Frappé fédéralFrost-Herzog, Blumen-Jositsch, Millionen-Dobler
Wer ist trotz Wahlniederlage Wahlsiegerin geworden? Und wer verfügt über das dickste Sparschwein? Der etwas andere Rückblick auf die zu Ende gegangene Wintersession.
Wir beginnen diesen Sessionsrückblick mit einem Personalgeschäft: Eva Herzog ist gewählt! Und zwar zur Vizepräsidentin des Ständerats. Die Basler Sozialdemokratin ersetzt ihre Parteifreundin Elisabeth Baume-Schneider, die in den Bundesrat wechselt. Dort wollte Herzog auch hin, war gar Favoritin, doch bekanntlich gab eine Mehrheit des Parlaments – darunter viele Mitglieder der SP-Fraktion – Baume-Schneider den Vorzug. Die SP nominierte Herzog hinterher dafür (konkurrenzlos) als Baume-Ersatz im Ständeratspräsidium; diesen Mittwoch erfolgte die Wahl durch das Ratsplenum. Damit wird Herzog der kleinen Kammer in einem Jahr voraussichtlich als Präsidentin vorstehen dürfen. Da uns der Begriff «Trostpreis» der Würde des Parlaments unangemessen erscheint, sprechen wir hier lieber, in der Sprache des Topmanagements, von einer Abgangsentschädigung.
Dass Herzog als Bundesratskandidatin scheiterte, dürfte unter anderem einem Mann zu verdanken sein: Daniel Jositsch. Der Zürcher Ständerat nahm es am Wahltag stillschweigend hin, dass er, obwohl von der SP nicht nominiert, Dutzende Stimmen erhielt. Seine Weigerung, zur Wahl einer der beiden offiziellen SP-Kandidatinnen aufzurufen, könnte Herzog um den Erfolg gebracht haben. Diesen Mittwoch aber war es Jositsch, der Herzog nach der Kür zur Vizepräsidentin einen Blumenstrauss überreichte – eine zur Versöhnung gedachte Geste möglicherweise. Der knappe Händedruck der beiden, der Verzicht auf die üblichen Küsschen und vor allem Eva Herzogs frostige Blicke deuten allerdings darauf hin, dass das Tauwetter trotz der Blumen noch etwas auf sich warten lassen könnte.
Ein eher unerwartetes Nebenprodukt dieser Bundesratswahl ist die entscheidende Beeinflussung des weiteren Verlaufs der Schweizer Fussballmeisterschaft (auf Jahre hinaus!). Etwas vollmundig kündigte die Basler Fussballbar «Didi Offensiv» das Ende der Vorherrschaft der Berner Young Boys an. «Wir sind frohen Mutes. Immer wenn ein Basler oder eine Baslerin in den Bundesrat gewählt wurde, läutete dies das Ende einer Hochphase der Young Boys ein», schrieb die Bar in der Einladung zu ihrem Public Viewing der Bundesratswahl. «Also, bei der Wahl von Hans-Peter Tschudi 1959 war das auf jeden Fall so. Deshalb: Daumen drücken für Eva Herzog.» Es kam bekanntlich anders. Bundesrat: Bern; Bundesrätin: ehemaliges Bern; Fussballmeister: immer noch Bern.
Apropos Bern und Berner Parlamentarier: Bei der grossen AHV-Debatte in der letzten Woche lieferten sich zwei aus Bern einen Twitter-Fight (what else) – und dann heissen sie auch noch gleich! Zuerst veröffentlichte die Sozialdemokratin Flavia Wasserfallen ein Bild der leeren rechten Ratsseite. Verlassene Pulte, ein paar Hustenbonbons, ein halb gerauchter Joint (kleiner Spass) und darunter der spitze Kommentar: «So sehen die Ränge der SVP aus, wenn wir über die Stärkung der AHV-Renten reden.»
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Die Antwort folgte prompt und wieder per Bild. Dieses Mal die linke Ratsseite, wieder sehr wenige Menschen, ein paar Hustenbonbons, ein halb gerauchter Joint (ein Spass?) und darunter der spitze Kommentar des Freisinnigen Christian Wasserfallen: «Bei der SP sieht es nicht viel besser aus. Wenigstens ist Flavia Wasserfallen kurz vor der Aufnahme wieder im Saal aufgetaucht.» Die Moral? Keine. Die Pointe? Dito. Die AHV scheint im Bundeshaus offensichtlich nicht zu interessieren. Dafür Twitter. Sad.
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Sad, traurig, auch darum, weil die vielen Boykotteure Bemerkenswertes verpassten: Normalerweise sind es die Linken, die gern über «Geschenke für Reiche» schimpfen. In der Debatte über die Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente übernahmen die Bürgerlichen diesen Part. Die von der SP geforderte 13. AHV-Rente sei abzulehnen, weil sie «auch an die Millionäre geht» (Lukas Reimann, SVP). Sie nütze «auch einer Person, die im Erwerbsleben Millionen verdient hat» (Andri Silberschmidt, FDP). Bei Betroffenen von Altersarmut «wäre dieses Anliegen vielleicht sogar noch berechtigt, aber sicher nicht bei den Millionären» (Philipp Matthias Bregy, Die Mitte). Nichts aber hat so viel Schlagkraft wie das personalisierte Beispiel: Das mag sich Marcel Dobler gedacht haben, FDP-Nationalrat, Digitec-Gründer und heute Miteigentümer der Franz Carl Weber AG. Die Initiative, erklärte Dobler unter allgemeiner Heiterkeit, schaffe unnötige Zusatzeinnahmen «für mich und alle anderen Millionäre».
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