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Meinung

Leitartikel zum Covid-Gesetz
Gegnerinnen und Gegner leiden unter Gedächtnisverlust

Im Vergleich zum Lockdown sind die Massnahmen des Covid-Gesetzes eine minimalinvasive Intervention.
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Millionenfach zeigen Leute auf ihren Handys den Corona-Pass. Er ist der rare Glanzpunkt der mit Pleiten, Pech und Papierformularen verseuchten digitalen Pandemiebewältigung. Das Zertifikat hat enorm zur Entspannung dieser Gesundheitskrise beigetragen: Getestete, Genesene und Geimpfte führen wieder ein annähernd normales Leben, reisen, besuchen Veranstaltungen und Beizen. Ganz ohne Angst, in einem überfüllten Spital zu landen, wenn sie erkranken oder verunfallen.

In den falschen Händen, allerdings, könnte sich das Covid-Zertifikat in das Werkzeug einer totalitären Gesundheitspolizei verwandeln. Die Volksrepublik China macht es vor. Dort bringen die Machthaber das Virus mit digitaler Rundum-Überwachung zum vermeintlichen Verschwinden. Allerdings um den Preis luftdicht versperrter Landesgrenzen, und auch nur dann, wenn laufend wieder Millionen unter drakonische Lockdowns gestellt werden.

Es ist dieses Risiko des Corona-Totalitarismus, das Gegnerinnen und Gegner des Covid-Gesetzes hauptsächlich umtreibt. Ihre Skepsis verdient Respekt. Und noch mehr Respekt verdient, wie die «Freunde der Verfassung» – die wenigsten von ihnen mit politischer Erfahrung – rekordverdächtig viele Unterschriften zusammengebracht haben.

Befürworterinnen und Befürworter des Gesetzes aber beissen sich am «Stil» der Gegenkampagne fest. Daran, dass auch abstruse, an Verschwörungsmythen geknüpfte Argumente vorgebracht werden. Und daran, dass auch irrationale Impfgegner und Wirrköpfe für das Referendum weibeln.

Abstimmungskämpfe sind schon in sogenannt normalen Zeiten kein Achtsamkeits-Yoga.

Das ist schon so. Aber: Jede politische Bewegung läuft Gefahr, dass sich an ihren Rändern irrlichternde Extremisten zusammenrotten. Die Gewerkschaften erleben das jedes Jahr, wenn sich der Schwarze Block hinter der 1.-Mai-Demo versteckt. Und ist die Klimajugend blütenrein rechtsstaatlich, wenn sie Bankfilialen besetzt? Basieren die Argumente radikaler Gentech-Gegner durchwegs auf glasklarem wissenschaftlichem Konsens?

Abstimmungskämpfe sind schon in sogenannt normalen Zeiten kein Achtsamkeits-Yoga. Wieso soll das jetzt anders sein? Ausgerechnet in einer Jahrhundertkrise? Man muss dieser Covid-Debatte, so ruppig sie zuweilen von beiden Seiten geführt wird, applaudieren. Vorbei ist die Zeit, als es zu den Lock- und Shutdowns keine Alternative zu geben schien. Als man sich strafbar machte, wenn man den Haarsalon besuchte oder sich mit einer befreundeten Familie traf.

Jetzt, in der Abenddämmerung der Pandemie, ist eine robuste politische Ausmarchung wieder möglich. Und nötig. In den Medien, auf Twitter und Telegram, aber auch auf dem Bundesplatz. Schön! Die Schweiz stimmt ab über die Pandemiepolitik ihrer Regierung, und das schon zum zweiten Mal. Wo sonst wäre so etwas überhaupt denkbar?

Das führt zum zentralen Argument. Die Gegnerinnen und Gegner des Gesetzes leiden unter Gedächtnisverlust und neigen zur Verwechslung. Das Covid-Gesetz in seiner aktuellen Form schränkt eben die Macht des Bundesrats ein und weitet sie nicht aus. Es ist als Ergänzung zum Epidemiengesetz ein Fortschritt an demokratischer Kontrolle.

In der Gesamtbilanz verdient das Covid-Gesetz Zustimmung.

Das umstrittene Zertifikat, vom Datenschützer für unbedenklich befunden, ist eine minimalinvasive Massnahme im Vergleich zu Berufs- und Versammlungsverboten. Nur geringe Nachteile müssen jene in Kauf nehmen, die sich nicht per Spritze immunisieren wollen.

In den richtigen Händen, nämlich jenen von demokratisch gewählten Politikerinnen und Politikern, ist das Zertifikat gerade kein Instrument der Totalüberwachung. Zudem ermöglicht das Covid-Gesetz immer noch nötige Finanzhilfen – besonders wichtig für die gebeutelte Eventbranche.

In der Gesamtbilanz verdient das Covid-Gesetz Zustimmung. Es verspricht so wenig Einschränkungen unserer Rechte wie nötig und gibt uns Werkzeuge in die Hand, um aus der Pandemie in bessere Zeiten zu steuern: Wenn wir gelernt haben, mit dem Virus zu leben. Eine Zukunft, in der wir nicht mehr andächtig befolgen müssen, was der Bundesrat uns für unser Wohlergehen vorschreibt.