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Fleischskandal in Deutschland
Firma Tönnies soll für Schäden durch Coronavirus-Ausbruch haften

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Am Rande des Corona-Einsatzes kam es zu Protesten durch Tierschützer gegen die Fleischfabrik.
Die Corona-Reihenuntersuchungen auf dem Gelände der Fleischfabrik im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück wurden am Samstag fortgesetzt.
In einem provisorischen Testzentrum wird jetzt die Belegschaft des Fleischkonzerns Tönnies getestet, aber auch Mitarbeiter des Landkreises. Bis zu 500 Menschen sollen täglich getestet werden.
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Der deutsche Fleischkonzern Tönnies wird nach Ansicht des deutschen Arbeitsministers Hubertus Heil für durch den Coronavirus-Ausbruch im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück entstandene Schäden haften müssen. «Es muss eine zivilrechtliche Haftung des Unternehmens geben.»

Dies sagte Heil am Sonntag in der «Bild»-Internetsendung «Die richtigen Fragen». Wer durch Regelverstösse die Verbreitung des Coronavirus auslöse, müsse dafür auch haften.

Heil geht zudem nicht davon aus, dass der Tönnies-Konzern mit Mitteln aus den staatlichen Rettungsschirmen unterstützt werden müsse. Das Unternehmen habe in den vergangenen Jahren «wahnsinnig viel Geld verdient». Der Chef des Fleischkonzerns, Clemens Tönnies, hatte sich am Samstag öffentlich für den Ausbruch des Erregers unter Mitarbeitern seines Betriebs entschuldigt. Der Konzern stehe in «voller Verantwortung», hatte er gesagt.

Nach Angaben des Kreises Gütersloh, in dem Rheda-Wiedenbrück liegt, wurden die Reihentests auf dem Tönnies-Gelände am Samstag abgeschlossen. Demnach lagen zunächst 5899 Befunde vor. Davon waren 1331 positiv, also mehr als ein Fünftel. Die komplette Tönnies-Belegschaft steht derzeit unter Quarantäne.

Höhere Fleischpreise gefordert

Die Serie von Coronavirus-Ausbrüchen in der deutschen Fleischbranche hat eine Debatte über die dortigen Arbeitsbedingungen sowie die Niedrigpreise für Fleischprodukte entfacht (siehe auch unser Kommentar). SPD-Chef Norbert Walter-Borjans forderte höhere Fleischpreise und eine Debatte über Verteilungsgerechtigkeit im Land. Fleisch sei kein Produkt, das mit hohem Einsatz an Energie und anderen Rohstoffen entstehe. Wert und Preis stünden oft in einem krassen Missverhältnis, erklärte Walter-Borjans dem Redaktionsnetzwerk «Deutschland». Der Fall Tönnies zeige, wie wenig Beachtung der Frage geschenkt werde, wie Nahrung – immerhin die wichtigste Lebensgrundlage – produziert werde.

Alles sei «dem Gewinnstreben und der Effizienz untergeordnet», kritisierte der SPD-Chef. Dabei habe Politik die Aufgabe, gute Arbeitsbedingungen und artgerechte Tierhaltung zu gewährleisten. Dies verteuere Produkte natürlich. Deshalb gehöre zur Lösung dazu, dass Klein- und Mittelverdienende mehr Geld in der Tasche haben, durch faire Löhne und ein gerechtes Steuersystem, betonte Walter-Borjans.

Besorgte Regierung

Auch die Bundesregierung ist wegen der Corona-Fälle bei Tönnies besorgt. Es handele sich um einen massiven Ausbruch, der ernst genommen und genau beobachtet werde, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. «Es ist jetzt alles zu tun, um diesen Ausbruch einzudämmen.»

Laut den Regierungsplänen dürfen ab Januar nur noch Mitarbeiter des eigenen Betriebes Tiere schlachten und das Fleisch verarbeiten. Kritiker machen die in der Fleischindustrie verbreiteten Sammelunterkünfte für osteuropäische Arbeiter und schlechte Hygienestandards für die rasante Ausbreitung des Virus in der Branche verantwortlich.

Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums sagte, die Regierung habe Eckpunkte dazu bereits beschlossen. Der entsprechende Gesetzentwurf solle nun so schnell wie möglich ins Parlament eingebracht werden, idealerweise noch vor August. Das Gesetz solle dann zügig in Kraft treten, auf jeden Fall noch dieses Jahr.

Laut Seibert sind aber auch jetzt schon mehr Kontrollen in der Branche möglich. Ein Sprecher des zuständigen Finanzministeriums sagte, der Zoll habe zuletzt Prüfungen in Zusammenarbeit mit den Arbeitsschutzbehörden der Bundesländer intensiviert. Die Ergebnisse würden nun ausgewertet.