Brisanter Vorstoss in ZürichStadt Zürich soll Palästinenserhilfswerk finanziell unterstützen
Angesichts der humanitären Situation in Gaza soll das umstrittene Hilfswerk UNRWA Geld aus Zürich erhalten. Ein Vorstoss der Linken dürfte im Stadtparlament eine Mehrheit finden.
Der Stadtrat soll prüfen, wie «schnellstmöglich ein substanzieller Beitrag» an das UNO-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) oder andere internationale Organisationen mit den notwendigen Kapazitäten ausbezahlt werden kann. Dies verlangen die Gemeinderatsmitglieder Severin Meier (SP), Selina Walgis (Grüne) und Tanja Maag Sturzenegger (AL) in einem Postulat, das sie soeben eingereicht haben. Der Vorstoss dürfte angesichts der Mehrheit der drei Parteien im Stadtparlament überwiesen werden.
Im Gazastreifen «unersetzlich»
Die terroristischen Angriffe der Hamas vom 7. Oktober 2023 seien aufs Schärfste zu verurteilen, heisst es im Postulat. Gleiches gelte auch für die in der Folge begangenen Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch Israels Armee. Die Stadt Zürich könne leider weder den Terror der Hamas beenden noch die Einhaltung des humanitären Völkerrechts sicherstellen. Hingegen könne sie einen Beitrag zur Linderung der humanitären Not leisten. 81 Prozent der Haushalte im Gazastreifen hätten aktuell keinen Zugang zu sauberem Wasser, mehr als die Hälfte der Bevölkerung Gazas habe alle ihre Essensvorräte aufgebraucht. Eine Hungersnot stehe kurz bevor, heisst es im Postulat.
Der Bund hat für dieses Jahr einen Beitrag von 20 Millionen Franken an das Hilfswerk vorgesehen, diesen jedoch nicht ausbezahlt. Vor einem Monat hat der Bundesrat entschieden, nur 10 Millionen Franken auszubezahlen. Die Konsultation der Aussenpolitischen Kommissionen der eidgenössischen Räte stehe zwar noch aus, heisst es im Postulat weiter. Es sei jedoch sehr wahrscheinlich, dass tatsächlich nur ein Teilbetrag ausbezahlt werde. Dies sei verheerend, denn das Hilfswerk sei insbesondere im Gazastreifen «unersetzlich».
Kritik und Untersuchung
Das UNO-Palästinenserhilfswerk ist allerdings umstritten. So gab es Vorwürfe, in Schulen des Hilfswerks in den Palästinensergebieten werde gegen Israel gehetzt. Israels Regierung beschuldigte das UNRWA zudem, dass mehrere seiner Mitarbeiter ins Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 verwickelt gewesen seien.
Eine UNO-Untersuchung ergab darauf, dass das Hilfswerk seine Neutralität im Grossen und Ganzen gut wahre, aber Verbesserungen nötig seien. Der Bundesrat stützte sich beim Entscheid, Geld freizugeben, auf eine Analyse des Berichts sowie auf die Absprache mit anderen Geldgebern. Die meisten von ihnen hatten die Zahlungen inzwischen wieder aufgenommen.
FDP: Aussenpolitik ist Sache des Bundes
FDP-Fraktionschef Michael Schmid steht dem Vorstoss der Linken sehr kritisch gegenüber. Er könne nicht verstehen, warum diese einen solchen Vorstoss einreiche und sich damit dem Vorwurf der Parteilichkeit aussetze. Das UNRWA sei politisch hoch umstritten, und der Zürcher Gemeinderat sollte sich um städtische Angelegenheiten kümmern, statt Aussenpolitik zu betreiben, dies sei Sache des Bundes. Schmid weist darauf hin, dass der Stadtrat 1,5 Millionen Franken für humanitäre Hilfe budgetiert habe und erst im Januar die Glückskette mit 100’000 Franken zugunsten der notleidenden Zivilbevölkerung in Gaza unterstützte.
SVP: «Unverantwortlich»
SVP-Fraktionschef Samuel Balsiger wird noch deutlicher: «Steuergelder, die an das UNRWA fliessen, landen auch bei der Terrororganisation Hamas und im Krieg. Das ist bewiesen. Die Forderung der Linken ist unverantwortlich.»
Severin Meier von der SP lässt sich von der Kritik nicht beirren. Es gehe einzig um die dringend nötige humanitäre Hilfe für Gaza, sagt er. Wenn die Schweiz einen Teil der Gelder zurückhalte, müssten eben die Städte einspringen. Die Exekutive der Stadt Genf habe die Notwendigkeit bereits erkannt und dem Stadtparlament beantragt, 500’000 Franken an die UNRWA zu spenden. Jetzt soll auch Zürich «einen Betrag in dieser Grössenordnung beisteuern», sagt Meier, der auf eine möglichst rasche Umsetzung des Postulats hofft.
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