Anti-Burka-InitiativeFrauengruppe plädiert für ein Verhüllungsverbot
Ein neu formiertes Frauenkomitee um Mitte-Nationalrätin Marianne Binder engagiert sich für die umstrittene Abstimmungsvorlage vom 7. März.
Es gehe ihr «allein um den Rechtsstaat, um die Grundrechte, speziell um die Frauenrechte», sagt die Aargauer Mitte-Nationalrätin Marianne Binder-Keller. Dass es in der Schweiz nur wenige Nikab-Trägerinnen gebe, sei ein schwaches Argument gegen das Verhüllungsverbot: «Ein Unrecht wird nicht kleiner, weil es nur wenige betrifft. Die Vollverschleierung ist rechtstaatswidrig.»
Binder hat darum mit SVP-Nationalrätin Monika Rüegger und der Islamkritikerin Saïda Keller-Messahli die überparteiliche Frauengruppe Frauenrechte-Ja.ch lanciert. Sie lädt ab Mittwoch Frauen jeglicher politischer Ausrichtung ein, der Gruppe beizutreten und die Initiative für das Verhüllungsverbot, über die am 7. März abgestimmt wird, zu unterstützen. Mit dabei sind bereits die Autorinnen Isolde Schaad, Gisela Widmer und die Juristin Brigitte Pérez Frei.
Die Gruppe fokussiert auf Frauenrechte. Frauen hätten bei der Kritik am fundamentalistischen Islam eine besondere Glaubwürdigkeit, so Binder. Sie weist darauf hin, dass die Vollverschleierung in verschiedenen Staaten, auch in Nachbarländern, bereits verboten sei. Diese duldeten keine Parallelgesellschaften, in denen Frauen diskriminiert würden.
«Diese Frauen sind nicht unterdrückt, folglich muss man sie nicht befreien.»
Der Frauengruppe geht es dabei nicht primär um das Thema Islamisierung. «Man muss in dieser Debatte die Religion aussen vor lassen und allein mit dem Rechtsstaat und den Grundrechten argumentieren», sagt die Nationalrätin. Die Mehrheit der hiesigen Muslime wolle eine solche diskriminierende Verhüllung ja auch nicht. Binder gibt zu bedenken, dass Frauen, die sich von der Verhüllung befreiten, im Iran ins Gefängnis müssten. Der Gesichtsschleier bedeute «Sexualisierung und Unterordnung».
Freilich argumentieren viele Muslime mit der Religionsfreiheit gegen das Verhüllungsverbot. Binder lässt das nicht gelten: «Man kann doch nicht mit der Religionsfreiheit Unfreiheit und Diskriminierung rechtfertigen.» In der Tat hielt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2014 fest, dass das Verhüllungsverbot weder die Religions- noch die Meinungsfreiheit verletze.
Unter Feministinnen sind die Argumente der Frauengruppe freilich umstritten – wie überhaupt das Thema Verschleierung bei Frauenrechtlerinnen für Kontroversen sorgt. Die Theologin Doris Strahm sagt: «Ich befürworte das Tragen von Burka und Nikab keineswegs. Die Verhüllung des weiblichen Körpers ist Ausdruck einer patriarchalen Ordnung». Dennoch hält sie ein Verbot auf Verfassungsebene für nicht gerechtfertigt. Zum einen bestehe angesichts der vielleicht 30 Nikab-Trägerinnen in der Schweiz kein Handlungsbedarf. Zum anderen trügen diese den Gesichtsschleier freiwillig: «Diese Frauen sind nicht unterdrückt, folglich muss man sie nicht befreien.»
Auch für SP-Nationalrätin Yvonne Feri ist die Verfassung der falsche Ort für Kleidervorschriften. Ein Verhüllungsverbot helfe nicht gegen Frauenunterdrückung, der Gegenvorschlag aber schon. Dieser verlangt, dass Personen den Behörden ihr Gesicht zeigen müssen, wenn es für die Identifizierung notwendig ist.
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