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Forderung nach Unfall
SBB sollen Gotthardtunnel schneller räumen – und Preise senken

Einige der im Basistunnel verunglückten Güterwagen.
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Den gesamten Rest des Jahres könnte der Gotthard-Basistunnel für den Personenverkehr gesperrt bleiben: Mit dieser schlechten Nachricht traten die Verantwortlichen der SBB am Mittwoch an die Öffentlichkeit. Der Unfall von letzter Woche hat deutlich schwerere Schäden verursacht als zunächst befürchtet. Unter anderem wurden rund 20’000 Betonschwellen zerstört, als der Unglückszug mit 100 Stundenkilometern verunfallte und 16 Güterwagen entgleisten. Zwar soll die östliche Tunnelröhre in wenigen Tagen wieder befahrbar sein – dies jedoch nur für Gütertransporte. 

Der Zeitplan der SBB sorgt in den hauptbetroffenen Kantonen Tessin und Uri jetzt für Kritik. «Ich bin sehr enttäuscht, dass die SBB derart viel Zeit veranschlagen, um einen Tunnel zu reparieren. Wir sind doch hier in der Schweiz und nicht in einem Drittweltland», sagt Fabio Regazzi, Tessiner Mitte-Nationalrat und Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands. Er erinnert an einen schweren Unfall im Gotthard-Autotunnel vor 22 Jahren. Damals sei der Tunnel nach zwei Monaten wieder befahrbar gewesen. «Jetzt sehen die SBB eine mehr als doppelt so lange Sperrung vor. Für mich ist das unerklärlich.» Aus Sicht von Regazzi gilt es jetzt, «alles daran zu setzen, dass die Reparaturen beschleunigt werden». 

SBB sollen sich «intelligent organisieren»

Regazzis Forderung findet auch nördlich der Alpen Unterstützung. «Die Arbeiten müssen schneller gehen», sagt Simon Stadler, der einzige Vertreter Uris im Nationalrat. Uri könne nicht über ein halbes Jahr hinweg die negativen Folgen der Sperrung tragen – zumal die Dörfer im Tal heute schon unter Ausweichverkehr von der Autobahn litten. Die SBB sollten sich «intelligent organisieren, um eine schnellere Wiedereröffnung des Basistunnels für den Personenverkehr zu ermöglichen», sagt Stadler. Der Mitte-Nationalrat erwägt, seiner Forderung in der Herbstsession mit einem Vorstoss Nachdruck zu verleihen.

Die SBB ihrerseits halten auf Anfrage fest, man setze «alles daran, dass der Gotthard-Basistunnel möglichst schnell wieder vollständig für den Zugverkehr geöffnet werden kann». Man arbeite im Mehrschichtbetrieb, um «die West-Röhre zu räumen und diese wieder instand zu setzen», teilt die Medienstelle mit. Gemeinsam mit dem zuständigen Bundesamt suche man nach «sicheren Lösungen», damit «baldmöglichst» Reisende durch den Basistunnel verkehren könnten. Eine zeitliche Prognose sei allerdings nicht möglich.

Tatsächlich kündigte die SBB-Führung bereits am Mittwoch an, beim Bund eine vorübergehende Lockerung der Sicherheitsvorschriften zu beantragen. Zurzeit gilt, dass die zweite Tunnelröhre für Evakuierungen im Notfall zur Verfügung stehen muss. Würde diese Vorgabe vorübergehend ausgesetzt, wäre die Oströhre auch während der Reparaturen im Nachbartunnel für den Personenverkehr nutzbar. Die lange Arbeitsdauer erklärt sich unter anderem damit, dass viele der beschädigten Strukturen im Tunnel Massanfertigungen waren.

«Flugzug» nach Norden?

Insbesondere im Tessin gibt man sich damit aber nicht zufrieden. «Schneller arbeiten», fordert auch der Verkehrspolitiker Marco Romano. Er schlägt ausserdem eine Flugverbindung (einen «Flugzug») für tägliche Pendler in die Deutschschweiz vor: Die Swiss könne sich mit den SBB koordinieren. Um Verspätungen aus Italien vorzubeugen, sollten überdies möglichst alle Züge nach Norden aus der Schweiz starten.

Und nicht zuletzt: tiefere Preise. Diese Forderung teilt auch der Verein Pro Bahn. Die SBB sollten sich gegenüber Pendlern aus dem Tessin in Richtung Norden kulant zeigen, erklärte ein Sprecher des Vereins gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Aus der Politik erhält die Idee lagerübergreifend Unterstützung, etwa von den Nationalräten Bruno Storni (SP) und Lorenzo Quadri (Lega dei Ticinesi). Die Kunden würden für eine Leistung bezahlen, die in dieser Form nicht mehr erbracht werde, so Quadri.

Die wirtschaftlichen Folgen für den Südkanton werden ohnehin noch viel zu reden geben. «Wir sind dermassen abhängig von diesem Tunnel», sagt Gewerbepräsident Regazzi. Für ihn wäre eine Schadenersatzzahlung angezeigt – entweder durch die SBB oder durch den Bund als Eigentümer.

Immerhin: Für die Urner Ständerätin Heidi Z’graggen ist jetzt der Beweis erbracht, dass es die Gotthard-Bergstrecke auch in Zukunft brauche. «Mit den Gedankenspielen der SBB, die Bergstrecke zu schliessen, muss jetzt ein für alle Mal Schluss sein», so Z’graggen. Nationalrat Stadler sieht insofern sogar etwas Positives an der Situation: «Wenigstens bekommen jetzt viele Reisende mal wieder das Kirchlein von Wassen zu Gesicht.»