Die Woche in BundesbernAlle wollen zurücktreten
Ein leiser Rücktritt, ein frappierender Rücktritt, ein verknorzter Rücktritt – und eine Hochzeit. Das war die Woche in Bundesbern (geschrieben für alle, die noch nicht zurückgetreten sind).
Wir beginnen den Rücktrittsreigen naturgemäss ganz oben. Am Samstag trötete die SVP «Abtreten, Frau Amherd!», am Mittwoch tat die derart Angeschossene dann genau das, und dann war es auch wieder nicht recht. Die SVP-nahen Blätter «Nebelspalter» und «Weltwoche» feierten den Rücktritt nicht etwa als pflichtbewusste Erfüllung der SVP-Vorgabe, sondern als dessen Gegenteil. Als «Fahnenflüchtige» wurde sie im «Nebelspalter» bezeichnet: «Sie geht, ohne zu kämpfen.» Und die «Weltwoche» titelte: «Die Mitte-Bundesrätin brockte der Schweiz den EU-Anbindungsvertrag ein. Den Scherbenhaufen überlässt sie den anderen.»
Ja, wie jetzt? Was jetzt? Hätte sie doch lieber bleiben sollen? Typischer Fall von unklarer Befehlsausgabe. Dabei hat man immer gemeint, die Rechten könnten das besonders gut.
Klarer war die Ansage von Gerhard Pfister, dem bald ehemaligen Chef der Mitte-Partei. Der legte noch vor der Verteidigungsministerin in aller Tiefe und Breite dar, warum er ab Juni nicht mehr Präsident seiner Partei sein möchte (unter anderem auch, um mehr Raum für eine höhere Aufgabe zu haben, aber das sagte er natürlich nicht). Es war ein Abgang, wie es sich ein Politiker wie Gerhard Pfister wünscht. Gross und viel beachtet und alles in allem sehr positiv konnotiert. Die Erzählung, in aller Kürze, lautete: Da hat ein schlauer Politiker eine serbelnde Partei übernommen, ihr einen neuen Namen gegeben und sie gerettet.
Wie klein war im Vergleich die dritte Rücktrittsankündigung von dieser Woche! Ein Rücktritt durch die Hintertür quasi, via Präsidentenbank im Ständeratssaal. Denn genau dort wird noch FDP-Präsident Thierry Burkart bald Platz nehmen und sich dann Jahr für Jahr nach oben schaffen, bis er voraussichtlich 2028 den kleinen Rat präsidieren wird. Das verträgt sich nicht mit dem Posten als FDP-Chef (und auch nicht mit späteren Ambitionen, siehe oben) und darum kündigte Burkart in der «SonntagsZeitung» an, «spätestens nach den Wahlen 2027» abzutreten.
Er tat das in einem Nebensatz (fast noch beiläufiger als Viola Amherd) und irgendwie auch ohne Not. Beachtet wurde das weniger als bei Pfister, und wenn, dann war es nicht unbedingt positiv konnotiert. Die Erzählung, in aller Kürze, lautete in seinem Fall: Da hat ein äusserst ambitionierter Politiker einen bequemen Ausweg gefunden und lässt seine Partei allein in die Wahlen schlittern (vielleicht, vielleicht nicht – so klar war Burkarts Aussage nicht).
Und damit: zu Mike Egger! Der SVP-Nationalrat tritt ebenfalls zurück, und zwar aus seinem Leben als unverheirateter Junggeselle. Wie die «Aargauer Zeitung» und der «Blick» übereinstimmend berichteten, hat Egger seiner Freundin Lisa Vincenz, der Co-Präsidentin der St. Galler FDP-Frauen und Tochter von FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher, einen Antrag gemacht. Fotobeweis war der Verlobungsring («da glitzert ein Ring an ihrem Finger», stand im «Blick»), zu sehen auf einem Selfie der beiden vom Ski-Weltcup in Adelboden. Der Grossvater von Vincenz hatte seine Enkelin übrigens enterben wollen wegen der Beziehung zum SVP-Mann. Der Rücktritt vom Erbe konnte noch einmal abgewendet werden.
Darum ist und bleibt Egger nun Teil eines «Polit-Traumpaares», wie es der «Blick» nennt. Bekannt wurde Egger übrigens als Teil der parteiübergreifenden Politiker-WG in Bern. Er hat Simonetta Sommaruga zum Raclette eingeladen und liess sich von «20 Minuten» beim Playstation-Spielen fotografieren.
Was Egger sonst noch so macht in Bern, das ist leider weniger gut dokumentiert.
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