Kampagne gegen FrankreichFünf Holzsärge beim Eiffelturm – Moskau nimmt Paris ins Visier
Frankreich klagt über russische Fake News und spektakuläre Operationen in der Hauptstadt. Kurz vor den Olympischen Spielen warnt auch Microsoft.
Fünf Särge, eingehüllt in die französische Trikolore. Als die Pariser Polizei am vergangenen Wochenende am Quai Branly beim Eiffelturm die Holzkisten in Originalgrösse entdeckte, konnte das eigentlich nur ein makabrer Scherz sein – oder, viel eher noch, eine russische Destabilisierungsoperation. Es wäre ja nicht die erste.
Seit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron von westlichen Bodentruppen für die Ukraine spricht, haben die politischen Manipulations- und Desinformationsversuche aus Russland stark zugenommen, hauptsächlich mit Deep Fakes im Netz. Aber auch mit Aktionen wie dieser. Auf den Särgen, die mit Gips gefüllt waren, stand: «Französische Soldaten der Ukraine».
Drei Männer wurden festgenommen: der bulgarische Fahrer des Lieferwagens, mit dem die Särge transportiert wurden, und zwei weitere Männer, von denen es bald hiess, einer sei in Deutschland geboren und der andere in der Ukraine. Bei der Anhörung sagte der Fahrer, er sei am selben Tag aus Bulgarien eingetroffen und habe 40 Euro erhalten, damit er die Männer und die Särge zum Eiffelturm bringen würde. Angeklagt wurden sie nicht, sie müssen der Justiz aber weiterhin als Zeugen zur Verfügung stehen.
Dieselbe Handschrift, dieselbe Methode
Die Ermittler gehen davon aus, dass die Männer in Verbindung stehen mit dem Organisator einer ähnlichen Aktion Mitte Mai: Da tauchten an der «Mauer der Gerechten» vor der Pariser Gedenkstätte für den Holocaust rote Hände auf, die über Nacht an die Wand geschmiert worden waren. Ziel war es wohl, die Spannungen weiter aufzuladen, die es nicht nur in Frankreich seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 und dem militärischen Gegenschlag Israels in Gaza gibt. In Frankreich lebt sowohl die grösste jüdische als auch die grösste muslimische Gemeinde Europas.
Im vergangen Herbst hatte ein moldauisches Paar, das nach eigenem Bekunden aus Russland beauftragt und bezahlt worden war, mithilfe von Schablonen Dutzende blaue Davidsterne an Pariser Hausmauern gesprayt, diese fotografiert und gefilmt. Das Material ging damals schnell viral, verbreitet von russischen Konten auf Telegram, Twitter und Tiktok. Die Botschaft: Frankreich steht vor dem Chaos, der Krieg in Nahost erreicht Frankreich.
«Hi, it’s Tom Cruise» – TV-Serie produziert
Wie stark es diese mutmasslich vom Kreml und den russischen Geheimdiensten gesteuerte Propagandamaschine auf Frankreich und die Pariser Sommerspiele abgesehen hat, zeigt auch ein Bericht von Microsoft. Das Threat Analysis Center des Sofwarekonzerns schreibt, es habe schon vor anderen Olympischen Spielen russische Desinformationskampagnen gegeben; es warnt aber gleichzeitig, dass die Macher so professionell wie nie arbeiteten und auch künstliche Intelligenz einsetzten.
So haben sie eine falsche Netflix-Serie in vier Folgen von je zehn Minuten produziert, mit dem Logo der Plattform, in der vermeintlich Tom Cruise auftritt und vom «Fall der Olympischen Spiele» erzählt, vom angeblich korrupten Olympischen Komitee. «Hi everyone, it’s me, Tom Cruise, the actor.» Die Stimme ist von KI. Die Serie wurde allein auf Telegram schon mehr als eine Million Mal gesehen. Youtube nahm sie bald vom Netz.
Die Fälscher stellen auch kürzere Videos her, zum Beispiel einen vermeintlichen Bericht von France 24, einem französischen Fernsehsender, in dem es heisst, ein Viertel aller bereits gekauften Eintrittskarten für die Spiele von Paris seien wieder zurückgegeben worden, weil sich die Leute vor Attentaten fürchteten. Die Nachricht ist falsch, das Logo von France 24 gefakt. Die Sorge vor Attentaten aber, die ist real.
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