht war den Banken in der Krise zunächst entgegengekommen und hatte der Streichung des antizyklischen Kapitalpuffers zugestimmt. Dieser Puffer sah vor, dass Banken zusätzliches Eigenkapital zur Absicherung von Hypothekendarlehen vorhalten müssen. Das sollte Banken bei der Kreditvergabe bremsen.
Durch die Streichung des Puffers sollten nun 6 Milliarden Franken zusätzliche Mittel frei werden, von denen die Aufsicht hoffte, dass sie in die Realwirtschaft via Kredite zurückfliessen.
Der Streit eskalierte
Als Ende März beide Grossbanken keine Anstalten machten, ihre Dividendenpläne zu ändern, verschärfte die Finma den Ton und kündigte an, die durch die Erleichterung freigesetzten Eigenmittel im Umfang der geplanten beziehungsweise dann tatsächlich vorgenommenen Ausschüttungen zu kürzen.
Aber auch das hat zunächst die Verantwortlichen nicht beeindruckt, wie die Interviewäusserungen von Ermotti vom vergangenen Wochenende zeigen. «Die Finma hat daraufhin beständig den Druck erhöht», so ein Insider.
Die Finma selbst äussert sich nicht zum weiteren Vorgehen und verweist auf ihr Schreiben an die Verwaltungsräte, in dem die Aufsicht die Änderung der Ausschüttungspläne erneut anmahnte. Mit dem gefundenen Kompromiss ist die Finma zufrieden. «Die Finma sieht in der Vorsichtsmassnahme der beiden Institute einen Weg, verantwortungsvoll mit den grossen Unsicherheiten der Covid-19-Krise und mit Aktionärserwartungen umzugehen», erklärte die Aufsicht.
Druck aus dem Ausland
Branchenkreise weisen darauf hin, dass die Finma selbst international unter Druck geriet. Denn sowohl die Bankenaufseher der EZB als auch die Bank of England haben die Banken in ihren jeweiligen Ländern mit Erfolg dazu gebracht, Dividendenzahlungen zu streichen.
Anfang April kündigten die britischen Banken Lloyds, RBS, Barclays, HSBC, Santander and Standard Chartered in einer konzertierten Aktion an, ihre Ausschüttungen für das Jahr 2019 zu streichen. Ende März gab bereits die Commerzbank in einer Ad-hoc-Mitteilung bekannt, dass sie für 2019 keine Dividende vorschlagen werde.
Keine Kürzungen bei Versicherern
Interessanterweise ist in der Versicherungswirtschaft bisher nichts bezüglich Dividendenstreichungen bekannt. Dabei steht die Aufsicht Finma nach eigenen Aussagen auch mit der Assekuranz-Branche hierzu in Kontakt. «Wir standen in der Thematik einer umsichtigen Ausschüttungspolitik in den letzten Wochen mit vielen weiteren Finanzinstituten in Kontakt und haben unsere Haltung erklärt und deutlich gemacht», erklärte Finma-Sprecher Tobias Lux.
Die Zurich Insurance Group hat ihre Dividende bereits nach der Generalversammlung ausbezahlt. Und die Swiss Re will sich kommende Woche von den Aktionären eine Dividendenerhöhung um 5 Prozent sowie ein neues Aktienrückkaufprogramm von einer Milliarde Franken genehmigen lassen.
Die Corona-Krise könnte die Versicherer dabei mindestens so hart wie die Banken treffen: Denn zum Einen müssen sie Schäden aus Todesfallpolicen oder abgesagten Grossveranstaltungen zahlen. Ferner sind Versicherer Grossinvestoren und leiden entsprechend unter den Börsenturbulenzen. Von einem Brandbrief der Aufsicht an grosse Versicherer ist bisher aber nichts bekannt.
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