Kommentar zu Smartphones an KonzertenHört mal auf zu filmen!
Im Konzertpublikum nehmen einige ganze Songs mit ihren Handys auf – und ruinieren damit das Live-Erlebnis. Eine Zumutung.
Brian Molko hat genug. Der Sänger der britischen Indie-Rockband Placebo will nicht mehr vor Fans mit gezückten Smartphones auftreten. Vor Konzertbeginn bittet er die Zuschauerinnen und Zuschauer, das Filmen der Show zu unterlassen.
Die Aufforderung richtet er «mit Respekt und Liebe» an die Fans, wie seine Stimme ab Band sagt, auch beim Auftritt der Gruppe kürzlich am «Stars in Town»-Festival in Schaffhausen. Molko kennt aber auch die harte Tour: Mehrfach verliess seine Band in der Vergangenheit die Bühne, weil Fans das Filmverbot ignorierten.
Der Wunsch nach einem handylosen Konzert kommt nicht von ungefähr. Wer diesen Sommer ein Musikfestival besucht, ist von Menschen umzingelt, die während der Konzerte ihre Smartphones in die Luft strecken. Nicht nur, um schnell ein, zwei Fotos zu schiessen, was ja akzeptabel wäre. Sondern um ganze Songs abzufilmen.
Die Konzentration gilt dabei der optimalen Videoeinstellung, nicht der Show auf der Bühne. Emotionen werden abgetötet. Eine Verbindung zwischen Band und Publikum kommt nicht zustande. Wer zudem das Pech hat, hinter einem der zahlreichen Konzertfilmer zu stehen, sieht von der Bühne nicht mehr viel.
Jack White will gar keine Smartphones an seinen Shows
Placebo ist nicht die einzige Band, die die Konzertfilmerei zu unterbinden versucht. Einige Musiker, darunter der begnadete Gitarrist Jack White, gehen noch einen Schritt weiter: White hat in den vergangenen Jahren «phonefree shows» gespielt. Zu diesen Konzerten erhielt nur noch Zutritt, wer sein Smartphone in eine Hülle steckte, die mit einem Magnet-Pin verschlossen wurde.
Man hat das Smartphone zwar dabei, kann es aber nicht benutzen. Handyfreie Konzertgänger berichten, wie sie die Shows anders erlebt hätten. Wie sie im Moment dabei gewesen waren.
Noch sind Musiker wie Brian Molko oder Jack White die Ausnahme. Wohl auch aus Angst, die zahlende Kundschaft zu verärgern. Sicherlich gibt es auch Gruppen, die nichts dagegen haben, sich filmen zu lassen. Und gerade bei Festivals mit unzähligen Bands pro Tag ist ein Aufnahmeverbot kaum praktikabel.
Braucht es Smartphone-Videos vom Zurich Openair?
Aber vielleicht ist gerade ein Anlass wie das aktuell stattfindende Zurich Openair ein guter Moment, um den eigenen Smartphone-Gebrauch zu reflektieren. Ein Tagespass kostet fast 140 Franken. All das Geld für ein paar verwackelte Handyaufnahmen, die sich nachträglich kaum jemand anschaut?
Trotz Filmverbot gibt es übrigens auf Instagram und Youtube diverse Fanmitschnitte der aktuellen Placebo-Tour. Die Magie der bittersüssen Songs können die Schnipsel nicht einfangen. Das versteht aber nur, wer die Band als Konzertbesucher – und nicht als Hobbyfilmer – erlebt hat.
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