Spesenskandal bei AHV-KasseFunktionäre machen auf Kosten der Versicherten teure Reisen
Die Direktorin entlassen, fünf Geschäftsleitungsmitglieder suspendiert: Bei der AHV-Kasse des Kantons Waadt soll es einen Finanzskandal gegeben haben.
Mehrere Hunderttausend Franken Spesen für Reisen, Hotelübernachtungen, Restaurantbesuche und den Kauf von teurem Büromobiliar; ein IT-Projekt, das bislang 13 Millionen Franken verschlang, aber nie entscheidende Fortschritte brachte: Dies fand die Waadtländer Finanzkontrolle heraus, als sie jüngst bei der kantonalen AHV-Kasse deren Buchhaltung und Geschäftstätigkeit minutiös durchleuchtete. Den Auftrag dazu gab die Waadtländer Gesundheits- und Sozialdirektorin Rebecca Ruiz (SP), nachdem sie aus verschiedenen Quellen über mögliche Unregelmässigkeiten informiert worden war.
Was bei der AHV-Kasse im Detail passiert ist, klärt nun die Waadtländer Staatsanwaltschaft ab. Gemäss Darstellung der kantonalen Finanzkontrolle soll es mutmasslich zu strafbaren Handlungen gekommen sein. Die Waadtländer Regierung hat die Direktorin der AHV-Kasse diese Woche fristlos entlassen und fünf Geschäftsleitungsmitglieder bis auf weiteres suspendiert. Über deren Schicksal wird die Regierung zu einem späteren Zeitpunkt definitiv entscheiden. Ein Interimsdirektor führt die Kasse bis auf weiteres.
Spesenzahlungen vertuscht
Dem Verwaltungsrat der AHV-Kasse, deren Betrieb die Waadtländer Versicherten jährlich 40 Millionen Franken kostet, waren die Unregelmässigkeiten offenbar jahrelang verborgen geblieben. Das sagte Regierungsrätin Ruiz am Donnerstagnachmittag an einer Medienkonferenz. Sie sprach davon, dass die Spesenzahlungen in der Buchhaltung «geschickt vertuscht» wurden. Es habe sich um ein «gut organisiertes, weitgefächertes und undurchsichtiges System» gehandelt, so Ruiz. Ob es beim Millionen teuren IT-Projekt allenfalls zu Kickback-Zahlungen gekommen ist, soll gemäss Ruiz die Strafuntersuchung zeigen. Sie versicherte, die Kasse sei trotz grosser Turbulenzen voll funktionstauglich und die Rentenzahlungen gesichert.
Der Fall bei der Waadtländer AHV-Kasse erinnert an Vorkommnisse bei der Zentralen Ausgleichskasse (ZAS) in Genf. Das Bundesstrafgericht in Bellinzona hat die Ex-Direktorin der wichtigsten AHV-Kasse der Schweiz, für die der Bund zuständig ist, in diesem Jahr wegen Betrug und Urkundenfälschung verurteilt. Die Frau hatte ab 2013 wiederholt ungerechtfertigte Spesenbezüge gemacht. Sie wurde zu einer Busse von rund 5000 Franken und einer Geldstrafe von 26’000 Franken auf Bewährung verurteilt. Dazu wurden ihr 5000 Franken Untersuchungskosten verrechnet. Auch die nun entlassene Direktorin der Waadtländer AHV-Kasse war früher bei der ZAS in Genf tätig.
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