Am Flughafen Zürich entdecktKoffer voller Drogengeld gehört nun dem Staat
Ein Ukrainer wird am Flughafen mit einem Koffer voller Banknoten erwischt, die mit Drogen verunreinigt sind. Das Gericht Bülach spricht ihn frei, zieht das Geld aber ein.
Bei der Einfuhr von Bargeld zeigt sich die Schweiz grosszügig. Im Gegensatz zu Ländern der Europäischen Union darf es in unbeschränkter Menge ein- und ausgeführt werden. Wer bei einer Kontrolle mehr als 10’000 Franken mitführt, muss sich jedoch Fragen zur Person, zur Herkunft und zum Verwendungszweck des Geldes gefallen lassen.
So ging es auch einem Ukrainer, der im Juni 2017 von Düsseldorf nach Zürich reiste und dort den Zoll durch den grünen Ausgang «Nichts zu verzollen» passieren wollte. Der damals 25-Jährige musste seinen Koffer dennoch öffnen. Darin lagen unter ein paar Kleidungsstücken 84 Geldbündel im Wert von insgesamt 145’000 Pfund, was damals rund 185’000 Franken entsprach. Das Geld wurde beschlagnahmt. Bei der Untersuchung zeigte sich: In 82 der vakuumierten Geldbündel fanden sich verbotene Substanzen, insbesondere Kokain, aber auch THC, Ketamin und Spuren von Sprengstoff.
Die Frage nach der Herkunft
Für die ermittelnde Staatsanwältin war klar, dass das Geld aus dem Drogenhandel stammte. Ihr Urteilsvorschlag im Strafbefehl: eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 Franken, insgesamt 2700 Franken, bei einer Probezeit von zwei Jahren und eine Busse von 700 Franken. Doch dies akzeptierte der heute in Israel lebende Ukrainer nicht und reiste zur Gerichtsverhandlung in Bülach an.
Denn eigentlich ging es um viel mehr. Wohl weniger für den Beschuldigten als für seinen Auftraggeber. Sollte das Gericht zum Schluss kommen, das Geld stamme aus einer Straftat, würde es dieses einziehen können. Dann würde es zwischen Bund und Kanton aufgeteilt.
Beschuldigter gibt sich ahnungslos
Der Einzelrichterin erklärte der Mann, er sei im Auftrag eines Landsmannes und Kumpels in die Schweiz gereist. Der in England lebende Geschäftsmann hatte ihn erst nach Düsseldorf kommen lassen, ihm dort den Koffer übergeben – mit dem Auftrag, in der Schweiz teure Uhren zu kaufen. Wo und welche, sollte er erst dort erfahren.
Er habe in keinem Moment Verdacht geschöpft, dass da etwas illegal sein könnte, beteuerte der Beschuldigte. «Ich verstehe den Vorwurf nicht, ich habe lange in der Ukraine gelebt, dort wird alles in bar bezahlt.» Er habe zwar gewusst, dass es Geld im Koffer hat, aber nicht genau wie viel. Für den Freundschaftsdienst habe man ihm «etwa 200 Euro» versprochen. Er habe solche Aufträge für seinen Kumpel auch schon früher ausgeführt.
In Vakuumbeutel eingeschweisst
Das nahm ihm die Staatsanwältin nicht ab. Es gebe zahlreiche Indizien, dass der Mann gewusst habe, was er da ohne Quittung und Belege transportierte. Sein Auftraggeber hätte die Uhren ebenso gut in Deutschland kaufen oder selber in die Schweiz reisen können. Sie war überzeugt, dass das Geld aus dem Drogenhandel stammte. Darauf liessen nicht nur die Art des Transports, sondern auch die kleine Stückelung und die starke Verunreinigung mit Drogen schliessen. Die vielen Noten habe man in Vakuumbeutel verpackt, damit es Drogenspürhunde nicht entdecken. «Es kann nicht sein, dass zum Zweck der Geldwäscherei kofferweise Geld in die Schweiz transportiert wird», hielt sie fest.
Für den Anwalt des Beschuldigten waren weder die Stückelung der Noten noch die Verunreinigung mit Kokain ein Beweis, dass das Geld aus dem Drogenhandel stammte. In England seien so viele kleine Noten nicht aussergewöhnlich. Sein Mandant sei ein unbeschriebenes Blatt und der Uhrenkauf für seinen Bekannten in der Schweiz habe durchaus Sinn ergeben. «Der Hype um Luxusuhren war damals auf dem Höhepunkt.»
Richterin glaubt dem Beschuldigten
Die Richterin sprach den Ukrainer vom Vorwurf der versuchten Geldwäscherei frei. Er habe nicht in den Koffer geschaut und deshalb weder die Stückelung noch die Verunreinigung mit Drogen feststellen könnten. «Sie kannten den Auftraggeber. Sie gingen davon aus, dass er im Gold- und Uhrenhandel tätig ist», sagte sie bei der Urteilseröffnung.
Die Richterin sah es jedoch als erwiesen an, dass das Geld verbrecherischer Herkunft ist und dem Staat gehört: «Es ist durchs Band mit Kokain kontaminiert, 88 Prozent davon sind 10-Pfund-Noten.» Auch die Art des Transports – aus Gefälligkeit und ohne Beleg – spreche dafür.
Der Freigesprochene bedankte sich mit den Worten: «Danke, dass Sie sich in mich hineinversetzen konnten und mir geglaubt haben, dass ich nicht wissen konnte, dass das Geld mit Drogen kontaminiert war.» Gegen das Urteil kann Beschwerde beim Obergericht erhoben werden.
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