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Gebeutelter Charles Leclerc
Ferrari vermasselt seinem Star gerade alles

Einmal mehr bleibt ihm nur die Enttäuschung: Charles Leclerc nach dem Aus in Baku. 
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Es ist, als würden seine Augen Halt suchen. Irgendwo in der Ferne, links, rechts, oben, unten. Doch sie finden ihn nicht, rastlos tasten sie die Umgebung ab, es ist die visuelle Suche nach den passenden Worten.

Charles Leclerc hat ein Mikrofon vor sich und ist dabei, irgendwie zu erklären, was ihm in den engen Gassen von Aserbeidschans Hauptstadt Baku gerade widerfahren ist. Geführt hat er bei diesem Formel-1-Grand-Prix. Dann, in Runde 21 und bei Vollgas, stockt der Motor, strömen Rauchschwaden durch die Kühleröffnungen seines roten Rennwagens – es ist das abrupte Ende seiner vermeintlichen Siegesfahrt.

Der junge Monegasse rollt in die Box, ein kurzer Schrei in seinen Helm, Lenkrad ab, aussteigen, Lenkrad wieder auf. Es ist seiner guten Erziehung zu verdanken, dass er noch Richtung Tribünen winkt. Und später versucht, die Fassung zu wahren. «Der Ausfall tut weh», sagt Leclerc, «ich habe keine Worte dafür, aber wir müssen darüber hinwegkommen.» Sein Vertrauen in seinen Arbeitgeber, das sagt er auch noch, habe im Übrigen nicht gelitten – wenngleich zuvor schon Teamkollege Carlos Sainz wegen eines Defekts ausgefallen ist.

Nur nicht noch mehr Unruhe

Womöglich ist es der Versuch, nicht noch mehr Unruhe zu bringen in ein Team, in dem die Unruhe viele Jahre Programm war. Nun droht Ferrari wieder darin zu versinken, in dieser sportlichen Ohnmacht, dem Lamentieren und der verbalen Selbstzerfleischung, der es sich oft hingab – und die nicht selten in Chaos mündete.

Davon ist die Scuderia momentan noch ein Stück weit weg. Zu gut ist sie in diese Saison gestartet. Zu ausgeglichen ist ihr Starpilot. Die Reaktion nach dem Rennen in Aserbeidschan hat das einmal mehr gezeigt. Dabei wäre die Situation für Leclerc eigentlich gut für Wehklagen. Zu den letzten vier Rennen startete er von der Poleposition aus. Die kümmerliche Ausbeute: Rang 2, Rang 4, zwei Ausfälle. Auch in Barcelona war er in Führung, als der Antrieb streikte. Zuletzt kriegte es Ferrari auf verblüffende Weise hin, dem Monegassen in dessen Heimat das Rennen zu vermasseln. Mit einer haarsträubenden Taktik dirigierte es ihn vom ersten auf den vierten Platz.

Aus der einst klaren Führung im WM-Klassement ist ein Rückstand von 34 Punkten auf Max Verstappen im Red Bull geworden. Auch Sergio Pérez, vor allem Zudiener für den Weltmeister aus den Niederlanden, ist an Leclerc vorbeigezogen. Weit weg scheinen die Jubelorgien in Rot zu Beginn der Saison. Es dominieren bei den Italienern die Probleme – und es droht weiter Ungemach, weil ihnen allmählich die Teile ausgehen. So ist Leclerc in Baku bereits mit dem dritten Turbolader gefahren, noch ein Wechsel, und der 24-Jährige muss in der Startaufstellung um zehn Ränge nach hinten.

Als er bei Sauber jeden verzückte

Dabei schienen die Ferraristi in diesem Jahr doch alles mitzubringen, um in der motorsportverrückten Heimat erstmals seit ewig langen 15 Jahren und Kimi Räikkönen wieder einmal einen Weltmeister präsentieren zu können: ein gutes Auto mit starkem Motor; einen Fahrer, der Brillantes vollführen kann am Lenkrad. Das beweist er, wo auch immer dieser Charles Leclerc antritt.

Die GP3 hat er 2016 gewonnen, ein Jahr darauf die Formel 2, dann schon betrat er als Teenager die grösstmögliche Bühne – und verzückte bei Sauber jeden. Frédéric Vasseur, damals wie heute Teamchef der Schweizer und schon Leclercs Vorgesetzter, als dieser 2016 für ART Grand Prix den Titel in der GP3 gewann, sagte zu der Zeit: «Ich weiss, wie schnell er sein kann. Aber noch wichtiger sind die positive Einstellung und seine Ausstrahlung.» Leclerc: charismatischer Teamleader mit verträumten Augen, Wuschelfrisur und Grübchen in den Wangen – Typ Senna.

«Es ist wie bei Senna: Da könnte man an meiner Stelle auch einen Pandabär hinstellen.»

Josef Leberer, Physiotherapeut und langjähriger Freund Sennas

Nicht wenige in der Szene vergleichen ihn mit dem Piloten, der die Massen bis zu seinem Unfalltod 1994 in seinen Bann zog wie keiner vor und keiner nach ihm. Josef Leberer war der Physiotherapeut der brasilianischen Ausnahmeerscheinung, einer seiner engsten Freunde. Längst arbeitet er für das Team aus dem Zürcher Oberland. Auf Leclerc angesprochen, sagte der Österreicher einst zu dieser Zeitung: «Es ist wie bei Senna: Da könnte man an meiner Stelle auch einen Pandabär hinstellen.»

Leclerc bringt alles mit, was ein Champion braucht. Er liefert, wenn es Team und Auto zulassen. Selbst unter schier unmenschlichen Bedingungen. Als er 2017 nach Baku reisen will, damals noch für die Formel 2, stirbt sein Vater Hervé mit 54, völlig unerwartet. Tags darauf steigt er dennoch ins Flugzeug, die Gedanken zu Hause in Monaco, bei seinem Vater, bei seiner Familie.

Im Cockpit vergisst er alles um sich, ist im Qualifying der Schnellste, dann auch im Rennen. Er sagt: «Es war extrem schwierig, den Fokus zu finden. Aber sobald ich in einem Auto sitze, sind die einzigen ­Gedanken, die mich beschäftigen: Wie kann ich die perfekte Runde fahren? Wie kann ich mich wo verbessern?» Diese Frage muss sich derzeit vor allem Ferrari stellen.

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