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Verbot an Schulen
Richter geben Frankreichs Regierung recht: Das Abaya-Gewand ist eine Gefahr

A young woman wears an Abaya (C) as she stands on a street in Nantes, western France on August 31, 2023. The French government's decision to ban schoolgirls wearing abayas -- long, flowing dresses of Middle Eastern origin -- has opened a fresh debate about the country's secular laws and the treatment of Muslim minorities. (Photo by LOIC VENANCE / AFP)
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Der Bann gegen die Abaya bleibt. Frankreichs oberstes Verwaltungsgericht, der Conseil d’Etat, hält eine kontrovers diskutierte Kleiderregelung in französischen Klassenzimmern für angemessen und weist eine Berufung dagegen ab. Junge Musliminnen dürfen nun also in Zukunft keine Abaya tragen, wenn sie zur Schule gehen – so nennt man das lange Gewand, das ursprünglich aus der arabischen Welt kommt und ausser Gesicht und Händen alles abdeckt. Die Abaya geriet im vergangenen Jahr plötzlich stärker in Mode. Frauen tragen es über ihren Kleidern, als Umhang. Das Pendant für Männer heisst Qamis.

Die Richter finden, das Verbot dieser Kleidung, über deren kulturelle Bedeutung gestritten wird, schränke die Grundrechte nicht in «illegaler und schwerwiegender Weise» ein. Oder anders: Ein bisschen tut es das offenbar schon.

Laizität – mit heiligem Furor

Die Kontroverse begann vor zehn Tagen, kurz vor dem Schulanfang nach den Sommerferien. Gabriel Attal, Frankreichs neuer Erziehungsminister, verkündete für alle überraschend am Fernsehen, er habe die Abaya auf den Index jener Kleidungsstücke gesetzt, die das Prinzip der laizistischen, republikanischen Schule verletzten. Wenn man eine Schülerin in einer Abaya sehe, sagte er, sei sofort klar, welcher Religion sie angehöre. Das verbiete das Gesetz von 2004, in dem unter anderem die Kippa, das Kopftuch und übergrosse Kreuze aufgeführt sind. Dieses Gesetz wiederum gründet auf der Trennung von Kirche und Staat aus dem Jahr 1905, die in Frankreich mit schier heiligem Furor verteidigt wird. Attal erklärte die Abaya per Rundschreiben zum religiösen Gewand, während muslimische Geistliche diese Bedeutung bestreiten.

Die Interessenvereinigung «Action Droits des Musulmans», die den Conseil d’Etat mit ihrer Berufung zu einem Eilverfahren gedrängt hatte, hält das Verbot als weiteres Beispiel dafür, wie gewisse politische Entscheidungen in Frankreich von Islamfeindlichkeit getrieben würden. Es sei auch unfair, dass der Minister sein Dekret nur ein paar Tage vor der Rentrée erlassen habe. Einmal mehr drohe damit ein «ethnisches Profiling». Sexistisch sei das Verbot auch, sagten die Anwälte von «Action Droits des Musulmans» vor den Richtern, weil vor allem junge Frauen davon betroffen seien.

Am ersten Schultag präsentierten sich in Frankreich 298 Schüler in einer Abaya oder einem Qamis – von zwölf Millionen. 67 von ihnen mochten sich dem Verbot auch nicht beugen, als man ihnen bedeutete, dass sie sonst nicht ins Klassenzimmer vorgelassen würden. Das Phänomen betrifft also eine Minderheit. Von den insgesamt 60'000 Schulen im Land haben nur 150 Erfahrungen damit gemacht.

Drei Viertel der Franzosen begrüssen das Verbot

Doch die Regierung argumentiert mit den schnell wachsenden Zahlen: Die Laizität gerate damit unter Druck. Eine Einschätzung, die der Conseil d’Etat teilt. Auch im Volk scheint die Meinung gemacht zu sein: In Umfragen begrüssen rund drei Viertel der Franzosen das Verbot der Abaya.

Linke Kritiker klagen, mit dieser Debatte verschleiere die Regierung die grösseren Probleme des nationalen Bildungssystems: Lehrermangel etwa, baufällige Schulen, die schleichende Entwertung der Matura. Doch Macron erhofft sich vom Fokus auf die Schule neue Popularität. Er will das Bildungsressort neuerdings auch als «domaine réservé» verstanden wissen, wie er nun ständig sagt – als Angelegenheit des Präsidenten, wie es etwa die Aussen- und die Verteidigungspolitik sind. Fürs Erste nehmen die Franzosen aber vor allem seinen erst 34-jährigen Erziehungsminister Gabriel Attal wahr, der sich gerade eine prominente Rolle für die Zukunft zu schnitzen scheint – mit etwas Starthilfe des Conseil d’Etat.