Angriff auf KrankenhausNetanyahu will Gaza befreien – von den Palästinensern
Der Regierungschef von Israel verbirgt gar nicht mehr, worum es ihm geht – um das Leben der Menschen in Gaza jedenfalls nicht.

Am Sonntag früh trafen die israelischen Raketen das Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza-Stadt, das letzte funktionierende der Stadt. Die Operationssäle sollen zerstört worden sein, ausserdem die Sauerstoffproduktion für die Intensivstationen, ein kleiner Junge starb bei der Evakuierung. Die israelische Armee teilte mit, der Angriff habe einer Kommandozentrale der Hamas gegolten. Nachprüfen kann man das nicht. Letztlich ist für die Regierung von Benjamin Netanyahu der ganze Gazastreifen eine Hamas-Zentrale, die dem Erdboden gleichgemacht werden muss.
Sechs Wochen lang gab es eine Waffenruhe, die nur der Anfang sein sollte für eine zumindest mittelfristige Lösung. Netanyahu liess sie brechen, um seine rechtsradikalen Koalitionspartner zufriedenzustellen. Er liess sie brechen, weil Donald Trump ihm freie Bahn gibt in Gaza. Ein ohnehin schon brutaler Krieg ist noch brutaler geworden. Die israelische Armee tötete 15 Sanitäter, einen nach dem anderen, aus kurzer Distanz. Hamas–Terroristen sollen sie alle gewesen sein, bis Videos ein anderes Bild zeigten. Nach Untersuchungen der Vereinten Nationen gab es seit dem Bruch der Waffenruhe 224 israelische Angriffe «auf Wohnhäuser und Zelte von Binnenvertriebenen». Bei 36 Angriffen seien die Opfer ausschliesslich Frauen und Kinder gewesen.
Von der Aussenwelt isoliert
Seit sechs Wochen darf keine humanitäre Hilfe mehr in den Gazastreifen, keine Medikamente, keine Prothesen für Kinder. Nach einer Analyse der UNO sind durch den Krieg 90 Prozent des Viehs verendet und 70 Prozent der Anbauflächen zerstört. Die grösste Entsalzungsanlage hat keinen Strom mehr zur Wasseraufbereitung.
Etwa 2,1 Millionen Palästinenser leben heute auf etwa einem Drittel des Gazastreifens. Die israelische Armee hat dort nun zur Räumung der Stadt Rafah aufgerufen, der Küstenstreifen wird in Sicherheitszonen aufgeteilt, in denen auf alles geschossen wird, was sich bewegt.
Wohin das alles führen soll? «Israel will den Gazastreifen zerstören», schreibt der «Economist». Ziel sei es, die zwei Millionen Einwohner aus Städten und Dörfern zu vertreiben, in kleine Enklaven an der Küste. «Kurzfristig sollen so ‹Tötungszonen› geschaffen werden, in denen theoretisch nur Hamas-Kämpfer verbleiben. Längerfristig hofft Israel, dass die Bewohner des Gazastreifens ‹freiwillig› auswandern werden.» Benjamin Netanyahu selbst sagte dazu: «Wir werden die Umsetzung des Trump-Plans für freiwillige Migration ermöglichen. Das ist der Plan.»
Wann wird es enden?
Man kann das je nach Sichtweise als Drama bezeichnen, als ethnische Säuberung oder noch Schlimmeres. Es sind nur Worte, die für Aktivisten und ihre Gegner in Europa eine Rolle spielen. Für die Menschen in Gaza zählt die Realität. «Gaza ist ein Schlachtfeld, und die Zivilbevölkerung befindet sich in einer Endlosschleife des Todes», sagte UNO-Generalsekretär António Guterres.
Wann wird diese Schleife enden? Alle Appelle sind schon dutzendfach gemacht worden. Unendliche Male ist geschrieben worden, dass Israel ein Recht auf Sicherheit hat, auf eine Zukunft ohne die Hamas, aber so das Gegenteil erreichen wird. Wie oft wurde gesagt, dass auch im Krieg Regeln gelten, dass auch die Zivilbevölkerung geschützt werden muss?
Was kann man noch sagen?
Fehler gefunden?Jetzt melden.